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Politik

"Die Welt danach wird eine andere sein"

11. April 2020

Bundespräsident Steinmeier hat in der Corona-Krise um Vertrauen in Staat und Politik geworben. In einer Fernsehansprache sagte Steinmeier, die Regierenden in Bund und Ländern wüssten um ihre riesige Verantwortung.

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
Bild: Getty Images/Bundesregierung

In seiner Ansprache an die Bundesbürger hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Deutschen für ihren Einsatz in der Corona-Krise gedankt. Er sei "tief beeindruckt von dem Kraftakt, den das Land in den vergangenen Wochen vollbracht hat". Zugleich rief Steinmeier zu Geduld und Disziplin auf und äußerte sich zu der Frage, wann die Einschränkungen wegen der Corona-Krise gelockert werden könnten. Seiner Meinung nach entschieden darüber nicht allein Politiker und Experten, "sondern wir alle haben das in der Hand". Noch sei die Gefahr nicht gebannt. Durch die Einhaltung der radikalen Einschnitte habe jeder "Menschenleben gerettet und rettet täglich mehr", sagte Steinmeier.

Der Bundespräsident dankte den Bürgern dafür, dass sie ihr Leben radikal verändert haben. Er wisse, dass die Sehnsucht nach Normalität groß sei. "Ausgerechnet an Ostern, dem Fest der Auferstehung, wenn Christen weltweit den Sieg des Lebens über den Tod feiern, müssen wir uns einschränken, damit Krankheit und Tod nicht über das Leben siegen."

Steinmeier appellierte an alle, die Erfahrung des Zusammenhalts zu bewahren. "Die Solidarität, die Sie jetzt jeden Tag beweisen, die brauchen wir in Zukunft umso mehr." Nach der Krise werde es eine andere Gesellschaft geben. "Wir wollen keine ängstliche, keine misstrauische Gesellschaft werden. Sondern wir können eine Gesellschaft sein mit mehr Vertrauen, mit mehr Rücksicht und mehr Zuversicht." 

Steinmeier fordert deutsche Solidarität mit Europa

Ausgesprochen eindringlich mahnte Steinmeier zu deutscher Solidarität innerhalb Europas. "Deutschland kann nicht stark und gesund aus der Krise kommen, wenn unsere Nachbarn nicht auch stark und gesund werden." 30 Jahre nach der Deutschen Einheit, 75 Jahre nach dem Ende des Krieges seien die Deutschen zur Solidarität in Europa nicht nur aufgerufen, sondern auch verpflichtet. Die Corona-Krise wird nach Worten Steinmeiers für deutliche Veränderungen sorgen. "Ich glaube: Wir stehen jetzt an einer Wegscheide", sagte Steinmeier. Die Pandemie ist kein Krieg, sondern eine "Prüfung unserer Menschlichkeit". 

Die Pandemie zeige die menschliche Verwundbarkeit, so Steinmeier. "Vielleicht haben wir zu lange geglaubt, dass wir unverwundbar sind, dass es immer nur schneller, höher, weiter geht. Das war ein Irrtum." Aktuell zeigten sich auch die möglichen Richtungen, in die eine künftige Entwicklung gehen könnte: "Jeder für sich, Ellbogen raus, hamstern und die eigenen Schäfchen ins Trockene bringen? Oder bleibt das neu erwachte Engagement für den anderen und für die  Gesellschaft, die geradezu explodierende Kreativität und Hilfsbereitschaft?"

Großes Lob für die Helfer in der Krise

Nach der Krise gelte es, sich zu erinnern, was "unverzichtbare Arbeit" wert sei, mahnte der Bundespräsident. Als Beispiele nannte er Pflege und Versorgung, soziale Berufe, Kitas oder Schulen. Auch müssten die wirtschaftlich Stärkeren jenen wieder auf die Beine helfen, "die besonders hart gefallen sind". Wann und wie Einschränkungen gelockert werden könnten, liege in der Hand aller, fügte Steinmeier hinzu. Zu dem aktuellen Kraftakt zwinge keine eiserne Hand. Vielmehr zeige sich darin eine lebendige Demokratie "mit verantwortungsbewussten Bürgern, die einander zutrauen, auf Fakten und Argumente zu hören, Vernunft zu zeigen, das Richtige zu tun".

Der Bundespräsident richtet sich für gewöhnlich nur einmal im Jahr mit einer Ansprache zu Weihnachten an die Menschen im Land. Steinmeiers Fernsehansprache zur Corona-Pandemie war die erste außerhalb der Reihe.

hf/qu (Bundespräsidialamt, rtr, dpa, afp, kna, epd)