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Wo steht das DFB-Team?

15. Juni 2022

Die Nationalmannschaft blickt nach dem Erfolg gegen Italien zum Abschluss der Nations-League-Phase optimistisch Richtung Weltmeisterschaft. Doch rund fünf Monate vor dem Turnier in Katar sind auch viele Fragen offen.

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Bundestrainer Hansi Flick (rechts) beglückwünscht Doppeltorschütze Timo Werner (links) nach seiner Auswechslung gegen Italien
Geht doch: Bundestrainer Hansi Flick lobt Doppeltorschütze Timo Werner nach dessen AuswechslungBild: Bernd Thissen/picture alliance/dpa

Mit einem 5:2 gegen Europameister Italien verabschieden sich Bundestrainer Hansi Flick und sein Team in den Sommerurlaub. Nach zuvor drei schwachen bis mäßigen Auftritten in der Nations League gegen Italien, England und Ungarn bringt der höchste Sieg gegen den ewigen Rivalen seit 83 Jahren eine Menge Selbstvertrauen zurück. Doch wo steht das Team fünf Monate vor dem WM-Auftakt in Katar wirklich und was sind die größten Baustellen für den Bundestrainer? 

Was war gut?

Ein "kleiner Stresstest" sei das vierte Spiel in der Nations League binnen zehn Tagen gewesen, sagte ein zufriedener Bundestrainer nach dem Kantersieg gegen Italien und sprach der Mannschaft ein "Riesenkompliment" aus. "Danke", für die Art und Weise, "wie sie Fußball gespielt hat. So sollte es weitergehen", sagte der Bundestrainer vor dem Abflug in den Sommerurlaub. Nach der Serie von acht Siegen nach seiner Amtsübernahme im vergangenen Sommer drohte die Stimmung in Flicks Team nach den drei ersten Nations-League-Spielen, die allesamt 1:1 endeten, zu kippen. Zu wenig Kreativität, kaum Torszenen, zu selten Gefahr für den Gegner: Kritik am Team und vor allen an den Offensivleuten Leroy Sané und Timo Werner wurde vor dem Italien-Spiel lauter - intern und extern.  

Gegen Italien zeigte sich das Team dann in allen Belangen verbessert. Alle Mannschaftsteile funktionierten für sich und miteinander, das DFB-Team ließ Ball und Gegner laufen, so wie es sich das Trainerteam wünscht, dominierte den Gegner und kreierte zahlreiche Tormöglichkeiten. Es geht, wissen jetzt alle. Oder wie Thomas Müller es ausdrückte: "Wir haben alles, um an einem guten Tag jeden schlagen zu können."  

Was war nicht gut?

In der Offensive drückte der Schuh in allen vier Spielen in Sachen Chancenverwertung. Gegen die Top-Gegner bei der WM wird das Flick-Team mutmaßlich weniger klare Tormöglichkeiten bekommen, als im Spiel gegen das in einem radikalen Neuaufbau steckende Team von Europameister-Trainer Roberto Mancini (nur zwei Spieler aus dem EM-Finale standen in der Startelf gegen Deutschland). 

Nationalspieler Leroy Sané im Spiel gegen Italien: Ein Tor gelang dem Stürmer von Bayern München nicht
Leroy Sané zeigte sich gegen Italien deutlich verbessert, aber nicht in BestformBild: Frank Hoermann/Sven Simon/IMAGO

Und auch in der Defensive leistete sich das Team immer wieder Unachtsamkeiten. In allen vier Spielen gab es mehrere Situationen, in denen Manuel Neuer in höchster Not retten musste. Bezeichnenderweise gab es immer mindestens ein Gegentor. Eine Tatsache, die auch Neuer immer wieder ärgerliche Falten auf die Stirn zauberte. Spätestens in der WM-K.o.-Phase muss die deutsche Defensive sattelfester sein, denn dann wird es möglicherweise nicht mehr reichen, "nur" über 70, 80 Minuten eine starke Leistung zu zeigen. 

Wer ist gesetzt?

Das von Hansi Flick während der Nations League bevorzugte 4-2-3-1-System dürfte auch bei der WM die Ausrichtung sein. Lediglich gegen England ließ der Bundestrainer mit einer Dreierkette beginnen und kehrte gegen Italien zur bewährten Viererkette zurück. In dieser ist Antonio Rüdiger der Abwehrchef. Der Neu-Madrilene hat sich in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt und ist aus Flicks Defensive nicht mehr wegzudenken. Dazu kommen mit Torhüter Manuel Neuer und Joshua Kimmich im Mittelfeld zwei weitere Eckpfeiler, die auch bei der WM in der Startelf des Bundestrainers gesetzt sein dürften. Vorne hat Thomas Müller eine Einsatzgarantie. 

Thomas Müller (links) und Antonio Rüdiger (rechts) gehören zu den gesetzten Spielern im Team von Bundestrainer Hansi Flick
Antonio Rüdiger (r.) hat sich im DFB-Team als Abwehrchef etabliert, vorne ist Thomas Müller gesetztBild: Marcus Brandt/dpa/picture alliance

Auf allen anderen Positionen hat der Bundestrainer viel ausprobiert und wird bis zur WM noch einige Abwägungen vornehmen müssen. Die Liste der hochveranlagten Spieler in allen Mannschaftsteilen ist lang, doch keiner von ihnen zeigte Leistungen mit denen man sich unentbehrlich macht: Das gilt für die eigentlich etatmäßigen Offensivkräfte Timo Werner, Leroy Sané, Serge Gnabry und Kai Havertz, denen in der Nations League mit Jonas Hofmann ein Mann aus der zweiten Reihe mit zwei Toren gegen England und Ungarn deutlich Konkurrenz machen konnte, genauso, wie für die defensiven Kollegen Jonathan Tah, Nico Schlotterbeck, Niklas Süle, Thilo Kehrer, Benjamin Henrichs, Lukas Klostermann etc. 

Dazu kommen möglicherweise noch Kandidaten, die in der Nations League nicht dabei waren: Dortmunds Offensiv-Routinier Marco Reus, Außenverteidiger Robin Gosens von Inter Mailand oder Top-Talent Florian Wirtz, der möglicherweise auch noch rechtzeitig vor der WM von seinem Kreuzbandriss genesen sein könnte. Sie dürften das Personalpuzzle des Bundestrainers noch erweitern. 

Wie sieht der Fahrplan zur WM aus?

Vor der WM im Emirat Katar warten noch die beiden abschließenden Nations-League-Partien gegen Ungarn (23. September in Leipzig) und England (26. September in Wembley). Geplant ist im Vorfeld der WM auch noch ein Freundschaftsspiel, dessen Gegner und Termin aber noch nicht feststehen. Ebenfalls noch unklar ist, wann Hansi Flick den Kader für die Endrunde in Katar (21. November bis 18. Dezember) bekannt geben wird.

Der Fahrplan zur WM steht also noch nicht vollständig, dafür aber die Gruppe E in der das DFB-Team neben Spanien und Japan auf Costa Rica trifft. Die Mittelamerikaner konnten sich in den WM-Playoffs gegen Neuseeland das letzte Ticket für die Endrunde sichern. Das erste Spiel bestreiten Hansi Flick und sein Team in ar-Rayyan gegen Japan (23. November), ehe es in al-Chaur gegen Spanien (27. November) und zum Abschluss der Gruppe erneut in al-Chaur gegen Costa Rica geht (1. Dezember).

  

DW Kommentarbild David Vorholt
David Vorholt Redakteur, Reporter und Autor in der DW-Sportredaktion