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KlimaGlobal

Klima und Schulden: Was bringt der Finanzgipfel in Paris?

Tim Schauenberg
21. Juni 2023

Ohne Geld gibt es keinen Klimaschutz. In Paris wollen Staatschefs nun Schulden- und Klimareformen vorantreiben. Noch wird global viel zu wenig investiert, um die Folgen der Klima-Erwärmung zu mildern.

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Emmanuel Macron vor Fahne
Frankreichs Präsident Macron will "einen neuen Konsens" für die global Finanzarchitektur Bild: Ludovic Marin/AFP/Getty Images

Es ist teuer, den Anstieg der weltweiten Temperaturen aufzuhalten und sich auf die unausweichlichen Folgen des Klimawandels vorzubereiten. Doch immer noch wird weltweit zu wenig in den Klimaschutz investiert. Das liegt auch an den multinationalen Finanzinstitutionen.

Zahlreiche hochrangige Staats- und Regierungschefs aus Industrie- und Entwicklungsländern treffen sich diese Woche in Paris zu zweitätigen Beratungen über die internationale Finanzarchitektur und Finanzierungsmodelle für mehr Klimaschutz.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte bei der letzten Klimakonferenz (COP27) in Ägypten den "Gipfel für einen neuen globalen Finanzpakt" angekündigt. Das Ziel sei es, "einen neuen Konsens" zu erreichen sowohl bei den Klimazielen, bei der Bekämpfung der Klimakrise und auch für den Schutz der Artenvielfalt.

An der Konferenz werden neben Macron unter anderem auch Ursula von der Leyen, die Leiterin der EU Kommission, Bundeskanzler Olaf Scholz und die Premierministerin von Barbados, Mia Mottley erwartet, eine wichtige Stimme der Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen.

Klimawandel erhöht Finanzbedarf der Entwicklungsländer 

"Der Klimawandel nimmt Fahrt auf und beschleunigt den Finanzbedarf vieler Entwicklungsländer", erklärt Lola Vallejo, Direktorin des Klimaprogramms vom französischen Institut für Nachhaltige Entwicklung und Internationale Beziehungen (IDDRI).

Internationale Finanzinstitutionen, wie die Weltbank oder der internationale Währungsfonds (IMF), seien nicht darauf ausgelegt.

"Die Institutionen, die wir heute haben, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Zeit gegründet, in der etwa die Hälfte der heutigen Staaten noch nicht existierten", so Vallejo weiter. "Sie sind darauf ausgerichtet, dass die Macht und die Möglichkeit, Regeln festzulegen, in den Händen der entwickelten Länder bleibt."

Laut dem Internationalen Währungsfond haben 43 von 59 Entwicklungsländern, die besonders stark vom Klimawandel betroffen sind, ein hohes Risiko, durch den Klimawandel in eine Finanzkrise zu schlittern.

Gruppenbild der Staatschefs der Afrikanischen Union
Zinsaussetzungen für ihre Schulden würden Entwicklungsländern enorm helfen, in die Klimawende zu investieren Bild: Amanuel Sileshi/AFP

Schuldenerlass für Klimaanpassung in ärmeren Ländern?

Grund dafür sei ihre schwache Wirtschaft sowie eine enorm hohe Verschuldung, die den finanziellen Spielraum der Staaten für Investitionen in die Anpassung an den Klimawandel, aber auch in den Wiederaufbau und die Stärkung der Wirtschaft nach Klimakatastrophen erheblich einschränkt.

Viele Entwicklungsländer würden heute mehr Geld für die Bedienung ihrer Kredite benötigen als sie für ihre Programme für eine nachhaltige Entwicklung und die Anpassung an den Klimawandel bräuchten, erklärt Vallejo. "Wenn sie also die Zahlung dieser Zinsen aussetzen könnten, hätten sie genug, um ihre Pläne zu realisieren." 

Schuldenerlass und die Aussetzung von Zinszahlung wird eines der Themen des Gipfels sein, ebenso wie ein besserer Zugang für Entwicklungsländer zu Notfalltöpfen des IMF. Da Industrieländer einen größeren Anteil am IMF halten, haben sie das Recht auf mehr Geld aus den Reserven, sogenannte Special Drawing Rights, rufen diese aber häufig nicht ab.

Mia Mottley, Premierministerin von Barbados, hatte im vergangenen Jahr viele Entwicklungsländer zu der sogenannten "Bridgetown Initiative" vereint. Eine der Forderungen: die ungenutzten Gelder aus dem Fonds sollen bedürftigen Ländern in der Klimakrise zur Verfügung gestellt werden.

Für Friederike Röder von der Nichtregierungsorganisation Global Citizen könnte der Gipfel in einem fragmentierten globalen Finanzsystem, das mit einem Vertrauensverlust zu kämpfen habe, eine "historische Chance" sein. Es sei der erste Gipfel seit langem, der sich ausschließlich auf Finanzen konzentriere. "Die Frage ist, ob diese Gelegenheit in einen gewissen Fortschritt umgesetzt wird. Oder ob es eine verpasste Gelegenheit sein wird", so Röder.

Menschen in einem Dorf machen Feuer vor Holzhütte
Arme Länder haben kaum Kapazitäten auf Naturkatastrophen zu reagieren. Menschen in Pakistan leiden immer noch unter den Folgen der Überschwemmungen im vergangenen JahrBild: Ali Kaifee/DW

Am meisten bedrohte Länder fordern mehr Unterstützung 

Der Grundkonflikt der Debatte: Besonders vom Klimawandel betroffene Länder fordern von reichen Industrieländern, die historisch den größten Anteil an der Klimakrise haben, sie bei der Anpassung und beim Klimaschutz finanziell mehr zu unterstützen. Obwohl sich reiche Länder lange dagegen gewehrt hatten, hat man sich bei COP27 in Ägypten im vergangenen Jahr nach zähem Ringen darauf geeinigt, einen Fonds für Schäden und Verluste für besonders betroffene Länder einzurichten. Die Koalition um Barbados fordert, ihn mit 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr auszustatten.

Wer wieviel dort einzahlt und unter welchen Kriterien das Geld verteilt werden soll, ist dabei noch völlig unklar. Die Industrieländer hatten bereits 2009 in Kopenhagen versprochen, bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar aus öffentlichen und privaten Quellen für Klimaschutz in Entwicklungsländern zu mobilisieren. Dieses Versprechen wurde bisher nicht eingehalten. Im Mai kündigte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock allerdings an, dass die Summe in diesem Jahr endlich erreicht werden könne.

Es ist jedoch klar, dass das bei weitem nicht ausreichen wird. Laut dem IMF müssten bis Mitte des Jahrhunderts geschätzt mehrere Billionen Dollar jährlich in den Klimaschutz und die Anpassung an einen wärmeren Planeten investiert werden. Allein afrikanische Länder werden bis 2030 Investitionen in Höhe von mindestens drei Billionen Dollar benötigen. Weltweit werden heute aber nur etwa 600 Milliarden Dollar pro Jahr investiert. 

 

Mann an einer Photovoltaikanlage
Private Investitionen in Entwicklungsländer sind unverzichtbar bei der globalen EnergiewendeBild: Schalk van Zuydam/AP Photo/picture alliance

Mehr private Investitionen nötig 

"Wir wissen, dass das Geld aus öffentlicher Hand nicht ausreichen wird, um das gesamte Problem anzugehen", so Vallejo. 

Beim Gipfel will man sich deshalb auch dazu beraten, wie private Investitionen aus der Wirtschaft angeschoben werden können. Laut IMF stiegen die privaten nachhaltigen Investitionen in Entwicklungsländern zuletzt auf 250 Milliarden Dollar pro Jahr. Bis 2030 müsste sich dieser Anteil von jetzt an allerdings jährlich mindestens verdoppeln.

Dem stehen aber entscheidende Hürden im Weg. In Entwicklungsländer zu investieren, könne wegen mangelnder Expertise, politischen Risken oder Währungsschwankungen immer noch bis zu siebenmal teurer sein als in Industrieländern, erklärt Vallejo. 90 Prozent der Investitionen in erneuerbare Energien würden deshalb immer noch größtenteils in Industrieländer und China fließen.

Eine Möglichkeit, dieses Problem anzugehen, sei daher, die Zinsen für Kredite zu senken oder auch das Risiko der Investoren vom öffentlichen Sektor absichern zu lassen. Die Hoffnung sei, laut Vallejo, dass man so "eine Welle privater Investitionen" in Entwicklungsländern auslöse könne.

Klimaschutz: Wie lässt er sich bezahlen?

Alternative Finanzierungmodelle für Klimaanpassung auf der Agenda 

Auch alternative Finanzierungsmodelle sollen in Paris besprochen werden. Dazu gehören mehrere Ideen, wie etwa eine Finanztransaktionssteuer, Steuern auf die Förderung von Rohöl oder auf Emissionen durch den Flugverkehr, die nach dem "Verschmutzer-zahlt-Prinzip" funktionieren. So will sich beispielsweise Frankreich nach Druck von Inselstaaten aus dem Pazifik und Umweltaktivisten für eine weltweite Steuer für Containerschiffe starkmachen. Ein Kohlenstoffpreis für den Verbrauch von Schweröl in der Schiffsindustrie könnte laut Weltbank bis zu 60 Milliarden Dollar für den Klimaschutz einbringen.

Bisher sei jedoch nicht klar, ob sich hinter dieser Idee eine breite Koalition bilden wird, so Röder. Und bei den Verhandlungen wird es vor allem darum gehen, wer die Erträge dieser Steuer bekommen soll: die Schiffsindustrie oder Entwicklungsländer.

Chancen für eine globale CO2 Steuer auf fossile Brennstoffe?

Eine mögliche Steuer auf CO2-Emissionen durch fossile Brennstoffe erhält laut Vallejo derzeit immer mehr Rückenwind. "Es schien eine wirklich utopische Idee zu sein, und bis zu einem gewissen Grad ist sie das natürlich immer noch. Aber sie hatte noch nie so viel Wind in den Segeln wie jetzt." 

Seit Jahren streitet die Weltgemeinschaft, ob und wie CO2 bepreist werden könnte. Dass in Paris nun der Durchbruch für einzelne Sektoren gelingt, scheint daher unwahrscheinlich.

Die Weltbank hatte kürzlich angekündigt, die eigenen Richtlinien für eine nachhaltige Kreditvergabe zu ändern und in den nächsten zehn Jahren bis zu 50 Milliarden Dollar bereitzustellen. Sie hatte vergangene Woche auch dazu aufgerufen, Billionen klimaschädlicher Subventionen in Kohle, Öl und Gas, den Landwirtschafts- und Fischereisektor in Klimaschutzmaßnahmen umzuleiten, die weder Mensch noch dem Planeten schaden.

"Die richtigen Lösungen liegen auf dem Tisch, es liegt wirklich an den Regierungschefs, ob sie Koalitionen eingehen. Es ist wirklich ein Moment der Wahrheit", so Röder. Es käme jetzt darauf an, ob man sich auf klare Zeitpläne und Prozesse einigen könne oder nicht. 

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