Olympia 2024 in Paris: Eröffnungsfeier auf der Seine

Eine französische Opernsängerin präsentiert vom Dach des Grand Palais aus die  Marseillaise, die französische Nationalhymne. Auf der Tribüne am Trocadéro legt Präsident Emmanuel Macron seine Hand aufs Herz - während die Leute auf den billigeren Plätzen vom Pariser Regen durchnässt werden. 

Die nächste Boote und Schiffe machen sich auf den Weg Richtung Trocadéro und Eiffelturm. Spanien ist mit zahlreichen Aktiven vertreten, die begeistert spanische Fähnchen wehen. Auch die umfangreiche britische Olympia-Mannschaft ist auf einem großen Schiff unterwegs. Für das dreiköpfige Olympia-Team aus dem südafrikanischen Staat Eswatini, dem früheren Swaziland ist nur ein kleines Motorboot nötig. Viele der Aktiven tragen im Dauerregen Überwürfe - während auf einer Brücke ein Pianist ohne Regenschutz das Klavierstück "Jeux d'eau" (Wasserspiele) des Komponisten Maurice Ravel spielt. Passend zum Wetter. 

Regisseur Thomas Jolly entführt die Gäste an den Ufern der Seine und die Millionen von TV-Zuschauern weltweit in die französische Kultur. 80 Tänzerinnen des Theaters Moulin Rouge tanzen zur Musik des deutsch-französischen Komponisten Jacques Offenbach einen Cancan. 

Ausschnitte aus dem Kult-Musical Les Misérables werden ebenso dargeboten wie Melodien aus der Oper Carmen von George Bizet.

Außerdem gibt es Klänge einer französischen Heavy-Metal-Band - und einen Song der französisch-malischen Sängerin Aya Nakamura, die von einer Militärkapelle begleitet wird.

Eine beeindruckende Inszenierung. Einzig der einsetzende Regen stört ein wenig.

Eines der nächsten Boote ist ein kleines - für ein kleines Olympiateam: Der Himalaya-Staat Bhutan ist mit einer Marathonläuferin, einem Bogenschützen und einem Schwimmer in Paris dabei - alle mit Einladungstickets. Damit sorgt das IOC dafür, dass auch kleine und strukturschwache Länder die Chance haben, bei Olympia vertreten zu sein. 

Während die Aktiven aus Bhutan bejubelt werden, erntet das große chinesische Olympia-Team auf einem der nächsten Schiffe Pfiffe. Grund sind massive Dopingvorwürfe gegen chinesische Schwimmerinnen und Schwimmer, die nicht konsequent verfolgt wurden.  

Das erste Geheimnis ist gelüftet: Lady Gaga sorgt in der Tradition des französischen Kabaretts für den ersten Show Act. Im knappen schwarzen Kostüm singt der US-Superstar einen Chanson, umringt von zehn ebenfalls in Schwarz gewandeten Tänzerinnen und Tänzern mit rosa Pompons. 

Auf dem dritten Schiff jubelt das deutsche Olympiateam den Zuschauerinnen und Zuschauern am Ufer der Seine zu. Judo-Weltmeisterin Anna-Maria Wagner und Basketball-Weltmeister Dennis Schröder schwenken die Fahne. Das "Team D" teilt sich das Schiff mit den Mannschaften aus Afghanistan, Albanien, Algerien und Südafrika.

Auf dem ersten Ausflugsschiff, das sich auf der Seine auf den Weg macht, ist das Team Griechenlands. Dort stand in der Antike die Wiege der Olympischen Spiele. Deshalb eröffnet die griechische Mannschaft traditionell die Parade der Olympia-Startenden. Auf dem zweiten Boot auf der Seine folgt das internationale Flüchtlingsteam des IOC, zu dem auch der in Deutschland lebende syrische Flüchtling Alaa Masogehört. Das erste IOC-Flüchtlingsteam trat 2016 bei den Spielen in Rio de Janeiro an.

Auf der Tribüne am Trocadéro umarmen sich der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und IOC-Präsident Thomas Bach. An der Pont d'Austerlitz, dem Startpunkt der Schiffsparade, läutet ein Feuerwerk in den französischen Nationalfarben Blau-Weiß-Rot das Spektakel ein. 

Rund 320.000 Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgen die Eröffnungsfeier entlang der Seine und später dann am Trocadéro. Eine Riesenherausforderungfür die Sicherheitskräfte.  Etwa 45.000 Polizisten und paramilitärische Beamte sind im Einsatz, dazu kommen 10.000 Soldaten und 20.000 private Sicherheitsleute.  Darunter sind auch Scharfschützen und Taucher. Zudem sind KI-Kameras installiert Zuschauer berichteten über lange Warteschlangen an den Einlässen. 

Am Trocadéro in Sichtweise des Eiffelturms zeigen sich zahlreiche Promis auf dem Roten Teppich. Darunter ist der frühere deutsche Tennis-Superstar Boris Becker, der 1992 in Barcelona mit Michael Stich Gold im Doppel gewann. Der 56-Jährige kommentiert im TV die olympischen Tenniswettbewerbe von Paris. 

Ebenfalls dabei auf dem Roten Teppich gesichtet wurde Ex-Skistar Lindsey Vonn aus den USA, die 2010 in Vancouver Olympiasiegerin in der alpinen Abfahrt wurde. In der ARD sprach Vonn von einer "spektakulären Kulisse" in Paris. Sie hoffe, dass die Olympischen Spiele in Paris ein Signal des Friedens senden würden. "Wir brauchen Hoffnung, und das ist der perfekte Ort dafür", sagte die 39-Jährige. 

Unter dem Applaus Hunderter Fans hat Rap-Superstar Snoop Dogg die olympische Fackel getragen. Der US-Amerikaner erhielt das Feuer wenige Stunden vor Beginn der Eröffnungsfeier in der Pariser Vorstadt Saint-Denis überreicht. Snoop Dogg schlenderte im weißen Outfit und mit goldenen Sneakern einige Meter bis zu einer Bootanlegerstelle, ehe er die Fackel an die nächste Trägerin weitergab . Als ein Fan einen Song des Hip-Hop-Stars spielte, zeigte der 52-Jährige ein paar seiner berühmten Tanzschritte und ließ sich von den Leuten feiern.

Der Musiker hatte bereits im Vorfeld von einer "besonderen Ehre" gesprochen, die ihn an 1996 erinnere, als Box-Legende Muhammad Ali das olympische Feuer in Atlanta entzündete. Der emotionale Moment, als der an Parkinson leidende Ex-Box-Weltmeister die Fackel hochreckte, ging damals um die Welt. Snoop Dogg ist als Olympia-Sonderkorrespondent für den US-Fernsehsender NBC in Paris.

Wer entzündet das Olympische Feuer?

Zu den Fackelträgern am letzten Tag zählte auch der 80 Jahre alte ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-moonaus Südkorea. Mit Spannung wird erwartet, wer als letzter Fackelträger am Ende der Eröffnungsfeier das olympische Feuer entzündet. Spekuliert wird über die dreifache Olympiasiegerin Marie-José Pérec. Sie gewann 1992 und 1996 jeweils Gold über 400 Meter und wurde in Atlanta auch Olympiasiegerin über 200 Meter. Genannt werden auch französische Fußballlegenden wie Lilian Thuram oder Zinedine Zidane. 

Verantwortlich für die Gestaltung der Olympia-Eröffnungsfeier ist der französische Theater-Regisseur und Schauspieler Thomas Jolly. Der 42-Jährige hat kaum Details der Show verraten. Durchgesickert ist, dass angeblich rund 3000 Schauspieler und Tänzer auftreten werden. Das musikalische Repertoire soll Chöre, ein Symphonieorchester, aber auch Pop und elektronische Musik umfassen.

Die Sängerinnen Lady Gaga und Céline Dion wurden in Paris gesichtet. Seit Wochen wird darüber spekuliert, dass auch die französisch-malische Sängerin Aya Nakamura auftreten soll - zum Missfallen rechtsextremer Gruppen.

Die Pariser Eröffnungsfeier solle "kein Macho- und Heldenspektakel" werden, sondern mit Humor französische Klischees auf die Schippe nehmen und dabei Multikulti feiern, ließen die Organisatoren der Eröffnungsfeier wissen. "Diversität existiert. Es ist eine Realität, gegen die man nur vergeblich politisch ankämpfen kann", sagte Regisseur Jolly. Zu seinem Team gehörten auch Fanny Herrero, Drehbuchautorin der international gefeierten TV-Serie "Call My Agent!", und die französisch-marokkanische Bestsellerautorin Leila Slimani ("Chanson douce") sowie der Historiker Patrick Boucheron.

"Die Eröffnungszeremonie in Peking 2008 war genau das, was wir nicht wollten: eine Geschichtsstunde, die vom Gastgeberland an die Welt gerichtet war, eine Ode an die Größe und eine Machtdemonstration", sagte Boucheron. Das Event in Paris solle "von der Welt zu Frankreich und von Frankreich zur Welt sprechen" und dabei das "Gegenteil einer maskulinen Heldengeschichte" sein.

Einige deutsche Athletinnen und Athleten verpassen wegen der Brandanschläge auf das französische Zugnetz die Eröffnungsfeier. Aus der deutschen Springreit-Equipe betrifft es Christian Kukuk, Philipp Weishaupt und Ersatzreiterin Jana Wargers, die kurzfristig ihre Pläne ändern mussten. Lediglich Jungstar Richard Vogel wird bei der Feier auf der Seine dabei sein. Er war mit dem Flugzeug angereist. Das deutsche BMX-Team kam infolge des Chaos im französischen Zugverkehr zu spät in Paris an, um noch an der Eröffnungsfeier teilzunehmen.

Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilte die Anschläge. "Ein solches Fest des Friedens mit Gewalttaten zu stören, kann niemals akzeptiert werden und verlangt entschiedenste Zurückweisung", sagte der SPD-Politiker bei einem Besuch der Deutschen Botschaft in Paris. Scholz ist einer von rund 100 Staats-und Regierungschefs, die an der Olympia-Eröffnungsfeier teilnehmen werden. Scholz traf sich vor der Eröffnungsfeier mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. 

Nur Stunden vor dem Beginn der Eröffnungsfeier in Paris haben Brandanschläge auf technische Anlagen weite Teile des französischen Bahnverkehrs lahmgelegt. Premierminister Gabriel Attal sprach von "koordinierten und vorbereiteten Sabotageakten" und versicherte, Geheimdienste und Sicherheitskräfte seien mobilisiert, "um die Täter dieser kriminellen Taten zu finden und zu bestrafen".

Nach Angaben der französischen Bahn SNCF waren etwa 800.000 Fahrgäste betroffen. Viele Bahnverbindungen mit den TGV-Hochgeschwindigkeitszügen müssten gestrichen werden, gab die SNCF an. Betroffen seien die Atlantik-, Nord- und Ostlinien, wahrscheinlich über das ganze Wochenende. 

"Was passiert ist, ist inakzeptabel, wird aber keinen Einfluss auf die Zeremonie heute Abend haben, da es keine Auswirkungen auf das Verkehrsnetz in der Region Ile-de-France hat", sagte die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo.  

Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), gab sich gelassen. "Wir haben volles Vertrauen in die französischen Behörden", sagte der 70 Jahre alte deutsche Sportfunktionär. Alle erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen seien getroffen worden. Die französischen Behörden würden zudem von 180 Geheimdiensten aus der ganzen Welt unterstützt, so Bach. 

Mit einer einmaligen Show mitten auf der Seine beginnen an diesem Freitagabend die Olympischen Spiele in Paris. Es ist eine Premiere. Bisher wurden die Spiele stets in Stadien eröffnet. Diesmal findet die Parade der teilnehmenden Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt auf dem Wasser statt. Auf gut 90 Booten sollen die mehr als 200 Delegationen über die Seine durch das Zentrum von Paris fahren - vorbei an Sehenswürdigkeiten wie der Kathedrale Notre-Dame, dem Louvre oder dem Musée d'Orsay.

Den Anfang der Parade dürfte traditionsgemäß die griechische Delegation machen, Frankreich könnte als Gastgeber den Abschluss der Flussparade bilden. Das deutsche Team wird mit rund 150 Aktiven und etwa 100 Trainern, Betreuern und Offiziellen auf dem dritten Boot sein. Die deutsche Fahne tragen dabei Judo-Weltmeisterin Anna-Maria Wagner und Basketball-Star Dennis Schröder.

Los geht es um 19.30 Uhr an der Pont d'Austerlitz. Nach sechs Kilometern Fahrt Richtung Nordwesten endet die Parade dann am Trocadéro, gegenüber dem Eiffelturm. Dort sollen die Olympische Flamme entzündet und die Spiele offiziell eröffnet werden. Das Ende der Show ist für 23.15 Uhr vorgesehen.