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PolitikJordanien

USA und Jordanien: Gespräch über Zukunft des Gazastreifens

12. Februar 2025

Der jordanische König Abdullah II. lehnte in Washington die Aufforderung von US-Präsident Donald Trump zur Aufnahme der Gaza-Bewohner ab. Doch er kam nicht ohne Angebot.

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Der jordanische König Abdullah II. (l) und US-Präsident Donald Trump beim Gespräch in Washington
Schwierige Verhandlungen: der jordanische König Abdullah II. (l) und US-Präsident Donald TrumpBild: Alex Brandon/AP/picture alliance

Es war mit Spannung erwartet worden, das Treffen zwischen Jordaniens König Abdullah II. und US-Präsident Donald Trump am Dienstag im Weißen Haus. Aufgrund des heiklen Themas - der Vorschläge Trumps zur Zukunft des Gazastreifens - hätte es durchaus zu einem Streit zwischen den beiden engen Verbündeten führen können. Tatsächlich wurde es zu einem bilateralen Drahtseilakt.

Die beiden Staatschefs fanden durchaus zusammen. "Jordanien könne zweitausend krebskranke Kinder aufnehmen", erklärte Abdullah II. "Das ist eine wirklich schöne Geste", antwortete Trump.

Sehr zur Erleichterung des stark von US-Hilfe abhängigen Jordaniens nahm Trump auch frühere Drohungen zurück, die Hilfe für Jordanien einzustellen oder zu kürzen - und das, obwohl der jordanische König an seiner Position festhielt, keine Palästinenser aus Gaza aufzunehmen.

"Wir zahlen viel Geld an Jordanien und Ägypten, aber ich muss damit nicht drohen", sagte Trump. "Ich glaube, wir stehen da drüber."

In der vergangenen Woche hatte Trump erklärt, die USA würden den Gazastreifen beanspruchen und in eine "Riviera des Nahen Ostens" verwandeln.

Zu diesem Zweck hatte er Jordanien, Ägypten und andere arabische Staaten aufgefordert, die rund zwei Millionen Palästinenser aus dem Gazastreifen aufzunehmen. Die Palästinenser sollten dauerhaft umgesiedelt werden, bekräftigte Trump anschließend.

Nach Ansicht zahlreicher Juristen verstößt die Vertreibung der Palästinenser aus Gaza allerdings gegen das Völkerrecht. Zugleich warnen die Vereinten Nationen vor einer "ethnischen Säuberung".

"Eine fast unmöglich aufzulösende Lage"

"Das Versprechen des jordanischen Königs, 2000 kranke palästinensische Kinder aus dem Gazastreifen aufzunehmen, dokumentiert die Hilfsbereitschaft seiner Regierung und ihre Zuverlässigkeit als Sicherheitspartner der Vereinigten Staaten", sagt Brian Katulis, Senior Fellow für US-Außenpolitik am Middle East Institute in Washington, im DW-Interview.

Ähnlich sieht es auch Erwin van Veen, Senior Research Fellow am Niederländischen Institut für Internationale Beziehungen (Clingendael-Institute) in Den Haag. "König Abdullah befindet sich in einer fast unmöglich aufzulösenden Lage", so van Veen zur DW. "Aus historischen und existentiellen Gründen kann er nicht akzeptieren, dass noch mehr Palästinenser nach Jordanien kommen. Aber er kann die Idee auch nicht rundweg ablehnen, so schlecht sie auch sein mag."

Angaben der UN zufolge beherbergt Jordanien bereits über zwei Millionen palästinensische Flüchtlinge. Beobachter gehen zudem davon aus, dass etwa die Hälfte der elf Millionen Einwohner Jordaniens palästinensische Wurzeln hat.

US-Präsident Trump den jordanischen König in Washington empfangen. Im Bild zu sehen sind auch die beiden Ehefrauen der Politiker
Bereits im Jahr 2018 hatte US-Präsident Trump den jordanischen König in Washington empfangen (Archiv)Bild: Olivier Douliery/Getty Images

Die Aufnahme von Palästinensern gilt zudem weithin als Ende einer Zweistaatenlösung, in der ein unabhängiger palästinensischer Staat neben Israel existiert. Doch eben dies ist eine zentrale Forderung Jordaniens.

Darüber hinaus werde dies einen Präzedenzfall für Zwangsvertreibungen im Westjordanland schaffen, warnte van Veen. "Darum scheint mir, dass Trump unterschätzt, wie existentiell dieses Thema für Jordanien ist."

Hoffnungen auf Arabischen Gipfel

Abdullah II. bat Trump unter Verweis auf den am 27. Februar anstehenden Arabischen Notfallgipfel in Kairo um Geduld. "Warten wir, bis die Ägypter dem Präsidenten die Ergebnisse des Gipfels vorstellen können. Überstürzen wir nichts", sagte er Trump.

Das ägyptische Außenministerium erklärte derweil seine Absicht, einen Plan für den Wiederaufbau des Gazastreifens vorzulegen. "Dieser stellt sicher, dass das palästinensische Volk in seiner Heimat bleibt."

Zudem wolle man mit der US-Regierung zusammenarbeiten, um einen umfassenden und gerechten Frieden in der Region zu erreichen, der die Rechte der in der Region lebenden Menschen wahre.

Dieser Schritt biete eine Perspektive, wenn nicht sogar Hoffnung, sagt Brian Katulis vom Middle East Institute. "Im Grunde gibt es eine Gruppe von Ländern, die bereit sind, einiges zu investieren, um die Vision eines dauerhaften, nachhaltigen Friedens zwischen Israel und den Palästinensern zu verwirklichen. Dies tun sie mit Blick auf eines von Präsident Trumps dringlichsten Anliegen, nämlich ein Normalisierungsabkommen zwischen Israel und Saudi-Arabien", so Katulis gegenüber der DW.

Während seiner ersten Amtszeit als US-Präsident hatte Trump erfolgreich diplomatische Beziehungen - die sogenannten Abraham-Abkommen - zwischen Israel und dem Sudan, Bahrain, Marokko und den Vereinigten Arabischen Emiraten vermittelt.

Da er den Deal mit Saudi-Arabien jedoch nicht abschließen konnte, bevor er von US-Präsident Joe Biden abgelöst wurde, ist er nun bestrebt, diese Mission während seiner zweiten Amtszeit abzuschließen.

"Es ist allerdings nicht ohne Ironie, dass seine eigenen Handlungen ihn weiter von seinem Traum entfernen", sagte Katulis. Ähnlich sieht es Anna Jacobs vom Thinktank Arab Gulf States Institute in Washington. "Die Saudis haben ihre Position sehr deutlich gemacht. Für sie ist die Zwangsvertreibung der Palästinenser aus ihrem Land ein aussichtsloses Unterfangen." 

Kundgebung gegen Umsiedlung der Bewohner des Gazastreifens in Amman, 7.2.2025
Gegen Umsiedlung der Bewohner des Gazastreifens: Kundgebung in Amman, 7. 2. 2025Bild: Alaa Al Sukhni/REUTERS

Rückkehr zum Krieg?

Der jordanische Besuch in Washington fiel mit dem zunehmend brüchigen Waffenstillstand zwischen Israel und der von den USA, der EU und vielen anderen Ländern als Terrororganisation eingestuften Hamas zusammen.

Am 7. Oktober 2023 hatte die Hamas israelisches Territorium überfallen und über 1200 Menschen getötet. Außerdem nahmen die Milizen rund 250 Menschen als Geiseln. Mindestens 73 von ihnen befinden sich immer noch im Gazastreifen. Angaben des israelischen Militärs zufolge sind mindestens 35 von ihnen gestorben.

Das der Hamas unterstehende Gesundheitsministerium im Gaza-Streifen teilt mit, dass durch den Krieg in dem Gebiet mindestens um die 48.000 Menschen getötet wurden. Diese Zahlen gelten den Vereinten Nationen als zuverlässig.

Anfang dieser Woche hatte die Hamas erklärt, dass die nächsten Geisel-Freilassungen verschoben würden. Israel verzögere die Lieferung humanitärer Hilfe, begründete die Hamas ihren Schritt.

Am Montag dieser Woche drohte Trump, im Gazastreifen bräche "die Hölle aus", wenn die Hamas bis kommenden Samstag  nicht alle Geiseln freilasse. Er selbst glaube aber nicht, dass die Hamas die Frist einhalten werde, erklärte er einen Tag später auf einer Pressekonferenz im Beisein von Abdullah.

Unterdessen schrieb der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf X, Israel sei bereit, das Waffenstillstandsabkommen aufzukündigen, gebe die Hamas die verbleibenden Geiseln nicht bis Samstag frei. Unklar ist derzeit, ob sich Netanjahu auf die drei Geiseln bezog, auf die sich die USA, Ägypten und Katar während der den Waffenstillstandsverhandlungen geeinigt hatten oder auf alle verbleibenden Geiseln.

Bewohner des Gazastreifens auf einem vollbeladenen, von einem Esel gezogenen Karren
Kaum Zukunftsperspektiven: Bewohner des GazastreifensBild: Dawoud Abu Alkas/REUTERS

"Weggehen ist keine Option" 

Trotz der Angst vor erneuten Kämpfen oder Vertreibungen scheinen sich viele Menschen im Gazastreifen bereits entschieden zu haben. "Selbst wenn wir hier sterben, selbst wenn wir unter den Trümmern begraben werden, ist Weggehen keine Option", sagte Mohammed al-Sawi, ein 68-jähriger Mechaniker aus Gaza-Stadt, der DW. Auch der 42-jährige Ahmad Badwan aus Gaza-Stadt ist entschlossen zu bleiben. "Dieses Land ist kostbar. Wie könnten wir es verlassen? 

"Die Bewohner des Gazastreifens fragten sich, wann sie auf eine lebenswerte Zukunft hoffen könnten, so Badwan. "In 20, 30 Jahren? Vielleicht können das die Generationen nach uns. Aber für uns selbst glaube ich kaum mehr daran."

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.

Jordanien wegen Trumps Gaza-Plänen unter Druck