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Politik

Ramstein Air Base: strategisch wichtig für USA und NATO

9. Juli 2024

Der US-Luftwaffenstützpunkt in Deutschland hat enorme Bedeutung für die Operationen der USA und der NATO. Umstritten ist vor allem die Steuerung von US-Kampfdrohneneinsätzen von Ramstein aus.

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Zwei graue Transportflugzeuge auf dem Rollfeld, dahinter ein weiträumiger Gebäudekomplex
Die Ramstein Air Base ist ein Drehkreuz für den Lufttransport der US-Luftwaffe weltweitBild: Oliver Dietze/dpa/picture alliance

Er ist eine Welt für sich, der US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein. Im Westen Deutschlands, nahe bei dem Ort Ramstein-Miesenbach erstreckt sich ein weitläufiges Militärgelände mit Landebahnen, Hangars und zahlreichen Gebäuden. Es ist wie eine eigene kleine Stadt mitten im ländlichen Rheinland-Pfalz, streng abgeriegelt von der hügeligen Landschaft darum herum. Und auch wenn die Air Base auf deutschem Staatsgebiet liegt, genießt sie doch wie eine ausländische Botschaft Immunität; deutsche Beamte und Politiker dürfen sie nur mit Zustimmung des US-Kommandeurs betreten.

Rund 9000 Menschen arbeiten hier. Es ist der größte Luftwaffenstützpunkt der USA in Europa. Dazu kommt das nahe Landstuhl Regional Medical Center, das größte amerikanische Militärkrankenhaus außerhalb der USA. Insgesamt leben in der Region um Kaiserslautern rund 50.000 Amerikaner einschließlich ihrer Familien. Es gibt eigene Schulen, Läden und Dienstleister, gezahlt wird oft in US-Dollars. Die US-Einrichtungen haben auch für die regionale Wirtschaft eine große Bedeutung.

Ramstein wurde immer wichtiger

Angefangen hat alles 1952 auf einem Flugplatz, den Hitlers Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg genutzt und den die US-Armee kurz vor Ende des Krieges 1945 erobert hatte. Aus dem Flugplatz und einem Verwaltungstrakt wurde nach und nach ein immer größerer Komplex für die US-Truppen in Deutschland und schließlich für die NATO.

Schwarzweißbild: Zahlreiche Panzer stehen neben- und hintereinander, dazwischen ein Geländewagen, Material und einige Soldaten
Die Anfänge: Vorbereitung auf das Lufttransportmanöver "Big Lift" 1963 in RamsteinBild: Roland Witschel/picture alliance

Seit 1971 ist in Ramstein das Military Airlift Command mit seinen Transportflugzeugen stationiert. 1973 wurde das Hauptquartier der United States Air Forces in Europe von Wiesbaden nach Ramstein verlegt. Ein Jahr später bekam Ramstein zusätzlich eine NATO-Kommandobehörde zur Führung von Luftstreitkräften. Von Ramstein aus überwacht die NATO die Raketenabwehr des Bündnisses sowie die Weltraumaktivitäten der Mitgliedsstaaten. Auch die NASA nutzt Ramstein manchmal für Forschungsflüge.

Vermutlich bis 2005 – offiziell wurde das nie bestätigt - lagerten auf der Air Base auch Atomwaffen, die nach Ansicht von Experten in dem Jahr abgezogen wurden. Der Stützpunkt Büchel in der Eifel gilt heute als einziger Ort in Deutschland, wo US-Kernwaffen gelagert werden.

Steuerung von Kampfdrohnen

Die Ramstein Air Base hat eine enorme Bedeutung für die Streitkräfte der USA, und das weltweit. Sie ist wichtigstes Drehkreuz für Fracht- und Truppentransporte der US-Luftwaffe, vor allem für Missionen in Afrika, dem Nahen Osten und Osteuropa.

Eine besondere und wachsende Bedeutung hat Ramstein außerdem durch seine Flugleitzentrale für die Steuerung von amerikanischen Kampfdrohneneinsätzen weltweit. Das führte immer wieder zu Debatten über eine mögliche Verwicklung Deutschlands in die gezielte Tötung von Terrorverdächtigen in Asien und Afrika. Der damalige US-Präsident Barack Obama sagte 2013, als Medien diese Vorwürfe erhoben, Deutschland sei kein "Ausgangspunkt" (launching point) für Drohnenangriffe – was die Vorwürfe allerdings nicht verstummen ließ. Obama hatte Drohnenangriffe zum wichtigsten Mittel im sogenannten "globalen Krieg gegen den Terror" erklärt. 

Kampfdrohne im Flug über einer Wüstengegend
US-Kampfdrohne Predator: Die USA haben zahlreiche Terrorverdächtige im Ausland mit Kampfdrohnen getötetBild: Col. Leslie Pratt/epa/picture alliance

In die Schlagzeilen geriet die Air Base auch durch mutmaßliche Flüge von entführten Terrorverdächtigen über den US-Stützpunkt Ramstein in Geheimgefängnisse.

Evakuierungsflüge aus Afghanistan

Auch für Evakuierungsflüge wird der Flughafen regelmäßig genutzt. So spielte Ramstein eine zentrale Rolle bei der Evakuierung von Menschen aus Afghanistan im Sommer 2021 nach der Machtübernahme der Taliban. Das Gelände der Air Base wurde vorübergehend zu einer riesigen Zeltstadt, wo die Evakuierten zeitweilig untergebracht waren.

Seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine haben auch Treffen der Unterstützerstaaten der Ukraine in Ramstein stattgefunden. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat mehrmals auf den Luftwaffenstützpunkt eingeladen, um mit Vertretern aus mehreren Dutzend Ländern über Waffenlieferungen an die Ukraine zu sprechen. Inzwischen spricht man oft von der Ramstein-Gruppe, wenn von den Ukraine-Unterstützern die Rede ist.

Zwei Männer stehend lachend nebeneinander, dahinter zwei amerikanische und eine ukrainische Flagge
Ukraine-Unterstützerkonferenz in Ramstein: Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (l.), hier mit dem Gastgeber, US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, darf den US-Stützpunkt nur mit Zustimmung der USA betretenBild: Heiko Becker/REUTERS

Terroranschlag und Flugschaukatastrophe

In den 80er Jahren war die Ramstein Air Base zweimal weltweit in den Schlagzeilen: Im August 1981 verübten Terroristen der Rote-Armee-Fraktion einen Sprengstoffanschlag auf den Stützpunkt, bei dem zwanzig Personen zum Teil schwer verletzt wurden. US-Militäreinrichtungen waren damals wiederholt Ziele linksextremer Terroristen.

Im August 1988 fand eine Flugschau in Ramstein statt. Als Maschinen einer italienischen Kunstflugstaffel in der Luft kollidierten, stürzte eines der Flugzeuge in die Zuschauer. 35 Menschen starben sofort, weitere 35 später an ihren Verletztungen, hunderte weitere wurden verletzt. Es war eine der größten Flugschaukatastrophen der Geschichte. Seitdem hat es in Ramstein keine Flugschauen mehr gegeben.

Eine Menschenmenge, manche laufen weg, dahinter eine Rauchwolke und Flammen
70 Menschen starben beim und nach dem Absturz von Flugzeugen einer Kunstflugstaffel 1988Bild: Kling/dpa/picture-alliance

Trump wollte weniger US-Soldaten in Deutschland

Während seiner Amtszeit als US-Präsident machte Barack Obama mehrmals auf dem Stützpunkt Ramstein einen Zwischenstopp. Das tat auch Donald Trump als Präsident 2018 auf dem Rückflug von einem Truppenbesuch im Irak.

Donald Trump war es auch, der im Sommer 2020 eine massive Reduzierung der in Deutschland stationierten US-Truppen ankündigte. Begründung: Deutschland zahle nicht genug für seine Verteidigung. Das hätte natürlich auch Ramstein getroffen. Der frühere Oberbefehlshaber der US-Truppen in Europa, General Ben Hodges, kritisierte die Pläne damals scharf. Hodges sprach gegenüber dem Magazin "Der Spiegel" von einem "kolossalen Fehler" und sagte weiter: "Die Entscheidung illustriert, dass der Präsident nicht verstanden hat, wie essenziell die in Deutschland stationierten US-Truppen für die Sicherheit Amerikas sind."

Soldaten in Tarnuniform, hinter ihnen an einer Wand eine riesige amerikanische Flagge
Donald Trump wollte 2020 die Präsenz der US-Truppen in Deutschland massiv verringernBild: Nicolas Armer/dpa/picture alliance

Die Entscheidung war mit dem Machtwechsel wenige Monate später zu dem Demokraten Joe Biden hinfällig. Wird Donald Trump erneut zum US-Präsidenten gewählt, dann könnte die US-Truppenpräsenz in Deutschland und damit auch die wichtige Rolle der Ramstein Air Base erneut infrage stehen.

 

Christoph Hasselbach
Christoph Hasselbach Autor, Auslandskorrespondent und Kommentator für internationale Politik