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Iran: Inhaftierte Frauen protestieren gegen Todesstrafe

21. August 2024

Trotz massiver Unterdrückung leisten weibliche politische Gefangene im Iran Widerstand gegen die Hinrichtungen von Regimekritikern. Die Zahl der Exekutionen von politischen Gefangenen im Land hat stark zugenommen.

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Iran | Porträtaufnahme von Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi vor einem dunklen Hintergrund
Im Gefängnis misshandelt: Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi Bild: DW

Die inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin und Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi ist nach Angaben ihrer Familie und ihres Anwalts von Gefängniswärtern des berüchtigten Evin-Gefängnisses in Teheran zusammengeschlagen worden. Demnach hätten sie und andere weibliche Gefangene am vergangenen Dienstag ( 6. August) eine Protestaktion gegen die Todesstrafe durchgeführt, die gewaltsam aufgelöst wurde.

Narges Mohammadis Ehemann, Taghi Rahmani, bestätigte den Vorfall im Gespräch mit der DW. Mehrere der Gefangenen sollen während des Angriffs das Bewusstsein verloren haben. Obwohl einige nach Untersuchungen durch den Gefängnisarzt einen Verband erhielten, sei ihnen eine angemessene medizinische Versorgung verweigert worden.

Sorgen um die Friedensnobelpreisträgerin und andere verletzte Frauen macht sich auch Mai Sato. Die UN-Sonderberichterstatterin für Menschenrechte im Iran erklärte gegenüber der DW, dass sie gemeinsam mit anderen UN-Menschenrechtsexpertendie sofortige Freilassung Mohammadis fordert. 

Zudem drängt Sato auf angemessene medizinische Versorgung für Mohammadi und die anderen Gefangenen. Die Gefängnisbehörden bestreiten, dass Wärter weibliche Gefangene körperlich misshandelt hätten. 

Friedensnobelpreis für Iranerin Narges Mohammadi

Kein Kontakt zur Mutter

Friedensnobelpreisträgerin Mohammadi ist wegen ihres friedlichen Einsatzes für die Menschenrechte, darunter die Abschaffung der Todesstrafe im Iran, zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Sie ist krank; zwei ihrer Herzgefäße sind verengt.

Dies sei auch in ihrer Gesundheitsakte vermerkt, sagt ihr Mann Taghi Rahmani, der mit den gemeinsamen Zwillingen Kiana und Ali Rahmani im Exil in Paris lebt. Die inzwischen 18-Jährigen haben den Iran im Jahr 2015 verlassen und seitdem ihre Mutter nicht mehr gesehen. Seit neun Monaten dürfen sie noch nicht einmal ihre Stimme hören: Die Gefängnisbehörden verweigern Narges Mohammadi das Recht auf Telefonate.

"Die Behörden versuchen, sie zu brechen" 

"Narges und andere mutige politische Gefangene im Iran setzen sich für die Aufklärung der Gesellschaft ein. Sie sind dem Sicherheitsapparat ein Dorn im Auge. Die Behörden versuchen, sie zu brechen", sagt Abdolkarim Lahiji, Rechtsanwalt und Ehrenpräsident der 1922 gegründeten "Internationalen Föderation für Menschenrechte" (Fédération internationale pour les droits humains; FIDH), im Gespräch mit der DW.

Der in Paris lebende Lahiji engagiert sich seit mehr als fünf Jahrzehnten für die Menschenrechte im Iran. "Politische Gefangene und Menschenrechtsaktivisten im Iran brauchen unsere Solidarität. Wir fordern unabhängige Organisationen auf, die Vorfälle in den iranischen Gefängnissen zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen."

Lahiji hat gemeinsam mit 42 weiteren Menschenrechtsaktivisten und Organisationen in Solidarität mit den weiblichen politischen Gefangenen im Iran einen offenen Brief veröffentlicht. Dieser Brief wurde am Montag, dem 19. August, in mehreren europäischen Zeitungen, darunter der französischen Tageszeitung "Libération" und dem deutschen "Tagesspiegel" veröffentlicht und fordert ein Ende der Repression und eine internationale Untersuchung.

Immer mehr Hinrichtungen

Im Teheraner Evin-Gefängnis werden derzeit rund 70 Frauen aus verschiedenen Glaubensrichtungen und Generationen als politische Gefangene festgehalten. "Diese Frauen wurden verhaftet und ungerechtfertigt eingesperrt, weil sie sich für Freiheit und Menschenrechte im Iran eingesetzt haben", schreiben die Unterzeichner in ihrem Brief.

In dem Land sind im vergangenen Jahr nach Angaben von Amnesty International 853 Menschen hingerichtet worden - so viele wie seit 2015 nicht mehr. Auch im Jahr 2024 werden die Hinrichtungen fortgesetzt. Laut Menschenrechtsorganisationen wurden im Iran in der ersten Jahreshälfte 2024 mindestens 274 Hinrichtungen durchgeführt.

Sacharow-Preis für Iranerin Jina Mahsa Amini

Eine der letzten bekannten Hinrichtungen fand an genau jenem 6. August statt, an dem der Protest der Frauen im Evin-Gefängnis brutal unterdrückt wurde. Sie hatten gegen die Hinrichtung des Aktivisten Reza Rasaei im Gefängnis von Dizel Abad in der Provinz Kermanshah protestiert.

Reza Rasaei gehörte der kurdischen Minderheit im Iran an. Der 34-Jährige war während der landesweiten Proteste mit dem Slogan "Frau, Leben, Freiheit" festgenommen worden. Diese brachen nach dem Tod von Jina Mahsa Amini am 16. September 2022 aus. Die junge Frau hatte sich geweigert, ihren Kopf zu bedecken, wie dies das staatliche Hidschab-Gesetz im Iran vorschreibt.  

Er und zehn weitere Protestierende wurden beschuldigt, an der Tötung eines Mitglieds der iranischen Sicherheitskräfte beteiligt gewesen zu sein. Rasaei hat diesen Vorwurf bis zuletzt zurückgewiesen. Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurden weder Rasaei selbst noch seine Familie oder sein Rechtsbeistand zuvor über die geplante Vollstreckung des Todesurteils informiert.