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"Ägypten muss offen sein"

Diana Hodali22. August 2013

Bei dem Außenministertreffen zur Lage in Ägypten hat die EU mit einer Stimme gesprochen. Der Präsident des Europäischen Parlaments a.D, Hans-Gert Pöttering, hofft, dass Ägypten das Dialog-Angebot nicht überhört.

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Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Hans-Gert Pöttering (CDU) (Foto: DPA)
Hans-Gert Pöttering ist Vorsitzender der Konrad-Adenauer-StiftungBild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Die EU hat einen Waffenlieferungsstopp nach Ägypten beschlossen. Glauben Sie, dass sich das Militär und die Übergangsregierung in Kairo von diesem Signal der EU beeindrucken lassen?

Hans-Gert Pöttering: Es geht nicht nur um den Stopp von Waffenlieferungen, sondern es geht um ein politisches Signal. Die Europäische Union will, dass Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und vor allen Dingen auch Versöhnung im ägyptischen Volk eine Chance haben. Dieser Stopp der Waffenlieferung ist der Ausdruck dieser Haltung, und ich hoffe, dass das bei dem Militär ankommt.

Aber sagt das Militär in Kairo jetzt nicht, dass Saudi-Arabien sowieso einspringen wird und alle fehlenden Mittel kompensiert?

Wenn Ägypten eine Zukunft haben will, dann muss Ägypten offen sein. Das Land hat großes Interesse daran, wie wir natürlich auch – besonders auf der Grundlage des Assoziationsabkommens, das uns seit 2004 verbindet –, dass wir gute Kontakte haben. Deswegen ist es wichtig, dass bei allen Kontakten, die Ägypten mit Saudi-Arabien hat, eben auch die Kontakte und die gute Zusammenarbeit mit Europa in Zukunft hoffentlich wieder möglich werden.

Catherine Ashton in Kairo (Foto: REUTERS)
Catherine Ashton wollte Ende Juli in Kairo vermittelnBild: Reuters

Die EU sagt, sie steht auf der Seite der Demokratie. Was genau bedeutet das denn?

Ich bin im Februar 2011 auf dem Tahrir-Platz in Kairo wunderbaren jungen Menschen begegnet, die mir gesagt haben, dass sie in Würde leben möchten. Sie möchten über ihr Leben selber entscheiden und in Freiheit leben. Sie möchten in einer Demokratie leben und in einem Rechtsstaat. Und auf dieser Seite stehen wir.

Das schließt natürlich nicht aus, dass es Menschen mit einem religiösen Bewusstsein gibt. Ein Muslim, der in seinem Glauben verankert ist und friedlich ist, ist nicht unser Gegner, sondern unser Partner. Und wir sagen allen Menschen in Ägypten: Wenn ihr es wollt, dann stehen wir an eurer Seite. Unser Ziel muss es sein, dass sich Ägypten demokratisch und vor allen Dingen rechtsstaatlich entwickelt.

Das Militär beklagt, dass es für sein Vorgehen kritisiert wird. Die Muslimbrüder sind empört, dass der Westen die Absetzung Mursis nicht als Putsch bezeichnet hat. Und die jungen Leute vom Tahrir-Platz fühlen sich in den Hintergrund gedrängt. Wie kann die EU in dieser Situation neutral bleiben?

Wir müssen durch unsere politischen Stellungnahmen zum Ausdruck bringen, dass wir auf der Seite der Freiheit stehen und dass wir für ihre Ideale eintreten. Wir können das nicht erzwingen oder durchsetzen. Das muss aus der Entwicklung Ägyptens selber kommen. Deswegen muss unser Anliegen sein, dass die derzeitige Militärregierung und auch die Muslimbrüderschaft, die tief im Volk verwurzelt ist, an einen Tisch kommen. Aber wir müssen auch die Muslimbruderschaft auffordern, jeder Form der Gewalt abzuschwören und das gleiche gilt natürlich auch für das Militär. Was wir ja besonders kritisiert haben in den vergangenen Tagen, ist die Unverhältnismäßigkeit, mit der das Militär vorgegangen ist. Wir müssen auch darauf bestehen, dass die Christen ihren Glauben leben können und dass sie nicht verfolgt werden.

EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton war bereits in Ägypten, sie hat auch mit den Muslimbrüdern gesprochen. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle war vor Ort. Beide konnten aber nicht zwischen den verschiedenen Parteien vermitteln. Wie könnte die EU einen politischen Dialog vor Ort anstoßen?

Das Außenministertreffen war ein Erfolg, weil die Europäer dort mit einer Stimme gesprochen haben. Wir haben das auch schon anders erlebt, im Falle Syriens zum Beispiel, als es darum ging, ob man der Opposition Waffen geben will. Im Falle Ägyptens, aber mittlerweile auch im Falle Syriens, ist sich die EU einig. Ich möchte ausdrücklich anerkennen, dass Lady Ashton und auch Bundesaußenminister Westerwelle sich bemüht haben. Aber den Erfolg kann man nicht erzwingen und das ehrliche Bemühen ist ja schon ein richtiger Schritt. Die Außenminister haben außerdem beschlossen, dass Lady Ashton zu einem geeigneten Zeitpunkt erneut nach Ägypten reist. Und ich hoffe, dass diese Zeichen des guten Willens nicht überhört werden. Ägypten hat ein großes Interesse daran, in geordneten Beziehungen mit der EU zu leben.

Die Muslimbrüder genießen in Teilen der Bevölkerung großen Rückhalt und es ist wohl nicht im Sinne der EU, dass diese Organisation sich radikalisiert, indem sie in den Hintergrund gedrängt wird. Wie kann die EU das verhindern?

Wir müssen alle Wert darauf legen, dass wir friedliche Muslime nicht kriminalisieren. Jeder hat das Recht, seine Religion auszuüben, aber auf der Grundlage von Gewaltfreiheit. Wir müssen der Muslimbruderschaft sagen, dass wir mit ihnen in Kontakt bleiben wollen. Wenn die muslimische Welt friedlich ist, dann ist sie unser Partner. Aber unsere Partner sind auch diejenigen, besonders die vielen jungen Menschen, die eine demokratische, parlamentarische, rechtsstaatliche Entwicklung wollen.

Hans-Gert Pöttering ist seit 2009 Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung. Die Nicht-Regierungsorganisation, die der CDU nahesteht, setzt sich national und international für politische Bildung ein. Pöttering war von 2007 bis 2009 Präsident des Europäischen Parlaments.