Kunst-Lotterie für UN-Flüchtlingshilfe
21. Oktober 2020"Heart - 100 artists. 1 mission"- so heißt die Ausstellung, die im September 2020 in Bonn ihren Anfang nahm und sich nun in Hamburg fortsetzt. Als letzte Station folgt im November die Berlinische Galerie in Berlin. Hinter der Ausstellung verbirgt sich eine publikumswirksame Spendenaktion, die so zum ersten Mal stattfindet.
Eine Ausstellung - drei Standorte
Konzentrierte Geschäftigkeit, leise Stimmen, die über technische Details der Hängung beraten. Vor den leeren Garderoben im Tiefgeschoss des Bonner Kunstmuseums sieht es kurz vor der erstmaligen Eröffnung der Schau "Heart - 100 artists. 1 mission" aus wie auf einer Baustelle: Werkzeug, Kleber, Lineal und Papiercutter liegen auf der Theke. Kunstvoll beleuchtete Vitrinen in Steingrau harren der kleinformatigen Kunstwerke, die ausgebreitet auf einer langen Tischplatte mit Holzböcken liegen. Alle im Aufbauteam arbeiten sorgsam mit Handschuhen, um die empfindliche Oberfläche der Arbeiten - Fotografien, Zeichnungen, Malerei und kleine Skulpturen - nicht zu beschädigen.
Zunächst im Bonner Kunstmuseum und jetzt in der Hamburger Kunsthalle wurden 100 Arbeiten von 100 Künstlern platziert, die für eine Kunst-Lotterie der Bonner UN-Flüchtlingshilfe gespendet wurden.
100 Künstler engagieren sich
Diese Lotterie machten 100 Künstler überhaupt erst möglich: International bekannte, wie Jenny Holzer, Jochen Gerz, Rune Mields, Olafur Eliasson, Anish Kapoor, Markus Lüpertz oder Anselm Kiefer, und regional beheimatete, die sich politisch seit langem in der Flüchtlingshilfe engagieren, wie beispielsweise Wolfgang Niedecken, Künstler und Frontsänger der Kölsch-Rockband BAP.
"Das sind 100 Künstler, die unter der Überschrift 'Heart - 100 artists. 1 mission' gemeinsam mit uns ein Zeichen der Humanität setzen wollen - für die fast 80 Millionen Menschen, die auf der ganzen Welt auf der Flucht sind", erklärt Peter Ruhenstroth-Bauer, der Geschäftsführer der UN-Flüchtlingshilfe in Deutschland, im Interview mit der DW.
Teilnehmen kann jeder, der eines oder mehrere der 25.000 Lose im Wert von je 40 Euro erwirbt. Der Betrag passt zu einem runden Geburtstag: Der deutsche Ableger des Internationalen Flüchtlingshilfswerks UNHCR feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen.
Wer mitmacht, kann sich Hoffnung machen: auf eine wertvolle Zeichnung, eine kleine Skulptur oder eine hochwertige Fotografie. Der deutsche Fotograf Martin Schoeller, der in New York lebt und arbeitet, hat sein Obama-Porträt im Kleinformat gespendet, das man sonst nur im großen "Close Up" kennt.
Weitere renommierte Fotografen sind bei der Kunst-Lotterie dabei, wie etwa Regina Schmeken oder auch Thomas Ruff und Candida Höfer, beides Vertreter der renommierten Düsseldorfer Schule. Manche Motive sind historische Momentaufnahmen, wie der ”Fall der Mauer” (1989) von Barbara Klemm, andere hochaktuell: Die afghanische Flüchtlingsfrau hat Herlinde Koelbl im Flüchtlingslager auf Lampedusa fotografiert (s. Artikelbild).
Lotterie nur mit staatlicher Genehmigung
Peter Ruhenstroth-Bauer hat die Lotterie als künstlerischen Beitrag zum Jubiläum der Organisation, die seit 1980 in Bonn ihren Hauptsitz hat, im vergangenen Jahr initiiert. Sachkundig unterstützt hat ihn Marlene von Carnap aus London, die als Kuratorin der Galerie Michael Werner nicht nur die internationale Kunstszene gut kennt, sondern auch Erfahrung mit größeren Charity-Projekten hat. Beide telefonierten quer durch den Kunstbetrieb, mit Erfolg.
"Ich habe jedem Künstler auch ganz persönlich geschrieben. Und erläutert, wer wir sind und wie die humanitäre Situation der Flüchtlinge im Mittelmeerraum derzeit aussieht. Und wir hatten ein überwältigendes Echo“, sagt Geschäftsführer Ruhenstroth-Bauer. Die Resonanz bei den Künstlern sei durchweg positiv gewesen, alle waren sofort zur Sachspende einer wertvollen Arbeit bereit.
Nur der Begriff "Lotterie" erwies sich bei der Organisation anfangs als Hürde der deutschen Bürokratie: "Für das Glücksspiel besitzt der Staat in Deutschland das absolute Monopol”, erklärt Ruhenstroth-Bauer. Nach Durchlaufen strenger Prüfinstanzen und dank wohlmeinender Unterstützung der Behörden wurde die Charity-Aktion dann für 2020 genehmigt.
Sponsoren für Aufbau und Kunst-Transport
Die Vorgabe war für alle Künstler eher ungewöhnlich: Nur Arbeiten im DIN-A-5-Format waren erwünscht. Da die ausgestellten 100 Kunstobjekte auf Rundreise durch mehrere Museen in Deutschland gehen, waren Transport- und Aufbaukosten ein wichtiger Faktor bei der Planung der Spendenaktion. Auch die beteiligten Firmen sind engagierte Sponsoren des Projektes und arbeiten unentgeltlich.
Und selbst die Bildhauer hielten das Format ein: Auch kleinere Skulpturen oder zart gegliederte Wandreliefs sind dabei. Kunstvoll angestrahlt wurden sie auf dem Boden der Vitrinen platziert.
Kunstaktion für die Flüchtlingshilfe
Die Gewinnchancen bei dieser Kunst-Lotterie sind hoch: 1:250. Davon können Lottospieler nur träumen. Ein Missbrauch wird dabei unterbunden: Der kommerzielle Weiterverkauf der gewonnenen Werke ist für fünf Jahre untersagt. Als Spendeneinnahmen aus den 25.000 verkauften Losen erhofft sich Ruhenstroth-Bauer weit mehr als eine Million Euro - sofern die Spender den Betrag für ihre Lose noch großzügig aufstocken.
Die 100 Kunstobjekte sind nach dem Bonner Kunstmuseum jetzt in der Hamburger Kunsthalle (20. Oktober bis 8. November) und danach in der Berlinischen Galerie (18. bis 26. November) zu sehen. Am Schluss geht alles in die Verlosung. Die Lostrommel wird am letzten Tag der Ausstellung in Berlin in Gang gesetzt und die glücklichen Gewinner der Kunstwerke werden gezogen..
Der Reinerlös der Kunst-Lotterie - abzüglich der Glücksspielsteuer - fließt am Ende vollständig in die Arbeit des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) ein.
Dies ist eine aktualisierte Version eines bereits zuvor veröffentlichten Artikels.