Versklavung von Kindern: Anklage gegen Paar aus dem Irak
30. Dezember 2024Der Fall hat eine lange Vorgeschichte: 2002 waren Twana H. S. und seine nach islamischem Recht mit ihm verheiratete Partnerin Asia R. A. nach Deutschland eingereist. Hier radikalisierte sich das Paar aus dem Irak und reiste 2015 in den Nahen Osten - offenbar um sich der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) anzuschließen. Im Irak sollen sie sich jahrelang an zwei kleinen jesidischen Mädchen vergangen haben.
Nun steht das irakisches Ehepaar voraussichtlich bald vor dem Oberlandesgericht München. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe erhob vor dem Staatsschutzsenat Anklage gegen den Mann und die Frau wegen Versklavung, Folter und Kriegsverbrechen. Außerdem sind sie des Völkermordes und der Mitgliedschaft im IS dringend verdächtig, wie die oberste deutsche Anklagebehörde mitteilte.
Kinder ausgebeutet und versklavt
Zwischen Oktober 2015 und Dezember 2017 sollen sie dem IS angehört und im Irak und in Syrien gelebt haben. Auf Wunsch der Frau habe der Mann 2015 auf dem Basar der irakischen Stadt Mossul ein fünfjähriges jesidisches Mädchen als Sklavin gekauft, teilte die Bundesanwaltschaft mit.
Im Jahr 2017 sei noch ein zwölfjähriges Mädchen dazugekommen. Der Mann habe beide Kinder mehrmals vergewaltigt. Die Frau habe dafür das Zimmer hergerichtet und eines der Mädchen geschminkt.
Außerdem seien die Kinder wirtschaftlich ausgebeutet worden und hätten ständig Hausarbeit leisten und andere Kinder betreuen müssen. Auf vermeintliche Verfehlungen der Kinder hätten die Beschuldigten mit harscher körperlicher Gewalt reagiert. Nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft schlug Twana H. S. bei einer Gelegenheit das ältere Mädchen mit einem Besenstiel. Asia R. A. verbrühte demnach die Hand des jüngeren Mädchens mit heißem Wasser. Zur Bestrafung soll sie beide Kinder wiederholt gezwungen haben, für jeweils eine halbe Stunde auf einem Bein zu stehen.
Ihre eigene Religion hätten die Jesidinnen nicht ausüben dürfen und stattdessen islamische Glaubensregeln befolgen müssen. Vor der Ausreise aus Syrien im November 2017 habe das damalige Paar die Mädchen an andere IS-Mitglieder weitergereicht. Dies alles habe dem erklärten Ziel des IS gedient, den jesidischen Glauben zu vernichten.
Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks sind die deutschen Ermittlungsbehörden den beiden Tatverdächtigen durch Zeugenaussagen auf die Schliche gekommen. Diese hatten offenbar vom Leid der beiden Jesidinnen berichtet.
Bereits in Deutschland vorbestraft
Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet, war Twana H. S. schon einmal in Deutschland angeklagt. Demnach hatte ihn 2019 das Oberlandesgericht München wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu vier Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Laut "Spiegel" war er erst 2023 wieder aus dem Gefängnis entlassen worden.
Asia R. A. soll zur Tatzeit teilweise noch Heranwachsende gewesen sein, also jünger als 21 Jahre. Über die Zulassung der Anklage entscheidet nun das Oberlandesgericht München. Die beiden Beschuldigten waren am 9. April in Bayern festgenommen worden. Sie sitzen seither in Untersuchungshaft.
AR/fab (dpa, afp, epd, GBA, BR, Der Spiegel)