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Personalroulette bei Volkswagen erwartet

25. September 2015

Nach einer chaotischen Woche mit Abgas-Skandal und Aktien-Absturz soll in Wolfsburg der Neuanfang gelingen. Als Top-Favorit für den VW-Chefsessel gilt Porsche-Chef Matthias Müller. Der Aufsichtsrat berät.

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VW Volkswagen Logo (Archivbild: Sascha Schuermann/dapd)
Bild: dapd

Mit weitreichenden Personalentscheidungen will der VW-Aufsichtsrat bei seiner Sitzung an diesem Freitag einen Ausweg aus dem Abgas-Skandal suchen. Dazu ist das 20-köpfige Gremium auf dem Werksgelände in Wolfsburg zusammengekommen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr.

Im Mittelpunkt des Krisentreffens steht die Wahl des Nachfolgers von Martin Winterkorn. Der langjährige VW-Chef war am Mittwoch wegen der Affäre um manipulierte Abgaswerte bei Dieselmotoren zurückgetreten.

Porsche-Chef Matthias Müller gilt als klarer Favorit für den Chefsessel von Volkswagen. Dies berichten übereinstimmend mehrere Medien unter Berufung auf Informationen aus Unternehmenskreisen. Im Fall seiner Ernennung müsste er VW aus der tiefen Vertrauenskrise führen, in die der Abgas-Skandal den größten europäischen Autobauer gestürzt hat.

Personal-Pakete und Abgänge

Bei der VW-Tochter Porsche habe der bisherige Produktionsvorstand Oliver Blume (47) wiederum sehr gute Karten, Müller-Nachfolger zu werden, hieß es. Die Folgen der Manipulationen kosteten nach Winterkorn bereits weitere Spitzenmanager den Job. Bei den Töchtern Porsche und Audi müssen der für Forschung zuständige Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz und Audi-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg gehen, wie dpa ebenfalls aus Konzernkreisen erfuhr.

Matthias Müller, Werkzeugmacher und Informatiker, ist seit fast vier Jahrzehnten im VW-Konzern. Er begann als Azubi bei Audi, später war er unter Winterkorn Produktstratege des Konzerns in Wolfsburg. Danach integrierte Müller Porsche in das VW-Reich und trieb die Stuttgarter Sportwagenschmiede auf Rekordniveau.

Ermittlungen in den USA

Der neue Konzernchef dürfte alle Hände voll zu tun haben, um Volkswagen durch den Skandal zu steuern. Denn die Ermittlungen gegen VW wegen der manipulierten Abgaswerte nehmen in den USA immer größere Dimensionen an. Mehrere Bundesstaaten schließen sich für die Untersuchung zusammen, wie die Staatsanwaltschaft von Illinois mitteilte. Mindestens 29 Staatsanwälte seien inzwischen dabei. Der Skandal war zuerst in den USA aufgedeckt worden. Allein hier drohen dem Wolfsburger Konzern Milliardenstrafen.

Matthias Müller (Archivbild: imago)
Tritt er das schwere Erbe an? Matthias Müller (Archivbild)Bild: Imago

Und: Von den Problemen sind neben Audi noch weitere VW-Töchter betroffen. Innerhalb des Konzerns teilen sich die Unternehmen etliche Bauteile, darunter auch Motoren und Getriebe. Ein Sprecher der Volkswagentochter Skoda bestätigte, dass der enstprechende Dieselmotor vom Typ EA 189 auch bei Skoda verbaut worden sei. Bei aktuellen Modellen gebe es aber keine Probleme. Das Verkehrsministerium in Prag hat nun dazu eine Untersuchung eingeleitet und will bei einer eventuellen Rückrufaktion behilflich sein, wie ein Sprecher mitteilte.

Und andere Firmen?

Zudem steht die Frage im Raum, ob andere Hersteller ebenfalls bei ihren Abgaswerten getrickst haben könnten. BMW, Daimler, Ford, Opel und Fiat betonten, sich an alle gültigen Vorgaben gehalten zu haben. Der Autobauer BMW wies einen Bericht über angebliche Manipulationen zurück. "Grundsätzlich gilt: Bei der BMW Group wird nicht manipuliert, und wir halten uns selbstverständlich in jedem Land an die gesetzlichen Vorgaben und erfüllen alle lokalen Testvorgaben", erklärte das Unternehmen in München. Zuvor waren die Aktien des Autobauers auf Talfahrt gegangen, nachdem "Auto Bild" berichtet hatte, dass nicht nur VW-Dieselautos von Grenzwert-Überschreitungen bei Abgastests betroffen gewesen seien. So habe der BMW X3 xDrive 20d bei einem Straßentest des International Council on Clean Transportation (ICCT) den Euro-6-Grenzwert für Stickoxid um über das Elffache überschritten, schrieb das Magazin.

Das Thema beschäftigt längst auch die Politik: Nach ersten Gesprächen einer Untersuchungskommission des Bundesverkehrsministeriums teilte Minister Alexander Dobrindt mit, dass auch in Europa VW-Dieselmotoren manipulierte Abgaswerte aufweisen. Die Grünen fordern von Dobrindt eine Überprüfung auch anderer Autobauer. Die EU-Kommission forderte vollständige Aufklärung von den nationalen Behörden. Diese sollten herausfinden, wie viele Autos mit manipulativer Software ausgestattet wurden.

ml/jj/cw (dpa,rtr,afp)