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US-Wahlen 2024: Wieviel Einfluss hat die Wirtschaft?

13. August 2024

In den USA kostet der Wahlkampf Milliarden. Das Geld dafür kommt von Kleinspendern, aber auch von Milliardären und Wirtschaftslenkern, die auf Einfluss hoffen. Gewinnt am Ende, wer das meiste Geld einsammeln konnte?

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Hunderte US-Dollar-Scheine (2023)
Am 5. November 2024 wird entweder Donald Trump oder Kamala Harris ins Präsidentenamt gewählt. Bestimmen Wirtschaftskonzerne und Milliardäre mit Millionen Spenden wer Präsident wird? Bild: La Nacion/ZUMA/picture alliance

In keinem anderen Land der Welt fließt so viel Geld in den Wahlkampf für das Präsidentenamt wie in den USA. Als Joe Biden 2020 gewählt wurde, hatten er und der unterlegene Donald Trump zusammen rund 5,7 Milliarden Dollarfür den Wahlkampf ausgegeben.

Das ist ein Rekord und doppelt so viel wie bei der vorherigen Wahl, heißt es von der Organisation Open Secrets, die Wahlkampfspenden dokumentiert.

Auch bei dieser Wahl läuft die Maschinerie zum Geldeinsammeln wie geschmiert. Allein im Juli konnte sich Kamala Harris nach eigenen Angaben über Spenden in Höhe von 310 Millionen Dollar freuen. Im selben Zeitraum gab Donald Trump an, gut 138 Millionen Dollar an Spenden bekommen zu haben, wie Reuters berichtet.

Großspender haben oft Wünsche

Der Wahlkampf wird dabei nicht nur von unzähligen Kleinspendern finanziert - immer wieder bekommen die beiden Kontrahenten auch Millionensummen von Superreichen, die häufig hinter Wirtschaftsunternehmen stehen.

So stärken der Milliardär George Soros und sein Sohn Axel der demokratischen Kandidatin Kamala Harris den Rücken. Die Soros Familie ist als Großspender bekannt, die zweistellige Millionenbeträge im Wahlkampf ausgibt. 

Reid Hoffman, ein prominenter Risikokapitalgeber, Mitbegründer der Karriereplattform Linkedin und Microsoft-Aufsichtsratsmitglied, spendete sieben Millionen Dollar für die Demokraten. In einem Interview gegenüber CNNsagte er, die Chefin der US-Wettbewerbsaufsicht (FTC), Lina Khan, sei nicht gut für Amerika. Er fügte hinzu: "Ich hoffe, dass Vizepräsidentin Harris sie ersetzt".

Sheryl Sandberg unterstützt Kamala Harris
Auch Sheryl Sandberg, ehemalige Meta-Managerin, unterstützt Kamala Harris. Reed Hastings von Netflix soll für Harris Präsidentschaftskandidatur sieben Millionen Dollar gespendet haben. Bild: Dominic Lipinski/empics/picture alliance

Auch Donald Trump bekommt Hilfe von wichtigen Wirtschaftslenkern. So hat der Milliardär Timothy Mellon 50 Millionen Dollar im Mai ausgegeben, um Trump zu unterstützen wie das US-Magazin Time berichtet.

Auch der Tech-Investor David Sacks und Tesla-Chef Elon Musk stehen hinter Trump. Musk soll nach Medienberichten für Trump einen zweistelligem Millionenbetrag ausgegeben haben.

In einem Gespräch zwischen Elon Musk und Donald Trumpauf der Plattform X am 13. August 24 bekräftigte Musk seine Unterstützung für den Republikaner und bot sogar seine Mitarbeit in einer möglichen Trump-Regierung an.

"Ich denke, es wäre großartig, eine Kommission für die Effizienz der Regierung zu haben, die sich diese Dinge anschaut und sicherstellt, dass das Geld der Steuerzahler sinnvoll ausgegeben wird", sagte er. "Ich würde mich freuen, in einer solchen Kommission mitzuwirken."

Je höher die Spenden sind, desto größer ist der Verdacht, dass damit Einfluss auf die Politik genommen werden soll. Aber wie wichtig sind große Spenden überhaupt im Wahlkampf?

US-Wahlkampf: Warum er Milliarden kostet

Über Umwege können Millionen-Spenden fließen

Jahrzehntelang gab es Diskussionen über eine Begrenzung von Spendengeldern für den Wahlkampf. Im Jahr 2010 erließ der oberste Gerichtshof der USA dann ein Urteil, das bis heute gültig ist.

Das sei eine Zeitenwende gewesen, sagt Jörg Hebenstreit, der an der Universität Jena zur US-Innenpolitik und Wahlkampffinanzierung forscht. Der Gerichtshof habe festgelegt, dass jede Einschränkung von politischer Wahlkampffinanzierung letztendlich Zensur sei und damit illegal.

"Das heißt, dass man seit 2010 so viel Spenden aufbringen kann, wie man möchte, als Unternehmen, als Bank, als Gewerkschaft, als Interessengruppe oder als vermögende Einzelperson", so Hebenstreit im DW-Gespräch.

Für direkte Spenden an die Kandidaten gibt es allerdings Einschränkungen. Hier dürfen derzeit maximal 6.600 US-Dollar von einer Einzelperson gespendet werden. 

Daneben gibt es die Möglichkeit, seinem Wunschkandidaten über Political Action Committees, sogenannte PACs, Geld zukommen zu lassen. PACs sind Organisationen, um die Kandidatur einer bestimmten Person zu unterstützen. Sie werden meist von Unternehmen, Gewerkschaften oder Interessensgruppen gegründet, die dann bei ihren Mitgliedern oder Mitarbeitern Spenden einsammeln.

Auch hier gibt es aber Begrenzungen. An PACs können die einzelnen Mitglieder oder Mitarbeiter bis zu 5.000 Dollar pro Jahr spenden. Vom Betreiber des PAC, also dem Unternehmen, der Gewerkschaft oder der Interessengruppe selber, darf kein Geld fließen.

Zusätzlich dürfen Einzelpersonen noch gut 41.300 Dollar pro Jahr an nationale Parteiorganisationen geben.

Millionenspenden über Super PACs

Ohne Obergrenze spenden lässt sich über Super Political Action Commitees. Super PACs sind so etwas wie unabhängige Lobbygruppen, die seit 2010 vermehrt gegründet wurden. Sie dürfen unbegrenzt viel Geld einsammeln - von Einzelpersonen, von Unternehmen und jedem anderen Geldgeber.

Das Geld dürfen sie allerdings nicht an die Kandidaten weiterleiten. Aber sie dürfen Wahlwerbung im Sinne der Kandidaten machen. Voraussetzung ist nur, dass ihre Werbung nicht mit dem Wahlkampfbüro der unterstützten Kandidaten "koordiniert" ist.

Diese Bedingung wird offiziell von der Bundesbehörde Federal Election Committee (FEC) überwacht. "De facto wird dieses Koordinationsverbot aber über Dutzende Schlupflöcher ausgehebelt", sagt Hebenstreit.

"Das, was sie ausgeben, ist horrend. So etwas kannten wir früher überhaupt nicht", meint der US-Amerikaner James Davis, Professor für Politikwissenschaft an der Universität St. Gallen. Zudem wüssten die Kandidaten ganz genau, welche Super PACs auf ihrer Seite stehen, so Davis. Und auch, wer hinter diesen Spenden stecke. 

In diesem Jahr gibt es 2257 SuperPACs, die bereits über zwei Milliarden US-Dollar eingesammelt und knapp 700 Millionen US-Dollar ausgegeben haben.

Bestimmt die Höhe des Wahlkampfbudgets, wer Präsident wird?

Welchen Effekt aber haben all die Millionen Dollar, die in den Wahlkampf fließen? "Hier zeigt die Forschung: Auf Ebene des Präsidentschaftswahlkampfes haben diese Spenden eigentlich kaum einen Effekt", so Hebenstreit.

"Beide Kandidaten sind in der Regel bekannt. Und ob sie jetzt noch einmal zusätzlich 100 Millionen in den Wahlkampf investieren, das ist letztendlich ohne Einfluss auf den tatsächlichen Wahlausgang."

Es brauche sicherlich ein Mindestmaß an Spenden, um eine Parteiorganisation für den Wahlkampf aufzubauen, sagt Davis im DW-Gespräch. "Und es ist ganz wichtig, die Menschen zu motivieren, am Wahltag tatsächlich zur Wahlurne zu gehen. Das kostet etwas."

"Am Ende des Tages ist es aber wichtig, dass man eine Botschaft hat, die Wählerstimmen einsammelt", so der Politikexperte. Zudem seien auch Kleinspender für Parteien sehr wichtig, weil hinter jeder kleinen Spende eine Stimme stecke. "Ein Milliardär kann zwar einige Millionen Dollar spenden, aber trotzdem nur eine Stimme an der Wahlurne abgeben", so Davis.

Außerdem zeigt auch ein Blick in die Vergangenheit: Geld allein reicht nicht. Hillary Clinton hatte im Wahlkampf 2016 wesentlich mehr Geld eingesammelt als Donald Trump. Verloren hat sie trotzdem.

Elon Musk - Inhaber der Social Media Plattform X unterstützt Donald Trump
Elon Musk hat öffentlich bekanntgegeben, Donald Trump zu unterstützen. Dass er dafür monatlich 45 Millionen Dollar spenden würde, wie das Wall Street Journal berichtete, dementierte Musk aber sehr schnell.Bild: Alain Jocard/AFP [M]

Spenden wirken nach der Wahl weiter

Mit ihren Millionen wollen sich Superreiche, Milliardäre und Wirtschaftsbosse natürlich auch Einfluss auf die Politik auch nach der Wahl sichern. "Wenn jemand Millionen an ein Super PAC spendet, wird das selbstverständlich bekannt, und es wird dann kein Zufall sein, dass diese Person irgendwann mal eine Einladung zu einer Veranstaltung erhält, wo der frisch gewählte Präsident oder Präsidentin dabei ist", sagt Davis.

"Wir können häufig beobachten, sehr deutlich 2016 bei Trump, dass Großgeldgebern Kabinettsposten angeboten wurden, also beispielsweise das Bildungsministerium oder das Small Business Department", so Hebenstreit. Sehr oft seien auch Botschafterposten und andere diplomatische Positionen mit Großspendern besetzt worden.

Vor allem aber sicherten sich Spender den Zugang zu den Kandidaten. Bei wichtiger Gesetzgebung, wenn eigene Unternehmensinteressen gefährdet seien, könne so versucht werden, die Entscheidung zu beeinflussen, sagt Hebenstreit.

Die Meinung der Bevölkerung

Kein Wunder, dass die Bevölkerung eher gegen diese Spendenexzesse ist. Mehr als sieben von zehn Erwachsenen in den USA möchten, dass die Höhe der Spenden von Einzelpersonen oder Organisationen für politische Kampagnen begrenzt sein sollte, so eine Umfrage des Pew Research Centers. Acht von zehn Befragten sind der Meinung, dass die Leute, die Geld für politische Kampagnen spenden, zu viel Einfluss auf die Entscheidungen der Kongressmitglieder haben.

Die Chancen, solche Geldflüsse einzudämmen, hält Hebenstreit aber für gering. Für eine Änderung der Gesetze würden im Kongress die politischen Mehrheiten fehlen, so der Politikwissenschaftler.

Woanders funktionieren Wahlen auch mit weniger Geld

Dass Wahlkämpfe in den USA so viel teurer sind als woanders, liegt auch daran, dass die meisten anderen Länder auf öffentliche Wahlkampfinanzierung setzen, erklärt Hebenstreit. Außerdem müsste bei jeder Wahl für das Präsidentenamt der ganze Parteiapparat in dem riesigen Land wieder neu aufgebaut werden.

In den USA seien die Parteien relativ schwach, erläutert Davis. "Man könnte fast sagen, dass auf Bundesebene eine Partei erst alle vier Jahre zustande kommt, das heißt, man muss diese Organisation alle vier Jahre quasi neu aufstellen und das in 50 Bundesstaaten und in den jeweiligen Wahlkreisen", so Davis. "Das ist alles sehr teuer".

Außerdem laufe in den USA der Wahlkampf sehr stark über Medien, die fast ausschließlich in privaten Händen sind. Das verschlinge ebenfalls große Summen. Insofern sei damit zu rechnen, dass auch dieser Wahlkampf wieder neue Rekorde aufstellen wird - was das Wahlkampfbudget angeht.

Insa Wrede, DW-Mitarbeiterin
Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion