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PolitikSpanien

Puigdemont kehrt trotz Festnahme-Drohung nach Spanien zurück

7. August 2024

Sieben Jahre nach seiner Flucht hat der katalanische Unabhängigkeitsbefürworter Carles Puigdemont trotz drohender Verhaftung die Rückreise nach Spanien angetreten. Er sei auf dem Weg in die Heimat, teilte Puigdemont mit.

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Carles Puigdemont mit erhobener linker Faust
Carles Puigdemont im Wahlkampf im Mai 2024Bild: Adria Puig/Anadolu/picture alliance

Es sei sein demokratisches Recht, als gewähltes Mitglied des katalanischen Regionalparlaments in Barcelona an der für Donnerstag geplanten Wahl eines neuen Regierungschefs teilzunehmen, schrieb Carles Puigdemont auf der Plattform X. Die Amtseinführung des neuen katalanischen Regionalpräsidenten ist für Donnerstag um 10.00 Uhr MESZ angesetzt.

Zur Wahl steht erstmals seit Jahrzehnten mit Salvador Illa wieder ein Sozialist, der die Unabhängigkeit Kataloniens klar ablehnt. Allerdings könnte es sein, dass Puigdemont, der seit langem im Exil in Belgien lebt, in Spanien nicht weit kommt, weil die dortige Polizei schon auf ihn wartet. Sie will Medienberichten zufolge vor allem verhindern, dass er in den Sitzungssaal des Parlaments gelangt und dort die Wahl des früheren Gesundheitsministers und Sozialistenchefs Illa stören oder verzögern könnte. Vor der Sitzung hat Puigdemonts Partei Juntos per Catalunya (JxCat) für ihren Ex-Chef und früheren Regionalpräsidenten vor dem Parlamentsgebäude eine Willkommensfeier geplant.

Der Sozialist Salvador Illa und Mitstreiter nach dem Sieg bei der katalanischen Regionalwahl
Der Wahlsieger vom 12. Mai: der sozialistische Spitzenkandidat Salvador IllaBild: Quique Garcia/EPA

Illas Partei war aus der vorgezogenen Wahl im Mai als stärkste Kraft hervorgegangen, benötigt aber die Unterstützung der linken Separatistenpartei ERC, die durch Zugeständnisse bei Finanzfragen und der Förderung der katalanischen Sprache erreicht wurde. Wenn es jedoch bis zum 25. August keine neue Regierung gibt, müsste erneut gewählt werden.

Puigdemont: "Keine normalen demokratischen Verhältnisse"

"Unter normalen demokratischen Bedingungen wäre es unnötig und irrelevant, wenn ein Abgeordneter wie ich seine Absicht bekannt geben würde, an dieser Sitzung teilzunehmen", sagte Puigdemont in der am Mittwoch veröffentlichten Aufnahme, in der er vor einer katalanischen und einer EU-Flagge zu sehen war. In Spanien herrschten aber "keine normalen demokratischen Verhältnisse".

Zum einen stehe den Befürwortern der katalanischen Unabhängigkeit wegen ihrer Initiative zu einem gerichtlich verbotenen Referendum über eine Abspaltung Kataloniens von Spanien "eine lange Verfolgung" bevor, sagte Puigdemont. Zum anderen weigere sich der Oberste Gerichtshof des Landes, "dem verabschiedeten und in Kraft getretenen Amnestiegesetz Folge zu leisten".

Diese "Herausforderung" müsse "beantwortet und bewältigt" werden, sagte der katalanische Politiker weiter. Deshalb habe er die Rückreise aus dem Exil angetreten. Angesichts der "rebellischen Haltung einiger Richter des Obersten Gerichtshofs" könnten er und seine Mitstreiter "nicht schweigen".

Intervention des Obersten Gerichts

Anfang Juli hatte Spaniens Oberstes Gericht zwar wegen formaler Fehler das Verfahren wegen "Terrorismus" gegen Puigdemont eingestellt. Die spanische Justiz verfolgt den Unabhängigkeitsaktivisten allerdings auch noch wegen Unterschlagung von Geldern sowie wegen des Vorwurfs des Hochverrats. Wenige Tage zuvor hatte das Oberste Gericht Puigdemont trotz des umstrittenen Amnestiegesetzes eine Strafbefreiung mit Verweis auf den Vorwurf der Unterschlagung verweigert und den 2017 erlassenen Haftbefehl gegen ihn in Kraft gelassen. Puigdemont legte gegen diese Entscheidung Berufung ein.

In diesem Gebäude residiert der Oberste Gerichtshof in Madrid
Der Sitz des Obersten Gerichtshofs in MadridBild: JJFarquitectos/Pond5 Images/IMAGO

Die Amnestie sollte katalanischen Aktivisten zugutekommen, die nach dem gescheiterten Abspaltungsversuch Kataloniens im Jahr 2017 von der spanischen Justiz verfolgt wurden. Puigdemont war der führende Initiator des damaligen Referendums, welches das Land in eine seiner schwersten politischen Krisen stürzte. Nach seiner Flucht ins Exil wurde Puigdemont 2019 als Abgeordneter ins Europäische Parlament gewählt. Zuletzt lebte er in Belgien.

Die Zusage des Amnestiegesetzes war Voraussetzung dafür, dass die Unabhängigkeitsbefürworter im Parlament in Madrid dem Sozialisten Pedro Sánchez im November eine zweite Amtszeit als Spaniens Regierungschef ermöglichten. Puigdemonts Partei war bislang im Nationalparlament in Madrid Mehrheitsbeschaffer für Sanchez' Regierung. Ob sie bei einer Festnahme von Puigdemont die Minderheitsregierung weiter stützt, ist fraglich.

kle/sti (afp, dpa, rtr)