Steffen Baumgart: "Das geht mir auf die Eier"
7. August 2022Rund eine Stunde nach dem Schlusspfiff nahm Kölns Trainer Steffen Baumgart auf seinem Stuhl im Pressekonferenzraum des Rheinenergie-Stadions Platz. Zunächst freute er sich über den 3:1 (0:0)-Auftaktsieg über den FC Schalke 04, doch das änderte sich wenige Minuten später. Denn der Ärger über den Wechsel seines Spielers Anthony Modeste rückte in den Vordergrund. In einer kleinen Wutrede schimpfte der 50-Jährige über den Zeitpunkt, an dem der Modeste-Wechsel zu Borussia Dortmund durchsickerte. Der 34-Jährige soll beim BVB den erkrankten Sebastien Haller ersetzen.
"Dass es heute am Spieltag rauskommt, das ist es, was mich ankotzt", sagte Baumgart und ergänzte: "Es hat auch mit Fairplay zu tun, dass man das unter dem Deckel hält und nicht großkotzig daherredet. Das ist das, was mir auf die Eier geht", erklärte er. "So sind wir vier Stunden vor dem Spiel in eine schwierige Situation gekommen, und ich habe die Arschkarte, weil ich zu Tony persönlich ein gutes Verhältnis habe und die Entscheidung treffen muss, den Jungen, der gerne gespielt hätte, rauszunehmen."
Er wolle nicht beurteilen, durch wen der bevorstehende Transfer, der am Montag finalisiert werden soll, rausgekommen ist. "Es ist egal, ob es aus Tonys Umfeld kam, von uns oder von Dortmund", sagte Baumgart: "Aber ich bin mir relativ sicher, dass es von uns nicht gekommen ist, weil wir uns nicht selbst schaden."
Baumgart: "Wir werden nicht lange in Trauer sein"
Modeste war in der abgelaufenen Saison mit 20 Toren maßgeblich daran beteiligt, dass sich die Kölner mit einem guten siebten Platz für das internationale Geschäft qualifizieren konnten. "Das gehört leider zu unserem Job dazu, dass es immer andere Klubs gibt, die mehr zahlen können, die größer sind als wir", sagte Baumgart am Mikrofon von DAZN. "Jeder kann sich vorstellen, dass das für uns vom Zeitpunkt her grenzwertig und bedenklich ist."
Dass Modeste seinem Team fehlen wird, ist klar. Die Zahlen der vergangenen Saison sprechen für sich. Der Stürmer sei ein "außergewöhnlicher Spieler", der aber schon öfter mit einem Abschied aus der Domstadt kokettiert habe, so Baumgart. Der Blick des Trainers richtete sich aber bereits vor dem Anpfiff wieder nach vorne. "Wir werden nicht lange in Trauer sein." Gegen Schalke schickte Baumgart daher Jan Thielmann und Florian Dietz auf den Platz. Die Kölner würden ihre Art, Fußball zu spielen, "unabhängig von den Spielern, die wir haben" beibehalten, betonte Baumgart.
Lob für "Modeste-Ersatz"
Und wie das aussieht, konnten sich die Gäste aus Gelsenkirchen aus nächster Nähe anschauen. Gegen den Aufsteiger zeigte der Effzeh eine starke und konzentrierte Leistung. Die Schalker haderten mit dem Videobeweis, der zur Aberkennung des Treffers von Rodrigo Zalazar und der Roten Karte für den Ex-Kölner Dominick Drexler führte. Kilian, Florian Kainz und Dejan Ljubicic trafen dagegen regelkonform für die Gastgeber. Marius Bülter gelang nur der zwischenzeitliche 2:1-Anschlusstreffer für die Königsblauen.
Die Kölner spielten ihre Überzahl geschickt aus und "Modeste-Ersatz" Dietz bekam von seinem Trainer sogar ein Extra-Lob. "Er hat eine gute Vorbereitung gespielt und Flo ist wichtig für uns in dieser Situation, wenn Tony dann weg ist", sagte Baumgart und wagte einen Blick in die Zukunft: "Wir haben gesagt, dass wir mit den Jungs arbeiten, die hier sind und versuchen die Jungs zu entwickeln und unseren Weg zu entwickeln. Solange die so Gas geben, bin ich davon überzeugt, dass wir nicht jedes Spiel gewinnen werden, aber wir werden viel Spaß mit ihnen haben, weil sie alles raushauen werden", so Baumgart.
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1. FC Köln - FC Schalke 04 3:1 (0:0)
Tor: 1:0 Kilian (49.), 2:0 Kainz (62.), 2:1 Bülter (76.), Ljubicic (80.)
Zuschauer: 50.000 (ausverkauft)
Rote Karte: Drexler (Schalke) wegen eines groben Foulspiels (35.)