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PolitikJemen

Angriffe auf Israel: Wer sind die Huthi-Rebellen?

22. Juli 2024

Trotz mehr als 2000 Kilometern Entfernung: Die Huthi-Rebellen im Jemen haben Israel attackiert und drohen mit weiteren Angriffen. Israel schlägt zurück. Wofür steht die Miliz und was will sie politisch erreichen?

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Kämpfer der Huthi während einer pro-palästinensischen Solidaritätskundgebung in Sanaa, November 2023
Kämpfer der Huthi-Rebellen während einer pro-palästinensischen Solidaritätskundgebung in Sanaa, November 2023Bild: Mohammed Huwais/AFP/Getty Images

Abdel-Malik al-Huthi gab sich entschlossen. Man sei über die Eskalation "sehr glücklich" und bereite sich auf einen langen Krieg mit Israel vor. Rote Linien werde es nicht geben, umriss der Anführer der jemenitischen Huthi-Miliz am Wochenende deren Bereitschaft zur Konfrontation. 

Zuvor, am Freitag vergangener Woche, hatte die Islamistengruppe trotz einer Entfernung von mehr als 2000 Kilomatern eine Drohne nach Tel Aviv gesteuert und dort zur Explosion gebracht. Dabei wurde ein Mann getötet, acht Menschen wurden verletzt. In Reaktion darauf hatte Israel Kampfjets in Richtung der Hafenstadt Hudaida im westlichen Jemen geschickt. Nach israelischen Angaben attackierten sie dort militärische Einrichtungen der Huthi. Das von den Huthi-kontrollierte Gesundheitsministerium sprach von mehreren Toten. Die Huthi ihrerseits schossen daraufhin erneut Raketen in Richtung der israelische Küstenstadt Eilat. Israels Militär erklärte, es habe eine Rakete abgeschossen. 

Herkunft und Identität

Die Huthi gehören zu einem Stammesverband aus einem bergigen, an Saudi-Arabien grenzenden Gebiet im Norden des Jemen. Konfessionell zählt dieser sich zu den Zaiditen, einer Rechtsschule innerhalb des schiitischen Islams. Anders als viele andere Schiiten glauben die Zaiditen nicht an die Rückkehr eines verborgenen Imams, des so genannten Mahdi. Die Zugehörigkeit der Huthi zum schiitischen Islam ist aber eine wichtige Grundlage für ihre guten Verbindungen zum Iran, der sich als Anführer einer regionalen Israel-feindlichen Achse und Interessenvertreter der Schiiten in der Region versteht.

Im Jemen stellen die Zaiditen ein gutes Drittel der Bevölkerung. Die Entstehungsgeschichte der Huthi-Bewegung als politische und dann auch militärische Gruppierung reicht bis in die 1990er Jahre zurück. Ihre Vorgängerorganisation wurde 1994 von Hussein Badreddin al-Huthi gegründet, einem ehemaligen jemenitischen Abgeordneten, der sich gegen die Politik des damaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh wandte.

Huthi-Milizionäre auf einem Pick-Up
Machtdemonstration: Huthi-Milizionäre auf einem Pick-UpBild: Hani Mohammed/dpa/AP/picture alliance

Die Huthi und der Bürgerkrieg

Immer lauter warfen die Huthi seit dem sogenannten Arabischen Frühling 2011 der jemenitischen Zentralregierung in Sanaa vor, die Zaiditen zu marginalisieren und deren Rechte zu unterdrücken. Zugleich unterstellten sie der Regierung eine Nähe zu Israel und den USA. Unter Berufung auf diese Vorwürfe erhoben sich die Huthi 2014 gegen die Regierung des damaligen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi. Dieser konnte sich nur dank einer von Saudi-Arabien angeführten internationalen Militärallianz im Amt halten. Diese Allianz kämpft seit 2015 gegen die Huthi - jedoch bisher ohne Erfolg.

Die von Saudi-Arabien gestützte Regierung kontrolliert zwar einen größeren Teil des Landes, die Huthi jedoch beherrschen weite Gebiete des Nordwestens einschließlich der Hauptstadt Sanaa. Dabei werden sie vom Iran unterstützt. Darum gilt der jemenitische Bürgerkrieg auch als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und Iran. Die Huthi verfügen über Panzer, Fahrzeuge, Lenkflugkörper und Raketen, die sie laut eigenen Angaben vor allem aus Beständen der regulären Armee erobert haben.

Radikale anti-israelische Ideologie

Der ideologische Kurs der Huthi lässt sich bereits aus ihrem Wahlspruch ableiten: "Gott ist der Größte, Tod für Amerika, Tod für Israel, Fluch den Juden, Sieg für den Islam." In ihrem Herrschaftsgebiet haben sie eine strenge religiöse Ordnung etabliert. Die religiöse Militanz verbinden sie mit einem straffen antiwestlichen und antiisraelischen Kurs. Auch der Name, den die Huthi selbst für sich benutzen - "Ansar Allah" (Gottes Helfer, Gottes Unterstützer) - spiegelt diesen Geist.

Nicht erst seit der jemenitischen Wiedervereinigung im Jahr 1990 haben sich die jemenitischen Regierungen überwiegend klar pro-palästinensisch positioniert. Diese Grundhaltung haben die Huthi jedoch noch einmal deutlich radikalisiert. Damit treffen sie auch auf viele Sympathien in der Bevölkerung.

Für den Krieg im Gazastreifen machen die Huthi allein Israel verantwortlich - ungeachtet des blutigen Angriffs der in Deutschland, der EU, den USA und weiteren Staaten als Terrororganisation eingestuften Hamas auf Israel am 7. Oktober mit rund 1200 Todesopfern. Zur Unterstützung der Hamas attackierten die Huthi in den vergangenen Monaten immer wieder die internationale Schifffahrt im Roten Meer

Enges Verhältnis zum Iran

Mit ihrem anti-israelischen und anti-westlichem Kurs sind die Huthi ein natürlicher Verbündeter der iranischen Regierung. Längst seien sie Teil der vom Iran ins Leben gerufenen "Achse des Widerstands" gegen Israel und die USA, der auch die libanesische Hisbollah, verschiedene irakische Milizen und das syrische Regime zugerechnet werden, erläutert der Politologe Hamidreza Azizi von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im DW-Gespräch. Jedoch unterschieden sich die Huthi von anderen Partnern Irans. Zum einen seien sie weniger stark von Teheran abhängig als etwa die libanesische Hisbollah, zum anderen unterstünden sie nicht direkt dem iranischen Kommando- und Kontrollsystem, meint Azizi.

Huthi-Milizen entführen das Frachtschiff Galaxy Leader, November 2023
Angriff im Roten Meer: Huthi-Milizen entführen das Frachtschiff Galaxy Leader, Ende 2023 (Foto wurde von den Huthi selbst veröffentlicht)Bild: Houthi Media Center/AP/picture allaince

Die Regierung in Teheran erklärt, sie unterstütze die Miliz nur politisch, liefere aber keine Waffen an diese. Dass diese Erklärung zutrifft, ist allerdings zweifelhaft. Das US-Militär fing zusammen mit seinen Verbündeten in den vergangenen zehn Jahren mindestens 20 iranische Schiffe ab, bestückt mit Raketen, Raketenteilen, Marschflugkörpern, Drohnen, Tausenden Sturmgewehren und anderem Kriegsgerät, das ganz offenbar an die Huthi gehen sollte.

In einem im Juli 2024 veröffentlichten Report der Defense Intelligence Agency (DIA), dem Verteidigungsnachrichtendienst der USA, heißt es, die Huthi hätten inzwischen über 100 Angriffe zu Land und zu Wasser im gesamten Nahen Osten, im Roten Meer und im Golf von Aden mit vom Iran gelieferten Waffen durchgeführt.

Deutschland nach dem Militärschlag gegen die Huthis

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika