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Siemens Energy tief in den roten Zahlen

7. August 2023

Massiver Rückschlag für Siemens Energy: Schäden an Windrad-Rotorblättern und aus dem Ruder laufende Kosten bei der spanischen Windkraft-Tochter Gamesa kosten den Energietechnik-Konzern Milliarden.

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Verladung von Bauteilen für eine Siemens-Windanlage
Verladung von Bauteilen für eine Siemens-Windanlage Bild: Siemens Gamesa

Massive Technik- und Kostenprobleme bei der spanischen Windkraft-Tochter Gamesa drücken Siemens Energy im laufenden Geschäftsjahr mit rund 4,5 Milliarden Euro in die roten Zahlen. Das teilte der Energietechnik-Konzern am Montag nach einer eingehenden Analyse der Qualitätsmängel bei Windrädern von Siemens Gamesa für den Einsatz an Land und der Probleme beim Hochlauf der Produktion von Windanlagen auf hoher See mit. Siemens Energy ist eine Abspaltung des Industriekonzerns Siemens und existiert seit April 2020 als eigenständiges Unternehmen. "Unsere Ergebnisse des dritten Quartals zeigen die Herausforderungen beim Turnaround von Siemens Gamesa", sagte Vorstandschef Christian Bruch. Nun will der Vorstand die Strategie im Wind-Geschäft insgesamt auf den Prüfstand stellen, das seit Jahren Negativ-Überraschungen und Verluste produziert.

"Aufgrund der Entwicklungen bei Siemens Gamesa überprüfen wir den aktuellen Strategie- und Maßnahmenplan im Windgeschäft", hieß es in der Mitteilung. Einzelheiten dazu will Bruch im November vorstellen. Allein bei Siemens Gamesa dürften im Geschäftsjahr 2022/23 (bis Ende September) 4,3 Milliarden Euro Verlust auflaufen. Bisher hatte Siemens Energy für den Konzern schon mit einem Minus von mehr als 800 Millionen Euro gerechnet. Darin waren eine halbe Milliarde Euro Rückstellungen für Garantie- und Wartungskosten enthalten, weil Teile an den Windrädern gehäuft ausfielen. Ende Juni ahnte Siemens Energy, dass das Ausmaß der Schäden größer sein würde als gedacht und warnte vor zusätzlichen Belastungen in Milliardenhöhe bei der Windkraft-Tochter. Nun sieht Vorstandschef Christian Bruch klarer: Rund 1,6 Milliarden Euro werde es kosten, die Schäden an Rotorblättern und Lagern bei den Onshore-Plattformen 4.X und 5.X von Siemens Gamesa zu beheben, teilte das Unternehmen mit. Die Turbinen liefen aber, die Reparaturen sollen größtenteils 2024 und 2025 stattfinden. Als Konsequenz will sich Siemens Gamesa von einigen Lieferanten trennen.

Schwarze Zahlen nicht in Sicht

600 Millionen Euro veranschlagt Siemens Energy für die aus dem Ruder laufenden Material- und Beschaffungskosten bei Offshore-Windrädern und den holprigen Hochlauf, bei dem Fabriken auf größere Turbinen umgerüstet und Mitarbeiter angelernt werden müssen. Gamesa hat - wie die Konkurrenz - mit den Kunden feste Preise vereinbart. Doch nun entpuppen sich viele Aufträge als verlustträchtig, weil den Herstellern die Kosten für Stahl und Energie davonlaufen.

Servicetechniker von Siemens Energy Im Offshore-Windpark vor Borkum in der Nordsee
Servicetechniker von Siemens Energy Im Offshore-Windpark vor Borkum in der NordseeBild: Siemens Gamesa

Dazu kommen negative Steuereffekte: Siemens Energy kann Verlustvorträge in Höhe von 700 Millionen Euro vorerst nicht mehr nutzen, so lange nicht absehbar ist, wann der Konzern wieder schwarze Zahlen schreibt. Im vierten Quartal geht der Vorstand rechnerisch von operativen Verlusten von mindestens 600 Millionen Euro aus.

Trotz eines riesigen Auftragseingangs rechnet Siemens Gamesa für das Geschäftsjahr 2022/23 allenfalls mit einem stagnierenden Umsatz. Im dritten Quartal brach er um zwölf Prozent ein, obwohl sich der Auftragseingang auf 7,4 (3,5) Milliarden Euro mehr als verdoppelte, unter anderem wegen Großaufträgen für Offshore-Anlagen. Das drückt das erwartete Umsatzwachstum im Konzern auf neun bis elf (bisher zehn bis zwölf) Prozent. Auch das Ergebnis vor Sondereffekten von Siemens Energy dürfte nun tiefrot ausfallen; bisher hatte der Konzern wenigstens noch mit einer Marge von einem Prozent gerechnet.

Im dritten Quartal fiel ein Nettoverlust auf 2,9 (Vorjahr: minus 0,6) Milliarden Euro an, der Umsatz stieg vergleichbar um acht Prozent auf 7,5 Milliarden Euro. Dabei läuft das restliche Geschäft mit konventioneller Energietechnik und Stromnetzen gut. In der Gaskraftwerks-Sparte etwa schnellte der Umsatz um mehr als ein Fünftel nach oben, der Gewinn vervielfachte sich auf 291 Millionen Euro. Die Netz-Sparte legte beim Umsatz 19 Prozent zu und drehte operativ ins Plus. Beide waren vor einem Jahr durch den Rückzug aus Russland in Mitleidenschaft gezogen worden. "Die starke Leistung der übrigen Geschäftsbereiche gibt mir das Vertrauen in die Fähigkeit unseres Unternehmens, Geschäfte wieder wirtschaftlich erfolgreich aufzustellen", sagte Bruch.

hb/iw (rtr)