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PolitikNahost

Der Israel-Hamas-Konflikt und die arabischen Staaten

Cathrin Schaer
10. August 2024

Hinter den Kulissen pflegen einige arabische Staaten enge Beziehungen mit Israel. Andere bieten vom Iran unterstützten Gruppierungen Unterschlupf, die sich als "Achse des Widerstands" gegen Israel und die USA sehen.

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Demonstranten in Amman mit palästinensischen Flaggen
Die Solidarität mit den Palästinesern ist in Jordanien großBild: Alaa Al Sukhni/REUTERS

Jordanien: schwieriger Spagat

Jordanien ist eine konstitutionelle Monarchie, die einen komplizierten Balanceakt vollführt.

Jeder fünfte der Bewohner Jordaniens hat palästinensische Wurzeln. Auch die Königin zählt dazu. Ein eigener palästinensischer Staat und Gleichberechtigung sind vielen Jordaniern daher ein Herzensanliegen. Auch die Herrscher des Landes äußern sich häufig zu diesem Thema.

Gleichzeitig steht Jordanien Israel und den USA näher, als sich viele Jordanier bewusst machen, sagen Beobachter. 1994 unterzeichnete Jordanien ein Friedensabkommen mit Israel. Hinter den Kulissen kooperieren beide Länder in Sicherheitsfragen, z. B. bei der Sicherheit auf dem Gelände der Al-Aksa-Moschee.

Im Jahr 2021 schlossen die Vereinigten Staaten und Jordanien ein Abkommen über eine Verteidigungskooperation ab, das es US-Streitkräften mit ihren Fahrzeugen und Flugzeugen erlaubt, in das Land einzureisen und sich dort frei zu bewegen.

Viele Bewohner des Landes betrachteten es als Verrat, als Jordanien im April dieses Jahres mutmaßlich dabei half, gegen Israel gerichtete iranische Raketen, die jordanischen Luftraum durchquerten, abzuschießen.

Jordanien pflegt diplomatische Beziehungen mit dem Iran, diese sind jedoch eher frostig. Kürzlich befand sich der jordanische Außenminister Aiman al-Safadi auf einem seltenen Besuch im Iran, um über die eskalierenden Spannungen in der Region zu sprechen.

Ägypten: Eigeninteresse und Diplomatie

Das Nachbarland Ägypten mit seiner autoritären Regierung unter Abdel Fattah al-Sisi ist ebenfalls um ausgewogene Beziehungen mit Israel bemüht.

Seit der Unterzeichnung eines Friedensvertrags mit Israel im Jahr 1979 bemühe sich das Land, "seine nationalen Interessen (...) mit der Unterstützung der palästinensischen Sache in Einklang zu bringen", stellte ein Bericht des Thinktanks International Crisis Group im Mai fest. "Das bedeutet konkret, dass Ägypten jede direkte Verantwortung für die Notlage der Menschen im Gazastreifen ablehnt. Gleichzeitig unterstützt es Versuche, eine diplomatische Lösung auf Grundlage der Zweistaatenlösung zu finden", heißt es weiter in dem Bericht.

Palästinenser verlassen den Gazastreifen über den Grenzübergang Rafah zu Beginn des Israel-Hamas-Krieges
Ägypten verwaltete den Grenzübergang Rafah an der Grenze von Ägypten zum GazastreifenBild: Arafat Barbakh/REUTERS

Israel und Ägypten kooperieren in zahlreichen Sicherheits- und Wirtschaftsfragen und bis zum Ausbruch des Gaza-Konflikts war Ägypten für den Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten zuständig. Israelische Forderungen, nun die Kontrolle über den Grenzübergang zu übernehmen, sind für Ägypten ebenso problematisch wie die katastrophale humanitäre Situation in Gaza, die sich ständig verschlimmert und droht, auf ägyptisches Gebiet überzugreifen.

Die ägyptische Regierung hatte sich in der Vergangenheit gegen die Hamas gestellt, die sie als islamistische Organisation und Bedrohung der eigenen Herrschaft einstuft. In jüngster Zeit hat sich diese Haltung jedoch etwas entspannt, und Ägypten übernahm eine wichtige Rolle bei Waffenstillstandsverhandlungen.

Die Beziehungen Ägyptens zum Iran haben sich seit 2023 verbessert, bleiben jedoch frostig.

Libanon: der Einfluss der Hisbollah

Der Libanon, eine parlamentarische Demokratie, ist sehr mit seinen eigenen politischen und wirtschaftlichen Krisen beschäftigt. Seit 2020 hat das Land keine gewählte Regierung mehr und steckt in einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen weltweit. In der Vergangenheit setzte sich die Regierung immer aus Vertretern der vielen verschiedenen religiösen und ethnischen Gruppen des Landes zusammen.

Hierzu zählt auch der politische Flügel der Hisbollah, der die Interessen der schiitischen Muslime vertritt und eine wichtige Rolle in der libanesischen Staatsführung einnimmt. Er muss jedoch seine eigenen Interessen mit denen anderer mächtiger Gruppierungen wie den libanesischen Christen, den sunnitischen Muslimen und den Drusen in Einklang bringen.

Der militärische Flügel der Hisbollah spielt eine ganz andere Rolle. Er wird von den Vereinigten Staaten und verschiedenen europäischen Ländern als Terrororganisation eingestuft und ist vermutlich besser ausgestattet und organisiert als die libanesische Armee.

Himmel mit zahlreichen Leuchtspuren: Raketen, die von Israel abgefangen werden
Die Hisbollah feuert verstärkt Raketen Richtung Israel abBild: Ayal Margolin/REUTERS

Viele Politiker und Einwohner Libanons haben kein gesteigertes Interesse daran, dass die Hisbollah die Kampfhandlungen mit Israel ausweitet. Sie befürchten, damit zum Opfer jener Israelis zu werden, "die zunehmend glauben, ein Sieg über die Hisbollah würde ihr Sicherheitsgefühl wiederherstellen", wie das Arab Center Washington kürzlich schrieb.

Doch libanesische Politiker wissen auch, dass sie nur wenig Einfluss auf die Hisbollah haben, den mächtigsten Akteur in der sogenannten "Achse des Widerstands", einer losen Koalition militanter Gruppierungen, die vom Iran unterstützt werden und sich gegen Israel und die USA stellen.

Syrien: dem Iran verpflichtet

Seit der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 sieht sich Syrien im Krieg mit seinem Nachbarn. Es kommt häufig zu Schusswechseln zwischen beiden Parteien, die jedoch überwiegend symbolischer Natur sind.

Heute steht der syrische Machthaber Baschar al-Assad in der Schuld des Iran, der ihn während des 13 Jahre währenden Bürgerkriegs des Landes militärisch unterstützte. Dies erklärt die zunehmende Präsenz pro-iranischer Milizen in Syrien, darunter auch Mitglieder der Hisbollah und anderer Milizen aus dem Irak.

Baschar al-Assad und Ayatollah Ali Khamenei im Gespräch
Iran unterstützt den syrischen Machthaber Baschar al-Assad, dessen Land sich im Bürgerkrieg befindetBild: Office of the Iranian Supreme Leader/AP/picture alliance

Seit 2017 haben die israelischen Angriffe auf Syrien daher zugenommen und sind seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober weiter eskaliert. Im April griff Israel die diplomatische Vertretung des Iran in der Hauptstadt Damaskus an und tötete einen ranghohen iranischen Kommandeur. Der Iran reagierte mit erheblichen Vergeltungsmaßnahmen.

Irak: keine Einmischung von außen

Der Irak erkennt den Staat Israel nicht an. Das Land, das gegenwärtig von schiitischen Politikern dominiert wird, hat sich während des vergangenen Jahrzehnts dem Iran angenähert, bei der Betrachtung der palästinensischen Frage spielt die Konfession Beobachtern zufolge jedoch keine Rolle.

Mehrere militante Gruppierungen, die sich zur iranischen "Achse des Widerstands" zählen, operieren innerhalb des Landes. Sie haben in der Vergangenheit Raketen auf US-Stützpunkte im Irak abgefeuert und - in der Regel erfolglos - versucht, Israel mit Raketen zu treffen. Die USA reagierten darauf mit Vergeltungsmaßnahmen.

Die irakische Regierung und ihre Sicherheitskräfte tolerieren diese Gruppen entweder oder haben wenig Kontakt zu ihnen. "Der Irak musste immer versuchen, ein Gleichgewicht in seinen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und dem Iran, zu wahren", sagte Marsin al-Shamary von der Denkfabrik Brookings Institution in Washington kürzlich.

"Für die irakische Führung ist das nichts Neues. Die Beziehungen Bagdads zu Washington sind klar definiert, insbesondere in Bezug auf Iraks Haltung zu Israel. Der Irak hat die palästinensische Sache stets unterstützt, und die Unterstützung des Irans für die Hamas hat keinen Einfluss auf seine Haltung im aktuellen Konflikt."

Jemen: die Huthis dominieren

Der Jemen befindet sich im Bürgerkrieg und teilt sich auf in den Süden des Landes mit der international anerkannten Regierung in Aden und den Norden des Landes, der von den Huthi-Rebellen regiert wird. Der Staat Israel wird von beiden nicht anerkannt.

Jemens Nachbar Saudi-Arabien führte in der Vergangenheit eine Koalition gegen die Huthis an, seit der Unterzeichnung eines Waffenstillstandsvertrags Anfang 2022 ist jedoch relative Ruhe eingekehrt.

Rubymar: Frachtschiff sinkt nach Angriffen, nur der Bug ragt senkrecht aus dem Wasser
Jemenitische Huthi-Rebellen feuern immer wieder Raketen auf Handelsschiffe im Roten Meer abBild: Khaled Ziad/AFP/Getty Images

Die Huthis zählen ebenfalls zur "Achse des Widerstands". Sie unterstützen die Hamas, bezeichnen Israel als destabilisierende Kraft in Nahost und lehnen die Präsenz der Vereinigten Staaten in der Region ab. Im November vergangenen Jahres begannen sie, Raketen Richtung Israel abzufeuern und den Schiffsverkehr zu blockieren, um die Hamas zu unterstützen.

Saudi-Arabien, die VAE und Katar: wohlhabende Pragmatiker

Die autokratischen Monarchien am Persischen Golf betrachten den aktuellen Konflikt pragmatisch. Den Iran sehen sie als Feind. In den letzten Jahren hatten sie sich bemüht, die Beziehungen zu Israel zu normalisieren.

Israel und die Araber: eine Geschichte von Hass und Gewalt?

2020 unterzeichneten die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain das sogenannte Abraham-Abkommen, mit dem diplomatische Kontakte mit Israel aufgenommen wurden. Es wurde damit gerechnet, dass Saudi-Arabien als nächster Staat das Abkommen unterzeichnen würde.

Der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober machte diesen Prozess jedoch schwieriger. Die Angriffe der Huthis haben zudem das Risiko eines weiteren Konflikts im Jemen für Saudi-Arabien erhöht.

Katar agiert eher als Mittelsmann. Eine Normalisierung der Beziehungen mit Israel vermeidet es, knüpfte jedoch schon in den 1990er Jahren wirtschaftliche Beziehungen mit dem Land. Da Katar den politischen Flügel der Hamas aufgenommen hat, spielt es eine wichtige Rolle bei den Waffenstillstandsverhandlungen.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.