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Warum Berlin auch eine Hauptstadt der Religionen ist

23. Juli 2024

In der deutschen Hauptstadt wird gebetet: in Kirchen, Kapellen und Moscheen, Synagogen, Tempeln und Gebetsräumen. Berlin ist eine an Religionen reiche Stadt.

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Blick auf die Synagoge in Berlin-Mitte: ein Kuppelbaus mit Bögen und goldener Verzierung
Die große Synagoge an der Oranienburger Straße in Berlin-MitteBild: Schöning/IMAGO

Mit knapp 3,6 Millionen Einwohnern (Stand: Mai 2022) ist die deutsche Hauptstadt auch die größte Stadt Deutschlands. Und Berlin ist in Deutschland zugleich so etwas wie die Hauptstadt der Religionen. Dabei gehört der größte Teil der Berlinerinnen und Berliner gar keiner Religionsgemeinschaft an. Das gilt für knapp 75 Prozent der Bewohner.

Die Berliner "Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt" spricht von einer "großen Pluralität unterschiedlicher Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften". Nach Schätzungen gebe es in der Stadt mehr als 250 solcher "Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften".

Mit dieser Vielfalt, so die Senatsverwaltung, nehme die Stadt "deutschland- und vielleicht sogar europaweit eine Sonderstellung ein". Auch das "Berliner Forum der Religionen", das unter anderem die jährliche "Lange Nacht der Religionen" organisiert, nennt die Zahl von gut 250 Gemeinschaften.

Der Berliner Dom, ein großes graubraunes Gebäude mit grünen Kuppeln, im Vordergrund lagern Menschen auf einer Wiese, im Hintergrund ist der Berliner Fernsehturm zu sehen
Der Berliner Dom, evangelische Hauptkirche der StadtBild: Schöning/IMAGO

Die beiden größten Gruppen in Berlin sind die Gläubigen der evangelischen und der katholischen Kirche. In Berlin verzeichnete die evangelische Kirche Ende 2023 exakt 468.925 Mitglieder. Zehn Jahre zuvor waren es noch knapp 625.000 gewesen. Zur katholischen Kirche im Bundesland Berlin zählten 275.399 Menschen. Zehn Jahre zuvor waren es noch weit über 330.000.

Immer mehr orthodoxe Christen in Berlin

Alle anderen Religionsgemeinschaften in Berlin werden statistisch nicht exakt erfasst. So kommt zu mehr als 744.000 Christen der beiden großen Kirchen eine gewiss noch einmal sechsstellige Zahl an Christen anderer Konfessionen dazu. Die größte Gruppe bilden Gläubige der orthodoxen Kirchen, deren Präsenz in den vergangenen zehn Jahren gewachsen ist. Neben Christen aus den orthodox geprägten Ländern Mittel- und Osteuropas gilt das besonders für Menschen, die aus Ländern des Nahen Ostens geflüchtet sind.

Gerade Kirchengemeinden, deren Traditionen in Syrien oder dem Irak verwurzelt sind, erlebten zuletzt einen Aufschwung, ebenso wie solche aus der Ukraine. Auch ukrainische Kirchenvertreter können auf Anfrage keine ungefähre Zahl der orthodoxen Christen aus der Ukraine nennen, die angesichts des russischen Angriffskrieges auf ihr Land derzeit in Berlin leben.

Nach den christlichen Kirchen bilden Muslime die größte Gruppe in Berlin. Die letzte wissenschaftliche Untersuchung, die nach wie vor häufig zitiert wird, sprach im Jahr 2018 von 250.000 bis 300.000 Menschen islamischer Glaubensrichtungen in der Stadt. Neben Sunniten und Schiiten gibt es in Berlin in kleiner Zahl traditionell Muslime der Ahmadiyya-Bewegung. Das älteste islamische Gotteshaus der Stadt ist die ab 1924 errichtete und nach wie vor repräsentative Wilmersdorfer Moschee der Ahmadiyyas.

Blick auf die Ahmadiyya-Moschee, ein großes weißes Gebäude mit Kuppeln und Türmen, davor stehen Bäume
Die älteste bestehende Moschee Berlins: die Ahmadiyya-Moschee in WilmersdorfBild: Christoph Strack/DW

Auch die Gesamtzahl der Menschen jüdischen Glaubens in Berlin kann man letztlich nur schätzen. Die Jüdische Gemeinde zu Berlin spricht von rund 10.000 Mitgliedern, hinzu kommen gewiss einige tausend, die nicht formell in der Gemeinde gemeldet sind. Ein Sprecher der Gemeinde hält eine Schätzung von 20.000 Jüdinnen und Juden in der Stadt für "maßlos übertrieben". Dagegen schätzt mancher Beobachter die Zahl sogar noch höher ein.

Einzelne Bezirke der Stadt vermeldeten zuletzt einen Anstieg der Zuzugszahlen von Menschen aus Indien. Vermutlich wird das die bisherige Zahl der Hindus in der Stadt, die ebenso wie die Zahl der Buddhisten auf 5000 bis 7000 geschätzt wurde, etwas erhöhen. Verantwortliche der hinduistischen Tempelgemeinde in Berlin äußern sich entsprechend.

Religiöse Gebäude: Hunderte christlicher Kirchen in Berlin

So vielfältig wie die Religionszugehörigkeit ist auch die Vielfalt religiöser Bauten in Berlin. Nach Angaben der evangelischen Kirche gibt es (Stand Juli 2024) exakt 200 evangelische Kirchen in Berlin. Die katholische Kirche hat nach Angaben des Erzbistums Berlin in der Stadt 106 Kirchen. Hinzu kommen einzelne gottesdienstliche Räume wie die Kapelle im Berliner Olympiastadion und die Kapelle im Flughafen BER, die ökumenisch, also von beiden Kirchen zusammen, genutzt werden.

Einer der zuletzt gebauten evangelischen Gotteshäuser ist die Kapelle der Versöhnung auf dem ehemaligen Mauerstreifen an der Bernauer Straße in Berlin-Mitte, die im Jahr 2000 fertiggestellt wurde und Jahr für Jahr hunderttausende Besucher hat. Der jüngste katholische Kirchenbau ist St. Canisius im Ortsteil Charlottenburg, die bis 2002 errichtet wurde.

Die Zahl orthodoxer Gotteshäuser in verschiedenen Bezirken der Stadt ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen. Zumeist handelt es sich um umgewidmete evangelische oder katholische Kirchen.

Die russisch-orthodoxe Christi-Auferstehungs-Kathedrale von innen. Eingefasst in dunkles Holz sind Ikonen zu sehen, gemalte Bilder von Personen aus der Bibel vor einem goldenen Hintergrund
Blick in die russisch-orthodoxe Christi-Auferstehungs-Kathedrale in Berlin mit den typischen IkonenmalereienBild: Christoph Strack/DW

Auf muslimischer Seite gibt es - unverändert seit 2018 - sieben Moscheebauten und rund 90 Gebetsräume. Keiner der in Berlin ansässigen größeren islamischen Verbände erfasst die Zahl der muslimisch genutzten Bauten genauer. Auf jüdischer Seite spricht die Jüdische Gemeinde zu Berlin von acht Gemeinde-Synagogen im Stadtgebiet.

Durch ihr wachsendes Engagement in der Stadt betreibt zudem die orthodox geprägte Chabad-Bewegung, die kein Teil der etablierten Jüdischen Gemeinde ist, neben ihrer zentralen Synagoge in Berlin-Wilmersdorf sechs weitere, meist kleinere Synagogen im Stadtgebiet.

Die repräsentativsten religiösen Bauten der vergangenen Jahre waren der im Juni 2024 eröffnete buddhistische Tempel der Fo-Guang-Shan-Bewegung in Wedding und der seit über 15 Jahren im Bau befindliche Hindu-Tempel in der Hasenheide zwischen Kreuzberg und Neukölln, dessen Eröffnung derzeit für den September 2024 angekündigt ist. Auf jüdischer Seite ist das auffallende Bildungszentrum der Chabad-Bewegung im Westen der Stadt zu nennen.