1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Olympische Spiele = Touristen-Boom? Fehlanzeige!

Sonia Phalnikar
30. Juli 2024

Auch wenn Paris für die Olympischen Sommerspiele alle Register zieht, hat die Tourismusbranche der Stadt wenig Grund zur Freude.

https://p.dw.com/p/4ir5P
Touristen fotografieren Olympische Ringe an der Bastille
Wegen der Olympischen Spiele meiden viele Touristen ParisBild: Bernd Kammerer/Presse- und Wirtschaftsdienst/picture alliance

Das historische Pariser Marais-Viertel an einem Sommertag: Normalerweise ziehen Scharen von Touristen durch die Straßen und lassen sich von den vielen schicken Boutiquen, Restaurants und Museen anlocken. Momentan allerdings ist es deutlich leerer - ein Zeichen dafür, dass die Tourismusbranche unter den Olympischen Spielen in Paris leidet. Viele Touristen meiden die französische Hauptstadt.

"Die zweite Julihälfte war für die Cafés und Bars in Paris absolut katastrophal", sagt Remi Calmon von SNEG und Co, einer Gewerkschaft, die Gastronomiebetriebe in Paris vertritt.

"Die Straßen sind menschenleer, auch die Pariser sind geflohen; Überall Barrieren um die Café-Terrassen in den Sperrzonen für die Eröffnungszeremonie. Straßen und Metrostationen sind zum Teil gesperrt. Deshalb bleiben die Kunden aus", erzählt Calmon.

Berittene Polizei bei den Olympischen Spielen 2024
Die Sicherheitsvorkehrungen wurden für die Olympischen Spiele in Paris verstärktBild: Straubmeier/nordphoto GmbH/picture alliance

Restaurants, so Calmon, die sich in Hochsicherheitszonen in der Nähe der Seine befinden und rund um die Eröffnungszeremonie in der vergangenen Woche tagelang gesperrt waren, mussten Umsatzeinbußen von mehr als 50 Prozent hinnehmen. Einige machen sich sogar Sorgen, ob sie ihre Mieten und die Gehälter des Personals noch bezahlen können. "Das weckt schlimme Erinnerungen an die Covid-Zeit", sagt Calmon.

Die französische Regierung hat zwar versprochen, sich um mögliche Entschädigungen für die Unternehmen zu kümmern, aber die große Frage ist, wann die Touristen zurückkehren werden.

Paris wird gemieden

Die bisherigen Zahlen sind nicht ermutigend. Die großen Fluggesellschaften sagen, dass die Olympischen Spiele die übliche Sommerlust auf Urlaubsreisen nach Paris gedämpft haben, was zu schleppenden Buchungen und leeren Sitzen führt.

Die US-amerikanische Fluggesellschaft Delta rechnet mit einem Verlust von 100 Millionen Dollar von Juni bis August, während Air France-KLM für das dritte Quartal sogar einen Umsatzrückgang von 150 bis 170 Millionen Euro erwartet.

Die Fluggesellschaft erklärte am 1. Juli, dass die Buchungen von und nach Paris hinter denen anderer europäischer Großstädte zurückbleiben. "Die internationalen Märkte zeigen, dass Paris deutlich gemieden wird", so Air France-KLM auf seiner Website.

"Viele Menschen meiden Paris, weil sie sich nicht dem Stress in überfüllten U-Bahnen, Verkehrsstaus, möglichen Streiks und der Gefahr von Terroranschlägen aussetzen wollen", meint Gail Boisclair von PerfectlyParis, einer Agentur, die möblierte Wohnungen vermietet.

Weiträumige Absperrungen vor dem Place de la Concorde, Paris
Viele Straßen sind abgesperrt, manche Sehenswürdigkeiten sind für Touristen schlecht erreichbarBild: Straubmeier/nordphoto GmbH/picture alliance

Viele von Boisclairs Stammkunden aus den USA, vor allem Geschäftsreisende, lassen Paris ganz links liegen und steuern andere europäische Ziele an. 

Auch kleinere Tourismusunternehmen spüren den Druck. Zum Beispiel Photo Perfect Paris, das Fotoshootings für Touristen an markanten Orten in der französischen Hauptstadt anbietet. Leiterin Sophia Pagan erzählt, dass ihr Geschäft während der Olympischen Spiele auf nur drei Kunden geschrumpft sei, im Gegensatz zu 20 in einem normalen Monat.

"Alle, mit denen ich in der Tourismusbranche gesprochen habe, waren sich einig. Wir dachten, es würde während der Olympischen Spiele einen Goldrausch geben, ein wirklich herausragendes Jahr. Aber so ist es nicht gekommen", sagt Pagan.

Hohe Preise schrecken Besucher ab

Ein Hauptgrund für die Tourismus-Pleite sind die hohen Preise für alles, von Unterkünften über Hotels bis hin zu U-Bahn-Tickets. Viele Hotels haben die Preise angehoben, um von dem erwarteten Touristenansturm zu profitieren. Doch gebucht wurde wenig im Frühjahr. Die Preise sind deshalb wieder gesunken. 

Dennoch sind die Durchschnitts-Zimmerpreise in diesem Juli um fast 70 Prozent gestiegen, von 202 Euro im letzten Jahr auf 342 Euro während der Olympischen Spiele, wie das Pariser Fremdenverkehrsamt mitteilte.

Auch viele Pariser dachten, es sei ein guter Zeitpunkt, um von dem erwarteten Touristenansturm zu profitieren, und wollten ihre Wohnungen zu überhöhten Preisen vermieten. Aber diese Rechnung ist nicht aufgegangen.

Die Prognosen sind von 15 Millionen auf 11 Millionen Touristen für die Olympischen Spiele gesunken. Das Pariser Fremdenverkehrsamt geht davon aus, dass davon nur etwa 1,5 Millionen Besucher aus dem Ausland kommen.

Ein Blick auf verschiedene Buchungsplattformen zeigt, dass Tausende von Mietwohnungen immer noch leer stehen, obwohl die Preise gesenkt wurden.

Könnte sich der Tourismus noch während der Spiele erholen?

Dennoch haben einige die Hoffnung, dass sich die Situation im Laufe der Spiele wieder normalisieren wird und dass Sportfans einen Teil des Ausfalls ausgleichen könnten.

Französische Beamte und Wirtschaftswissenschaftler sagen, dass die Ausgaben der Olympia-Touristen und die staatlichen Investitionen in die Infrastruktur in diesem Jahr zu einem Anstieg der französischen Wirtschaftsleistung beitragen dürften.

Olympische Ringe vor Pariser Rathaus im Vorfeld der Sommerspiele 2024
Nicht alle verdienen sich eine goldene Nase an den Olympischen SpieleBild: Remko de Waal/ANP/picture alliance

"Wir sind optimistisch, dass die Bars und Restaurants einen Teil ihrer Verluste wieder aufholen können, wenn die Besucherzahlen im August steigen", sagt Remi Calmon von SNEG und Co. "Die Olympischen Spiele sind gut für den Ruf Frankreichs und wirklich ein herausragendes Ereignis. Aber bis jetzt ist für uns nichts Herausragendes dabei herausgekommen. Vieles hängt von den Sicherheitsmaßnahmen der kommenden Wochen ab."

Viele der olympischen und paralympischen Austragungsorte befinden sich im Herzen von Paris: Freiwasserschwimmen und Triathlon sind in der Seine geplant, Beachvolleyball am Eiffelturm, Radrennen und der Marathon im historischen Stadtzentrum. 

Für die Fotografin Sophia Pagan besteht die größte Herausforderung darin, im August Foto-Perspektiven für ihre drei Kunden zu finden. Sie sagt, die meisten der begehrten Sehenswürdigkeiten wie der Eiffelturm oder die Kathedrale Notre Dame seien zumindest teilweise mit olympischen Installationen, Logos und Sicherheitsbarrieren bedeckt und daher nur schwer zugänglich.

"Ich bin mir noch nicht einmal sicher, wo ich meine Kunden fotografieren soll, die eigentlich wegen der schönen Aussicht auf Paris kommen. Ich glaube, ich muss mir ganz neue Orte suchen", so Pagan.

Übersetzt aus dem Englischen.