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PolitikEuropa

Rose: Auschwitz verpflichtet Europa zur Menschlichkeit 

Keno Verseck Kamera: Bruna Kazani
5. August 2024

“Wenn wir unsere europäischen Grundwerte nicht verteidigen, dann steht es um die Menschlichkeit schlecht”, sagt Romani Rose, Vorsitzender der Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. Er sprach mit der DW anlässlich des 80. Jahrestags der Vernichtung von Sinti und Roma durch die Nazis.

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Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, äußert sich anlässlich des 80. Jahrestages der Ermordung von Sinti und Roma durch Nazi-Deutschland. Am Rand der Gedenkfeier im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau spricht Rose mit der DW. 

"Von meiner Familie sind insgesamt 13 Personen in den verschiedenen Konzentrationslagern ermordet worden - darunter meine Großeltern, die hier in Auschwitz ermordet worden sind. Für mich ist dieser Ort ein großer Friedhof. Wir wissen heute, dass insgesamt über eine Million Menschen von den Nazis fabrikmäßig ermordet worden sind. Das ist eine unvorstellbare Zahl. 

Auschwitz ist eine Verpflichtung für unsere Zeit in der Gegenwart. Das sind wir dem Vermächtnis der Opfer schuldig. Wir haben heute wieder eine Situation - ich sage das mal jetzt im Allgemeinen - wo Menschen in der Wüste verdursten, weil sie keine Heimat mehr haben, wo Menschen im Meer ertrinken, weil ihre Boote untergehen und wir darüber verhandeln, dass diese Menschen nicht vor unser Angesicht treten. Ich finde das ganz einfach schlimm.   

Mir ist natürlich vollkommen klar, dass ein einzelner Staat das Problem nicht lösen kann. Das kann nur die Europäische Gemeinschaft zusammen tun. Aber die Grundwerte - ich sage ausdrücklich die Grundwerte - sind das Fundament unseres Zusammenlebens. Darauf waren wir in Europa - in Westeuropa - stolz. Wenn wir die jetzt nicht mehr verteidigen, dann steht es um die Menschlichkeit schlecht. Wir haben einen neuen Nationalismus, einen neuen Rechtsextremismus, und diese Leute fordern wieder den Sündenbock - das ist der bequeme Weg. Ihr eigentliches Ziel ist aber die Beseitigung der Demokratie.  

Der Antiziganismus war die Ursache für die jahrhunderterlange Verfolgung. Sinti und Roma und die Juden waren für Europa die Sündenböcke. Für die Obrigkeit. Um diese Verfolgung und Pogrome zu rechtfertigen, wurden immer Klischees und Vorurteile herangezogen. Die Nazis haben daraus eine Rassenideologie gemacht. Und diese Rassenideologie war die Grundlage dafür, dass man diesen Minderheiten negative Eigenschaften zugeschrieben hat. Wohin das geführt hat, wissen wir heute aus der Geschichte. Europa ist geteilt worden, und die Nazis hätten ganz Europa in den Abgrund gerissen. Gegen diese Ansätze in der Gegenwart, dass rechte Parteien mit ihren Parolen die Verbrechen der Vergangenheit leugnen, dagegen müssen wir uns frühzeitig zur Wehr setzen.