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Siemens Energy: Heftiger Absturz bei Windrädern

23. Juni 2023

Der Energiekonzern hat erneut eine Gewinnwarnung herausgegeben, die Aktie stürzt ins Bodenlose. Die Probleme bei Windturbinen sind größer als gedacht und es gibt Schwierigkeiten bei der Produktion neuer Anlagen.

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Generatoren-Gondel und Rotoren-Nabe einer Gamesa Wndanlage
Generatoren-Gondel und Rotoren-Nabe einer Gamesa WndanlageBild: Siemens Gamesa

Nach einer erneuten Gewinnwarnung ist die Aktie von Siemens Energy abgestürzt. Zu Beginn des Xetra-Handels lag das Papier des Münchner Konzerns am Freitag vorübergehend fast 36 Prozent im Minus. Am Vorabend hatte Energy zum wiederholten Male eine Gewinnwarnung veröffentlicht und seine Gewinnprognose zurückgezogen. Dabei hatte bereits diese für das laufende Jahr Hunderte Millionen Euro Verlust vorhergesagt.

Qualitätsprobleme bei bereits installierten Windrädern an Land würden über die nächsten Jahre verteilt Kosten von voraussichtlich über eine Milliarde Euro verursachen, hieß es. Zudem kommt der Aufbau von Fertigungskapazitäten bei der besser laufenden Windkraft im Meer langsamer als geplant voran, und Effizienzprogramme bringen weniger als erhofft.

Die Rücknahme der Prognose sei "bitter" und ein "herber Rückschlag" für Siemens Energy, sagte Konzernchef Christian Bruch. Die Probleme seien bei einer Untersuchung des Turbinenbestands durch ein neues Team von Siemens Energy entdeckt worden, nachdem man erhöhte Ausfallraten festgestellt habe.

Einzelteile für die Generatoren im Siemens-Lager in Cuxhaven
Einzelteile für die Generatoren im Siemens-Lager in CuxhavenBild: Siemens Gamesa

Fehler bei Material und Design

Für Siemens Energy entwickelt sich die Windturbinen-Tochter Siemens Gamesa zum Fass ohne Boden. Die Probleme bei den bereits installierten Windkraftanlagen an Land sind größer als erwartet, zudem gelingt der Ausbau der Fertigung von neuen Offshore-Anlagen nicht wie erhofft. "Der Rückschlag ist heftiger, als ich es für möglich gehalten hätte", sagte Siemens-Energy-Chef Christian Bruch am Freitag in einem Analysten-Call.

Erst im Januar hatte Gamesa eine knappe halbe Milliarde Euro für Garantie- und Wartungskosten zurückgestellt, weil Teile an den Windrädern gehäuft ausfielen. Doch das reicht bei weitem nicht aus. "Die Qualitätsprobleme gehen deutlich über das hinaus, was bisher bekannt war", sagte Siemens-Gamesa-Chef Jochen Eickholt.

Bei einer umfangreichen Analyse habe sich gezeigt, dass Komponenten wie Lager oder Rotorblätter fehlerhaft seien. "Wir haben noch kein abschließendes Resultat, aber das Ergebnis der Untersuchung ist schlechter, als ich es für möglich gehalten habe." Zum Teil stünden auch Designprobleme hinter den Fehlern.

Dazu komme die Unternehmenskultur bei Siemens Gamesa, sagte Bruch. Die nun gefundenen Fehler beträfen vor allem die Bestandsflotte, hier zeige sich ein Mangel an Transparenz. Es sei zu viel unter den Teppich gekehrt worden. Die Auswirkungen der technischen Probleme bei bestimmten Komponenten seien noch nicht ganz abzuschätzen, da der Lebenszyklus solcher Teile rund 20 Jahre dauere, ergänzte Siemens-Gamesa-Chef Eickholt.

Im Fernwartungszentrum von Siemens Gamesa
Im Fernwartungszentrum: Siemens Gamesa ist der weltgrößte Hersteller von Windanlagen auf hoher See Bild: Siemens Gamesa

In Summe: Ein Sorgenfall

Doch nicht nur die bereits ausgelieferten Anlagen bereiten Bruch und Eickholt Kopfzerbrechen - auch der Hochlauf der Produktion von neuen Offshore-Windkraftanlagen läuft nicht so wie eigentlich geplant. Eickholt berichtete von Verzögerungen beim Bau neuer Hallen, zu spät gelieferten Werkzeugen oder Schwierigkeiten, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden.

Dazu kämen steigende Materialkosten und eine geringere Produktivität als erwartet, welche das Geschäft mit Windkraftanlagen an Land beeinträchtigten. Keines dieser Themen sei für sich betrachtet herausragend, "aber die Summe ist etwas, das uns Sorgen bereitet", sagte Eickholt. Siemens Gamesa ist der weltgrößte Hersteller von Windanlagen auf hoher See (Offshore).

"Windenergie wird gebraucht"

Dennoch sei die vollständige Übernahme von Gamesa kein Fehler gewesen, sagte Bruch. "Windenergie wird für die Energiewende gebraucht, Windenergie muss profitabel werden", betonte er. Zugleich räumte er eine Fehleinschätzung ein, die das gesamte Geschäft von Siemens Energy betrifft, das neben den Windkraftanlagen auch Gasturbinen oder Kraftwerkstechnik umfasst. "Ich dachte, Siemens Gamesa wäre das kleinere Problem - dass das nicht der Fall ist, haben wir über die vergangenen Jahre gelernt."

Gamesa gilt als besonders hartnäckiger Fall. Seit Jahren macht der Windkraftanlagenbauer immer wieder mit Verlusten und Qualitätsmängeln auf sich aufmerksam. Wiederholt musste Siemens Energy deswegen seine Prognose kappen. Erst vor wenigen Wochen hatte Siemens Energy das spanische Unternehmen vollständig übernommen, um besser durchgreifen zu können.

dk/hb (dpa, rtr)