Ist Trump auf dem Handels-Kriegspfad?
Donald Trump ist verliebt in Zölle. In seiner ersten Amtszeit hat er sie auf Waschmaschinen und Solarpanele, auf Stahl und Aluminium erhoben - egal, ob gegen Freund oder Feind, China oder Europa. Wird er diese Politik nun noch verschärfen?
In seinem Wahlkampf hatte er noch viel mehr davon versprochen. Und in rund zwei Monaten wird der selbsternannte "Zollmann" nun als 47. Präsident vereidigt.
Um Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe zurück nach Amerika zu holen, erwog Trump, einen Zoll von zehn Prozent auf alle Importe in die USA zu erheben. Dann erhöhte er die Drohung auf 20 Prozent. Einfuhren aus China würden mit einem mutmaßlich verheerenden Zoll von 60 Prozent belegt.
Europäische Waren würden demnach teurer werden. Hohe US-Zölle auf chinesische Waren könnten aber auch negative Auswirkungen auf Europa haben. Wenn China nicht mehr nach Amerika exportieren kann, wird es nach Europa schauen, um Waren zu Dumpingpreisen zu verkaufen und möglicherweise den Markt zu überschwemmen.
Die EU: Trumps "Mini-China"
Donald Trump hat sich hauptsächlich an China abgearbeitet und die EU als "Mini-China" bezeichnet. Ende Oktober warnte er schließlich, dass auch die EU am Ende bezahlen werde und versprach, bei den Zöllen künftig auf Gegenseitigkeit zu achten.
"Sie kaufen nicht unsere Autos. Sie nehmen uns nicht unsere Agrar-Produkte ab. Sie verkaufen Millionen und Abermillionen Autos in den Vereinigten Staaten", sagte er bei einer Kundgebung in Pennsylvania. "Nein, nein, nein. Sie werden einen hohen Preis dafür zahlen müssen."
Die Europäische Union verkauft tatsächlich viel mehr an Amerika, als sie von Amerika kauft. Aber beide Seiten haben viel zu verlieren. Ein Zollkonflikt zwischen den USA und der EU könnte sich für die US-Wirtschaft als Bumerang erweisen. US-Zölle würden die Preise für amerikanische Verbraucher in die Höhe treiben und die US-Inflation verstärken. Auch könnten sie zu Vergeltungsmaßnahmen in Form von Gegenzöllen führen.
In ihrer Glückwunschbotschaft zu Trumps Wahlsieg erinnerte die Präsidentin der Europäischen Kommission daran, dass die USA und Europa eine gemeinsame Basis haben, die mehr ist als ein Verteidigungsbündnis: "Wir sind durch eine echte Partnerschaft zwischen unseren Völkern verbunden, die 800 Millionen Bürger vereint", schrieb Ursula von der Leyen: "Millionen von Arbeitsplätzen und Milliarden von Dollar und Euro in Handel und Investitionen auf beiden Seiten des Atlantiks hängen von der Dynamik und Stabilität unserer Wirtschaftsbeziehungen ab."
Der Preis des Protektionismus
"Trumps Zölle sind eine ernsthafte Bedrohung für die europäische Wirtschaft und insbesondere für exportorientierte Länder wie Deutschland", sagt Niclas Poitiers, ein auf Handel und internationale Wirtschaft spezialisierter wissenschaftlicher Mitarbeiter des Thinktanks Bruegel.
"Europas Wirtschaft leidet noch immer unter der Fehlentscheidung, Energie aus Russland zu beziehen, und unter der sinkenden Nachfrage aus China. Die Trump-Zölle trüben die Wirtschaftsaussichten weiter", sagte Poitiers der DW.
Clemens Fuest, Präsident des Münchner Wirtschaftsforschungsinstitutes Ifo, warnte in einer Pressemitteilung am Tag nach der Wahl vor "einer ausgesprochen protektionistischen Agenda, die auf höheren Importzöllen und größeren Beschränkungen des internationalen Handels basiert, insbesondere für China und möglicherweise auch für Europa".
Das Ifo-Institut hat berechnet, dass ein 20-prozentiger Zoll auf importierte Waren die deutschen Exporte in die USA um rund 15 Prozent zurückgehen lassen und einen wirtschaftlichen Schaden von 33 Milliarden Euro (35,3 Milliarden Dollar) verursachen könnte.
Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat berechnet, dass ein Handelskrieg mit Zöllen von zehn Prozent auf beiden Seiten die deutsche Wirtschaft während einer vierjähriger Amtszeit Trumps 127 Milliarden Euro kosten könnte. Zölle von 20 Prozent könnten die deutsche Wirtschaft 180 Milliarden Euro kosten.
Ausländische Waren fernhalten
Für die EU kommen diese Aussichten zu einem schlechten Zeitpunkt, denn das Wirtschaftswachstum ist ohnehin schwach. Deutschland, ihre größte Volkswirtschaft, tritt derzeit auf der Stelle und ist besonders auf seine Fahrzeugexporte angewiesen. Neue US-Zölle würden die Lage verschlimmern.
Die EU muss ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit steigern, ihre Verteidigungsfähigkeiten stärken und die Herausforderungen durch China angehen, heißt es in einem Dossier des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Die Priorität sollte darin bestehen, neue Zölle von vornherein zu verhindern. Wenn das nicht funktioniert, seien Gegenmaßnahmen erforderlich, die jedoch eine einheitliche Haltung aller 27 EU-Mitgliedsstaaten erfordern.
Trump glaubt, Zölle seien ein wirksames Instrument, um seine inländischen Produktionsziele voranzutreiben und in internationalen Verhandlungen Einfluss zu gewinnen, sagte Penny Naas, Expertin für öffentliche Ordnung beim German Marshall Fund of the United States in Washington D.C. Der designierte Präsident sehe Zölle als wirksames Mittel, um Handelsdefizite auszugleichen. Seine Zollprioritäten wären wahrscheinlich Stahl, Automobile und Waren, um den USA Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe bescheren, sagte Naas.
Kein Ende der Globalisierung
"Trump ist ein 'Dealmaker', und er hat in der Vergangenheit die Androhung von Zöllen genutzt, um Zugeständnisse von Handelspartnern zu erzwingen", sagte Naas der DW. Es würde sie nicht überraschen, wenn Länder, mit denen die USA ein Handelsdefizit hat, bereits Gespräche mit der kommenden Regierung begonnen hätten, um mehr von den USA zu kaufen.
Die kommende Präsidentschaft Trumps könnte das Ende der von den USA angeführten Globalisierung markieren, nicht aber das Ende der Globalisierung selbst. Denn die meisten Länder seien noch immer an Kooperation interessiert, sagt Poitiers. Wichtig sei, dass die EU eine stärkere wirtschaftliche Integration nicht länger hinauszögert.
"Europa muss jetzt Koalitionen mit gleichgesinnten Ländern bilden, um seinen Wohlstand zu bewahren, der zu einem großen Teil auf Handel beruht", sagte Poitiers.