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Elon Musks Popcorntüte und der Twitter-Deal

Mischa Ehrhardt
14. September 2022

Die geplatzte Übernahme von Twitter durch Elon Musk geht in eine neue Runde. Die Aktionäre des Kurznachrichtendienstes haben beschlossen, das Kaufangebot von Musk anzunehmen. Nur: Der will Twitter gar nicht mehr haben.

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Twiter-Logo über den Eingang zur New Yorker Börse
Twiter-Logo über den Eingang zur New Yorker BörseBild: EMMANUEL DUNAND/AFP

Auf dem Twitter-Konto von Elon Musk erschien am Dienstag das kleine Icon einer Popcorntüte. "Das beobachte ich gemütlich von der Couch aus", sollte das in etwa heißen. Es begann gerade die Video-Aktionärsversammlung bei Twitter. Das zeugt von Humor und Selbstbewusstsein. Immerhin ging es bei der Versammlung um 44 Milliarden Dollar. Das ist der Preis, den Elon Musk für Twitter auf den Tisch legen wollte.

Kurz darauf stand der Entschluss der Twitter-Aktionärinnen und Aktionäre - die erst strikt dagegen waren -  fest: Wir halten an dem Verkauf des Unternehmens an Elon Musk fest. Damit steht dem Deal jetzt nur noch eine Kleinigkeit im Weg: Elon Musk will das Unternehmen gar nicht mehr haben; sein Angebot über besagte 44 Milliarden Dollar hat er längst zurückgezogen. Ob der Milliardendeal verbindlich war oder nicht, werden ab Mitte Oktober Gerichte klären. Was bisher geschah, ist eindeutiger.

Die Geschichte des Übernahmeversuchs

Zu Beginn des Jahres begann Elon Musk, Aktien von Twitter aufzukaufen. Im April erfolgte dann nach einigem Ringen das Kaufangebot über 44 Milliarden Dollar. Dieser schwindelerregende Preis passte zumindest zu Elon Musks Ambitionen - einmal mehr waren seine Pläne groß: Twitter solle unter seiner Regentschaft zu nichts weniger mutieren als zur größten Plattform weltweit für "freie Meinungsäußerung". Was sich der reichste Mann der Welt darunter vorstellt, daraus hat er keinen Hehl gemacht.

Die Entscheidung Twitters, das Nutzerkonto von Donald Trump nach dem Sturm auf das Kapitol zu sperren, wollte er rückgängig machen. Regeln für ein Mindestmaß an Kontrolle und Prüfung der Social-Media-Plattformen gegen Hassreden oder verhetzende Inhalte? Verstoßen in den Augen des reichsten Mannes der Welt gegen besagte freie Meinungsäußerung.

Das Twitter-Profil von Elon Musk
Das Twitter-Profil von Elon MuskBild: Scott Olson/Getty Images

Sein ausgesprochenes Ziel jedenfalls war es, die Nutzerzahlen bei Twitter möglichst schnell auf eine Milliarde erhöhen zu wollen. Dabei geht es natürlich auch um Profitabilität. Denn anders als Konkurrenten wie Facebook hat es Twitter noch nicht geschafft, Gewinne aus seinen Nutzerinnen und Nutzern zu ziehen. Deswegen hatte Musk gleich zu Beginn des Übernahmeversuchs davon gesprochen, die Zahl der rund 7500 Beschäftigten deutlich reduzieren zu wollen. Kosten runter, Werbung und Reichweite rauf, so die Formel seines angedachten Erfolgsrezeptes.

Streit um Fake-Accounts

Ambitioniert war das, weil die Zahl der bisherigen Nutzerinnen und Nutzer nur bei rund 230 Millionen Menschen liegt - sagt jedenfalls Twitter. Es sind viel weniger, sagt Elon Musk. Einige Wochen nach seinem Übernahmeangebot äußerte er diese Zweifel zum ersten Mal; und zog deswegen schließlich sein Übernahmeangebot im Juli wieder zurück. Der Streit ist entbrannt an der Anzahl falscher Konten bei Twitter. Das Unternehmen selbst behauptet, die Zahl der falschen Accounts liege bei rund fünf Prozent. Musk hält dagegen, es dürften mindestens 20 Prozent Fake-Accounts sein. Weil diese Frage natürlich entscheidend ist für die Perspektive, Geld durch Twitter zu machen, hatte Musk den Deal auf Eis gelegt.

Belegt hat er diese Zweifel bislang nicht, zumindest nicht ernsthaft. Im Scherz hatte der Tesla-Gründer auf einer Konferenz erklärt, er könne das deswegen ableiten, weil er derjenige sei, der weltweit bislang die Twitter-Nachricht mit den meisten Reaktionen gepostet habe. Und da das nur wenige Millionen Reaktionen waren, glaube er nicht an die von Twitter angegebenen fünf Prozent falscher Konten.

Rückenwind könnte Elon Musk in der Auseinandersetzung mit Twitter nun durch Aussagen des ehemaligen IT-Sicherheitschefs von Twitter, Peiter Zatko, bekommen. Der attestierte dem Unternehmen in einer Anhörung im US-Senat gravierende Sicherheitslücken, die ein reales Risiko für Millionen seien und sogar die nationale Sicherheit gefährdeten. Er selbst habe das zu seiner Zeit bei Twitter nicht verbessern können, weil die Konzernführung Profit vor Sicherheit gestellt hätte. Das Unternehmen weist die Vorwürfe natürlich zurück. Dennoch dürften sie beim Prozess um den Übernahmedeal ab Oktober eine Rolle spielen. Elon Musk hat über seine Anwälte seine Argumente gegen den Deal mit den Vorwürfen ergänzt, die zuständige Richterin hat die Ergänzungen angenommen.

Fest steht jedenfalls, dass seit diesen seit Monaten anhaltenden Diskussionen der Kurs der Twitter-Aktien eingebrochen ist. Lag das ursprüngliche Angebot pro Aktie bei rund 54 Dollar, sind es heute nur noch gut 40. Das wiederum ist der Grund, warum die Aktionärinnen und Aktionäre den Deal gerne zu den ursprünglichen Konditionen durchsetzen wollen - auch vor Gericht. Interessant wird dann zu beobachten, ob am Tag der Urteilsverkündung über 44 Milliarden Dollar auf Elon Musks Twitter-Account wieder eine Popcorn-Tüte zu sehen sein wird.