1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Keine Social Media für Musk und Ye!

DW Kommentarbild Kate Ferguson
Kate Ferguson
30. Oktober 2022

Elon Musk und Kanye West mögen das Bargeld haben, um die sozialen Netzwerke Twitter und Parler zu kaufen. Aber ihnen fehlt die Zuverlässigkeit und die Eignung, um sie zu führen, meint Kate Ferguson.

https://p.dw.com/p/4IoxN
USA Elon Musk Twitter Rechtsstreit
Bild: EMMANUEL DUNAND/AFP

Vor ein paar Jahren, als meine Schwester mich in Berlin besuchte, wollten wir Segways mieten, um das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof zu erkunden, das jetzt ein Park ist. Als wir ankamen, erfuhren wir zu unserem Erstaunen, dass wir erst eine halbstündige Einführung absolvieren mussten. Der Trainer, ein etwa zwölfjähriger Junge, erklärte die Theorie. Dann mussten wir zwischen orangefarbenen Verkehrskegeln hindurchkurven. Wenn wir das beherrschten, bekamen wir die schriftliche Erlaubnis, mit dem Segway herumzustreifen.

Falls Sie sich je gefragt haben, wie sich totale Demütigung anfühlt, dann versuchen Sie mal, vor einem Kind als Lehrer und amüsierten Fremden einen Kegel nach dem anderen mit dem Segway umzunieten.

DW-Redakteurin Kate Ferguson
DW-Redakteurin Kate Ferguson

Meine Fahrerlaubnis habe ich trotzdem bekommen. Der Junge hatte vermutlich noch nie eine solche Inkompetenz wie meine gesehen. Aber es war ein hohler Sieg. Während die Sonne spektakulär über dem alten Flugfeld unterging, kämpfte ich mit der Kontrolle über das Fahrzeug.

Meine Schwester glitt mit intuitiver Anmut vorbei und rief Anweisungen. Aber ich war ein hoffnungsloser Fall. Ich bin bis heute dankbar, dass ich niemanden umgefahren habe.

An diese ernüchternde Erfahrung erinnerte ich mich kürzlich, als ich über die Qualifikation zweier Männer nachdachte, die einflussreiche Social-Media-Plattformen besitzen wollen. Der erste ist Elon Musk, der am Freitag für 44 Milliarden US-Dollar Twitter gekauft hat. Der zweite ist Kanye West, der sich mittlerweile Ye nennt, der Parler erwerben will, ein Netzwerk, das bei Rechten beliebt ist.

Wenn Sie eine Waffe kaufen wollen, dann müssen Sie in den meisten Ländern bestimmte Bedingungen erfüllen. In Deutschland müssen Sie die "erforderliche Zuverlässigkeit" und die "persönliche Eignung" nachweisen.

Angesichts der enormen Macht der sozialen Medien, zur Gewalt anzustiften, inklusive des Sturms auf das Kapitol in Washington im Januar 2021, müssen dieselben Kontrollen von Eigentümern dieser Websites gefordert werden. Ein flüchtiger Blick auf die Biografie der beiden Männer zeigt, dass ihnen die erforderliche Zuverlässigkeit und die persönliche Eignung unbestreitbar fehlen.

Elon Musk ist neuer Twitter-Chef

Schauen wir zuerst auf Musk. Sein Twitter-Profil enthüllt eine sprunghafte Persönlichkeit mit einem Hang dazu, aus einer Laune heraus Nachrichten zu posten, die die Wertpapiermärkte erschüttern. Von der aus der Luft gegriffenen Ankündigung, dass er Tesla von der Börse nehmen werde (Aktien stiegen um sechs Prozent) bis zu der Behauptung, sein Konzern sei überbewertet (Anteile sanken um zehn Prozent), hat er alles gezeigt, aber nicht die erforderliche Zuverlässigkeit, ein soziales Netzwerk zu managen. Auch das Drama um Musks Wird-er-wird-er-nicht-Twitter-Kauf war eine weltweite Premiere, die die "Financial Times" treffend umriss als eine einmalige Unternehmensgeschichte, in der das Kaufobjekt gleichzeitig das Schlachtfeld ist, auf dem der Deal verhandelt wird.

Musks Freund Kanye West/Ye zeigt mit seinen jüngsten Brandstiftertricks und antisemitischer Rhetorik ebenfalls ein krasses Scheitern von Verantwortung. Ob es seine Werbung für "White-Lives-Matter"-T-Shirts bei der Paris Fashion Week war oder seine Drohgebärden gegen Juden: Der zum Unternehmer mutierte Rapper hat offensichtlich nicht das richtige Naturell, um eine gefährliche Plattform zu leiten, vor allem nicht eine, die großflächig genutzt wurde, um den Angriff auf das Kapitol 2021 zu organisieren. Der deutsche Sportkleidungskonzern Adidas hat das jüngst begriffen und seine Verbindung mit dem umstrittenen Promi gekappt.

Adidas wirft Kanye West raus

Kürzlich aufgetauchte Fotos von Personen, die über einer Autobahn in Los Angeles Transparente mit der Aufschrift "Kanye hat recht mit den Juden" hochhalten, während sie den Hitlergruß zeigen, verdeutlichen das Risiko, dass Social-Media-Plattformen in die falschen Hände geraten.

Sie fragen sich vielleicht: Wohin würde uns eine Social-Media-Landschaft von Musk und Ye bringen? Nun, wenn Sie die Überleitung gestatten: Es wäre wie Segways für alle auf dem Tempelhofer Flugfeld, wenn ich für die Ausleihe zuständig wäre. Es gäbe keine Absperrungen, keine Verhaltensregeln und nichts, das Zusammenstöße verhindert. Die Person mit der geringsten Eignung und Zuverlässigkeit wäre verantwortlich. Mit anderen Worten: Es wäre das pure Chaos, das nur auf den Unfall wartet.

Adaption aus dem Englischen: Beate Hinrichs