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Langen: "Wie eine Achterbahn"

Olivia Gerstenberger29. Januar 2014

Die deutschen Bobfahrer schneiden bei Winterspielen traditionell gut ab. Mindestens drei Medaillen will der deutsche Bundestrainer Christoph Langen in Sotschi holen. Das Wetter ist ihm dabei ziemlich egal.

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Chef-Trainer der deutschen Bob-Nationalmannschaft, Christoph Langen
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Die deutschen Bobpiloten haben seit 20 Jahren stets mindestens eine Goldmedaille geholt. Nach dem etwas schleppenden Saisonbeginn ist noch etwas Luft nach oben für Ihre Athleten, wie sind die denn in Form, so kurz vor Sotschi?

Christoph Langen: Luft nach oben ist immer. Wir wollen natürlich immer das Maximum erreichen, und das haben wir auch drauf. Es ist alles möglich. Aber es wird uns nichts geschenkt, die anderen schlafen auch nicht. Wir müssen sehen, ob wir zum Schluss das nötige Quäntchen Glück haben. Wir hatten in diesem Jahr zwei vierte Plätze, die eine Hundertstel hinter dem Dritten waren. Vielleicht haben wir bei den Olympischen Spielen Glück, dass das Hundertstel auf der richtigen Seite ist.

Sie selbst sind ja auch sehr erfolgreich gewesen, waren bei vielen Olympischen Spielen dabei - was ist das Besondere an diesen in Sotschi ?

An diesen werden es vor allem die Sicherheitsvorkehrungen sein, die wir haben werden. (lacht) Ich schätze, das wir uns leider nicht ganz so frei bewegen können wie bei den anderen Olympischen Spielen, sondern dass wir dort sehr eingeschränkt werden durch die Sicherheitsvorkehrungen.

Erste Spiele nach André Lange

Neben dem russischen Team, das als Gastgeber zu den Favoriten gehört, haben auch andere Nationen aufgeholt – welche Nationen sind aus Ihrer Sicht Medaillenkandidaten?

Ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann einmal im Bobbereich so viele Nationen so stark waren. Ich glaube, das sind sieben Nationen, die um Gold mitfahren. Das sind etwa die Letten, die Amerikaner, die Kanadier, die Schweizer. Dann kommt bestimmt die eine oder andere Überraschung. Großbritannien ist im Vierer ganz stark, die haben jetzt auch schon die zweite Mannschaft zu Olympischen Spielen gebracht. Alle Nationen haben zwei bis drei Schlitten. Also haben wir schon 15 Schlitten, die um die Medaillen kämpfen. Es wird ganz, ganz eng. Das sieht man schon in den Weltcuprennen, dass wir mit Platz neun zwei Zehntelsekunden hinter dem Ersten sind. Und wenn in zwei Zehntel zehn Platzierungen sind, wird es schon eng.



Es sind die ersten Olympischen Spiele nach dem Rücktritt des erfolgreichsten deutschen Bobfahrers, André Lange. Was hat sich seither getan?

Ich denke, in den vier Jahren haben wir geschafft, dass wir nicht nur eine Mannschaft haben. André Lange hat das Geschehen in Deutschland sehr extrem bestimmt. Es gab eigentlich nur dieses eine Team. Dieses Jahr sind wir mit allen sechs Teams in den Favoritenrollen. Francesco Friedrich, Maximilian Arndt und Thomas Florschütz als Oldie in unserer Mannschaft. Und bei den Frauen natürlich die beiden erfahrenen Cathleen Martini und Sandra Kiriasis sowie die junge - sie hat schon Olympische Spiele mitgemacht, aber als Anschieberin - Anja Schneiderheinze, die es jetzt auch geschafft hat. Vom Potenzial her sind wir sehr stark und sehr breit aufgestellt.

Abwechslungsreiche Bahn mit Bergaufstrecken

Sie waren schon in Sotschi, haben sich den Eiskanal angeschaut. Was ist neu und was ist besonders?

Neu sind die drei Bergauf-Strecken, die wir haben. Das gab es schon einmal, in Nagano, aber nicht in diesem Maße. Bis zu 16 Prozent geht es da berghoch und gleich auch wieder bergrunter. Die Geschwindigkeitsunterschiede sind sehr groß. Da wird man abgebremst von 140 Stundenkilometern auf 130 und 150 Meter weiter ist man schon wieder 145 Stundenkilometer schnell. Das ist wie eine kleine Achterbahn. Für die Piloten ist es sehr schön zu fahren, auch sehr abwechslungsreich. Aber es ist auch sehr, sehr schwierig, schnell zu sein und über zwei Tage konstant zu fahren. Das wird die große Herausforderung werden.



Eine Herausforderung für die Verantwortlichen vor Ort ist auch das Klima. Sotschi ist eine subtropische Stadt am Meer, in den Bergen ist es nur wenig kälter. Wie wirkt sich das auf die Eisbahn aus?

Ich bin unheimlich glücklich darüber, dass unsere Sportstätte überdacht ist und wir nicht von der Außentemperatur, vom Schneefall abhängig sind. Es ist eine künstliche Eisbahn. Es kann also ruhig regnen, schneien, egal was. Wir stehen unter einem Dach. Über das Wetter mache ich mir eigentlich weniger Sorgen. Für uns Trainer ist es natürlich günstiger, wenn es nicht gerade minus 20 Grad sind, sonst frieren wir so an der Bahn.

Die deutschen Bobpiloten gelten seit jeher als Favoriten bei Winterspielen. Wie viele Medaillen peilen Sie an?

Ich wäre eigentlich glücklich, wenn wir in jeder Disziplin eine Medaille holen, also bei den Frauen und den Männern im Zweier und im Vierer. Neun kann man maximal holen, wenn wir 30 Prozent holen, sind wir im grünen Bereich. Das ist realistisch. Wenn es ein bisschen besser läuft, wird es vielleicht auch eine vierte oder fünfte Medaille. Wir werden sehen, ich habe mir fest vorgenommen, dass wir mindestens drei holen.

Christoph Langen ist einer der erfolgreichsten ehemaligen Bobfahrer Deutschlands. Bei Olympischen Winterspielen holte er zwei Gold- und zwei Bronzemedaillen und gewann insgesamt sieben Welt- und Europameisterschaften. Seit 2010 ist er Bundestrainer des deutschen Bobkaders.

Das Interview führte Olivia Gerstenberger.

Olympische Bob- und Rodelbahn Sanki
Bei der neuen Bob- und Rodelbahn geht es dreimal bergaufBild: picture-alliance/dpa
Bobpilot Andre Lange jubelt
André Lange sorgte konstant für deutsche BobmedaillenBild: picture-alliance/dpa