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Wie finanziell transparent sind die Bundesliga-Klubs?

Constantin Eckner
23. August 2021

Die Bundesliga wirbt damit, dass sie zu den wirtschaftlich solidesten Ligen Europas gehört. Doch wie viel Einblick in die eigenen Finanzen gewähren die Klubs eigentlich? Und ist der Ruf nach mehr Transparenz berechtigt?

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Symbolbild Bundesliga Kampf um TV-Gelder
Wie groß der Einblick in die Finanzen ist, hängt stark von der Vereinsform abBild: Eibner-Pressefoto/picture alliance

"Am Ende des Tages muss man fragen, ob wirtschaftliche Solidität ein Kriterium für unseren Sport ist. Wir beantworten diese Frage mit 'Ja'." Sätze wie diese gehörten stets zum rhetorischen Repertoire von Christian Seifert, dem scheidenden Vorstandschef der Deutschen Fußball Liga (DFL). Die der DFL zugehörigen Bundesliga und 2. Bundesliga warben in den vergangenen 15 Jahren oftmals damit, dass sie vernünftiger wirtschaften würden als so manch andere Top-Liga in Europa.

Doch diese Fassade hat mittlerweile Risse erhalten. "Es müssen in der 1. und 2. Liga dringend Regularien eingeführt werden, um wieder mehr wirtschaftliche Vernunft walten zu lassen. Offensichtlich haben einige Vereine in der Vergangenheit deutlich über ihre Verhältnisse gelebt", meinte Michael Ströll, der Geschäftsführer des FC Augsburg, vor einigen Wochen. An vielen Bundesliga-Standorten wird in diesen Tagen darauf verwiesen, dass die Corona-Pandemie, als ein Akt höherer Gewalt, große Löcher in den Kassen hinterlassen hat. So valide dieses Argument auch sein mag, die Verbindlichkeiten waren bei manchen Klubs schon vor der Krise erheblich gestiegen. Viele Erst- und Zweitligisten verfügen seit Jahren nur über ein sehr geringes, einige sogar über negatives Eigenkapital.

Profifußball gilt als verschlossen

Prof. Dr. Henning Zülch
Henning Zülch: "Der Profifußball gilt als verschlossen."Bild: HHL Leipzig/Michael Bader

Allerdings sind die Gründe für diese Entwicklung der Öffentlichkeit im Detail oftmals nicht bekannt. Rufe etwa von Fan-Vereinigungen nach mehr Transparenz erklingen regelmäßig. Damit soll dem aufkeimenden Gefühl, die Entscheidungsträger handelten im Verborgenen oder verschwiegen sogar Fehlentwicklungen, entgegengewirkt werden. "Es ist grundsätzlich zunächst einmal festzustellen, dass der Profifußball im Vergleich zu anderen derartig bedeutenden Unternehmensbranchen als verschlossen gilt. Einen genauen Einblick zu gewinnen, ist schwierig, da sich die Branche aber auch die Verbände ungern in die Karten schauen lassen", sagt Henning Zülch, Professor für Accounting und Auditing an der HHL Leipzig Graduate School of Management.

Aus seiner Sicht schneide die Bundesliga hinsichtlich ihrer finanziellen Transparenz weder besser noch schlechter als die anderen europäischen Top-Ligen ab. In England oder Spanien etwa wird den Vereinen durch gesetzliche Vorschriften eine Publikationspflicht auferlegt. So veröffentlichen die Premier-League-Klubs sechs bis neun Monate nach dem Ende des Geschäftsjahres ihre Wirtschaftsdaten. In Deutschland müssen 15 der 18 Bundesligisten, weil sie Kapitalgesellschaften sind, ihre Bilanzen im Bundesanzeiger publik machen.

Zusätzliche DFL-Regularien seit 2018

Doch neben gesetzlichen Vorschriften existieren hierzulande zusätzlich noch sportlich-statuarische. 2018 entschieden die 36 damaligen Profiklubs unter dem Dach der DFL, dass im zweiten Quartal des Folgejahres - also mit dem Abschluss des Lizenzierungsverfahrens - die Finanzdaten für das abgelaufene Geschäftsjahr in ihrer Gesamtheit offengelegt werden müssen. Die Entscheidung von 2018 sollte ein Bekenntnis zu mehr finanzieller Transparenz sein.

Bundesliga |Ordentliche Hauptversammlung 2012 von BV Borussia Dortmund
Als börsennotiertes Unternehmen unterliegt der BVB strengen Transparenz-RegelnBild: DeFodi/imago images

Der Vorteil der DFL-Regularien im Vergleich zur englischen Premier League oder spanischen La Liga besteht darin, dass die dann veröffentlichten Zahlen nach vorgegebenen Kategorien aufgeschlüsselt werden und damit vergleichbar sind. In anderen Ländern geben die Vereine die Daten nach eigenem Belieben heraus. Kritiker des Status quo betonen jedoch, dass die gesetzlichen Publizitätsanforderungen den Wettbewerb verzerrten.

Vergleichbarkeit der Daten gegeben

"Wir haben vom eingetragenen Verein mit minimalen Publizitätsanforderungen bis hin zum Börsenunternehmen mit maximaler finanzieller Transparenz nahezu alles in der Bundesliga an Rechtsformen vertreten. Da ist kein Vergleich zeitnah möglich", meint Zülch. Das angesprochene Börsenunternehmen ist Borussia Dortmund, das aufgrund der Transparenzerfordernisse der Börse Aktionäre umgehend informieren muss.

Zuletzt gab der BVB den anstehenden Transfer von Jadon Sancho mit exakter Ablösesumme bereits via Ad-hoc-Meldung bekannt, bevor der Wechsel des Engländers zu Manchester United ganz unter Dach und Fach war. Andere Bundesligisten können bei Transfers Stillschweigen über die finanziellen Modalitäten vereinbaren und sich auch ansonsten recht lange bedeckt halten. "Ein sogenanntes Level Playing Field und damit gleiche Informationsanforderungen für alle existieren nicht. Das kann man irgendwie auch als Wettbewerbsverzerrung sehen", konstatiert Zülch.

Transparenz kein Nachteil

Gelsenkirchen | Fußball: FC Schalke 04 nach dem Abstieg
Schalke 04 ist bemüht, wieder Vertrauen aufzubauenBild: Christopher Neundorf/Kirchner-Me/picture alliance

So löblich die Bemühungen der DFL auch sind, ausreichende finanzielle Transparenz herrscht in der Breite noch nicht. Dabei betonen Experten, dass der offene Umgang mit der eigenen wirtschaftlichen Lage kein Nachteil sei, sondern mehr Glaubwürdigkeit schaffe. Fans, Medien und auch potenzielle Geldgeber erhielten stärkere Einblicke in den Gesundheitszustand des Klubs und sehen etwa in einer Krisensituation, welche Maßnahmen von Geschäftsleitung und Vorstand ergriffen werden.

Schalke 04 zum Beispiel zeigte sich in der jüngeren Vergangenheit trotz Verbindlichkeiten von über 200 Millionen Euro recht offen gegenüber Fans und Mitgliedern und konnte so zumindest in Ansätzen wieder Vertrauen zurückgewinnen. An manchen Bundesliga-Standorten läuft aufgrund der Pandemie und auch etwaiger Fehlentwicklungen in den Jahren davor die Suche nach neuen Investoren oder Premiumsponsoren. Auch hier sollte die Devise lauten: Transparenz zahlt sich aus. Nur ist diese Erkenntnis noch nicht überall angekommen.