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Wer ist Ursula von der Leyen?

18. Juli 2024

Die alte Präsidentin der EU-Kommission wird auch die neue sein. Die deutsche Christdemokration Ursula von der Leyen wurde vom Europa-Parlament in Straßburg mit einer komfortablen Mehrheit im Amt bestätigt.

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steht vor einer EU-Flagge
Krisen hinter sich, mehr Herausforderungen vor sich: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der LeyenBild: Jean-Francois Badias/AP/picture alliance

Die ersten fünf Jahre ihrer Amtszeit waren durch Krisen und Krieg geprägt: Corona, der Angriff Russlands auf die Ukraine und die folgende Energie- und Inflationskrise.

"Wir sind durch die Hölle und Hochwasser gegangen, aber in vielerlei Hinsicht sind wir auch stärker als vor fünf Jahren", sagte Ursula von der Leyen (CDU) im Wahlkampf. Die wiedergewählte Chefin der EU-Kommission hat sich als Krisenmanagerin profiliert und will die angefangenen Projekte unbedingt weiterführen. Und die Mehrheit der Europa-Parlamentarier will das auch: Von den 720 Abgeordneten gaben ihr 401 ihre Stimme, also 40 mehr als rechnerisch erforderlich. 284 stimmten gegen die Personalie, 15 enthielten sich.

Die größte Herausforderung wird die Abwehr der russischen Bedrohung und die Integration der Ukraine in die EU bleiben. "Wir sind der Anker der Stabilität", sagte von der Leyen über sich und ihre christdemokratische Fraktion im Europaparlament, für die sie bei den EU-Wahlen als Spitzenkandidatin fungierte.

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen (links) im blauen Blazer und gelben Oberteil mit Wolodymyr Selenskyj (r)
Von der Leyen zu Gast in Kiew bei Präsident Selenskyj: Russlands Krieg gegen das EU-Beitrittsland Ukraine und dessen Folgen bleiben bestimmendBild: Efrem Lukatsky/AP/dpa

Bedrohte demokratische Strukturen und die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedsstaaten der EU sind für die neue alte Kommissionschefin ein zentrales Problem. Nach den Wahlerfolgen der Rechtspopulisten in Frankreich, den Niederlanden, Deutschland, Österreich, Italien und anderen Staaten will sie klare Kante zeigen.

Sie verspricht: "Wir werden eine Bastion aufbauen gegen die Extremen, auf der linken wie auf der rechten Seite. Wir werden sie aufhalten."

Im Wahlkampf hatte es so ausgesehen, als könnte sich von der Leyen auch eine Zusammenarbeit mit den rechtspopulistischen "Brüdern Italiens" von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vorstellen. Das brachte ihr Kritik von vielen Seiten ein, unter anderem von ihrem christdemokratischen Vorgänger im Amt, Jean Claude Juncker.

Arbeiten bis 70, mindestens

Ursula von der Leyen ist 65 Jahre alt und hätte natürlich in Rente gehen können, aber die ehemalige deutsche Ministerin sieht sich noch weiter in der Pflicht. Sie sei eine geborene Europäerin, sagt von der Leyen von sich.

In der Tat ist sie in Brüssel als Tochter eines EU-Beamten und späteren niedersächsischen Ministerpräsidenten aufgewachsen. Sie studierte Volkswirtschaft und Medizin, machte Karriere in der CDU und diente zuletzt als Verteidigungsministerin im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel.

Deutschland Ursula von der Leyen reitet bei der CHIO in Aachen
Disziplin ist ihre Stärke: Von der Leyen hatte Spring- und Dressurreiten als Hobby (Archiv 2015)Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach

Nach Skandalen um Beschaffung bei der Bundewehr und Beraterverträge in ihrem Ministerium war von der Leyen nicht abgeneigt, Berlin zu verlassen und 2019 an die Spitze der EU-Kommission zu wechseln.

Das Angebot kam völlig überraschend. Die Staats- und Regierungschefs der EU konnten sich damals nicht auf einen neuen Präsidenten der EU-Kommission einigen, bis der französische Staatschef Macron überraschend von der Leyen aus dem Hut zauberte.

Klima und Kapital

Gestartet war die Christdemokratin Ursula von der Leyen vor fünf Jahren als Vorreiterin für den Klimaschutz. Sie setzte einen "Green deal" mit zahlreichen Gesetzen ins Werk, der bis 2050 zur Klimaneutralität des Kontinents führen soll.

An dem will sie festhalten, bei marginalen Änderungen in Einzelfragen. Zweifel an dieser Absicht kamen im Wahlkampf für die zweite Amtszeit auf. Doch selbst die Grünen im Europaparlament räumen nach Gesprächen mit von der Leyen ein, dass sie offenbar doch an ihrem Kurs festhalten will.

Deutschland 2003 | Sozialministerin Ursula von der Leyen & Familie. Sie sitzt mit ihrem Mann und zwei Kindern auf einer Bank, dahinter stehen fünf weitere Kinder.
Nur wenig Privates ist bekannt: Von der Leyen und ihr Mann Heiko haben sieben, inzwischen erwachsene Kinder (Archiv 2003)Bild: picture-alliance/dpa/W. Weihs

Eine der Prioritäten werde die Einrichtung einer Kapitalmarkt-Union in der EU sein, kündigte die Kommissionspräsidentin an. Denn sie braucht privates Kapital und Investitionen, um den Umbau der Wirtschaft zu digitaler und grüner Produktion zu finanzieren. Über 400 Milliarden Euro jährlich könnten mobilisiert werden, schwebt von der Leyen vor.

"Europa soll liefern"

Entscheidend wird sein, ob die EU in den nächsten Jahren zusammenhält oder durch Autokraten in Peking und Moskau und einen möglichen amerikanischen Präsidenten Trump stärker unter Druck gerät.

Auch im Inneren ist nicht alles in bester Ordnung. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban ist ein erklärter Gegner von Ursula von der Leyen.

Er macht Brüssel und die Bürokraten für viele Missstände verantwortlich und lehnt die von der EU organisierte Unterstützung der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland ab oder verzögert sie.  

Belgien | Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel. Kommissionspräsidentin von der Leyen in hellem Blazer in der Mitte, rechts im Vordergrund Ungarn Premier Viktor Orban.
Gegner in der EU: Von der Leyen beobachtet Ungarns Premier Viktor Orban (2.v.r.), derzeit Ratspräsident der EUBild: Ludovic MARIN/AFP

"Unser Europa ist nicht perfekt. Aber das darf nicht den Blick darauf verstellen, was unser Europa leistet. Als Gemeinschaft haben wir die besseren Argumente zu bieten. Und ich bin überzeugt, dass die Demokratie unser bester Standortvorteil ist", sagte Ursula von der Leyen vor Parteianhängern im Mai.

Jetzt muss sie zunächst in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten ihre neue Kommission zusammenstellen. Ausführliche Anhörungen im EU-Parlament werden folgen. Amtsantritt für die nächsten fünf Jahre wird wohl am 1. November sein.

"Die Bürger erwarten von uns, dass wir liefern, dass ein starkes Europa liefert", ist von der Leyens Credo für die nächste Amtszeit. Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) ist Vorsitzender des Europaausschusses im Deutschen Bundestag. Er sagt über von der Leyen, sie habe bewiesen, dass sie liefern kann. Jetzt müsse sie das, was versprochen, angekündigt und beschlossen wurde, auch wirklich umsetzen.

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union