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KonflikteNepal

Geisel der Hamas: Wo ist Student Bipin Joshi aus Nepal?

Swechhya Raut
28. Juli 2024

Bipin Joshi, Agrarstudent aus Nepal, machte ein Praktikum in Israel, als er bei den Terroranschlägen von der Hamas verschleppt wurde. Über das Hoffen und Bangen der Familie einer Geisel.

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Vier Personen stehen vor bunten Stoffstreifen und blicken in die Kamera
Bipin Joshi (ganz rechts, hier mit seinen Eltern und seiner Schwester) wurde von der Hamas am 7. Oktober in den Gazastreifen verschlepptBild: Mahananda Joshi

Jeden Morgen läuft Lehrer Mahananda Joshi durch sein abgelegenes Dorf im Westen Nepals und sucht eine Netzverbindung für sein Mobiltelefon. Findet er ein Signal, scrollt er internationale Nachrichtenportale durch und hofft, Nachrichten über einen Waffenstillstand zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas-Gruppe zu finden.

Denn Joshis 23-jähriger Sohn Bipin Joshi wurde bei den Terroranschlägen am 7. Oktober von Hamas-Terroristen aus einem Kibbuz im Süden Israels entführt. Und ein Waffenstillstand, so vermutet Joshi, wäre die einzige Hoffnung für seinen Sohn aus der Geiselhaft freizukommen. Bislang stimmen die Schlagzeilen darüber nicht gerade optimistisch.

"Ich habe mein Handy immer laut gestellt, auch wenn ich in der Klasse unterrichte oder versuche, ein Nickerchen zu machen. Ich schlafe nicht. Ich habe Angst, auch nur einen Anruf zu verpassen", erzählt Mahananda Joshi der DW.

Seine Frau Padma Joshi würde versuchen ihn anzurufen, wenn es Neuigkeiten gäbe. "Wir warten schon lange. Aber bisher haben wir nur falsche Zusicherungen erhalten", klagt sie. Die nepalesische Regierung könne nicht einmal bestätigen, ob ihr Sohn noch lebt.

Ein Praktikum auf einer Zitronenfarm in Israel

Bipin Joshi aus dem Bezirk Kanchanpur im Südwesten Nepals studierte Landwirtschaft an der Sudurpaschim-Universität. Im September 2023 ging er zusammen mit 48 Mitstudierenden zu einem Praktikum nach Israel.

Das elfmonatige Programm mit dem Namen "Learn and Earn" (Lernen und Verdienen) verband die Arbeit auf israelischen Bauernhöfen mit dem Lernen im Klassenzimmer. Die nepalesischen Studierenden wurden in Gruppen auf verschiedene landwirtschaftliche Betriebe im Süden Israels aufgeteilt. Einige arbeiteten auf Pilz- oder Zitronenfarmen, andere in der Geflügel- oder Milchwirtschaft.

Bipin Joshi (links) und Mitarbeiter stehen zwischen Reihen von Zitronenbäumen auf einer Farm im Süden Israels im September 2023
Bipin Joshi sprach davon, in Nepal selbst eine Zitronenfarm aufzubauenBild: Bipin Joshi

Joshi teilte seine Erfahrungen regelmäßig per Videoanruf mit seiner Familie in der Heimat. "Er zeigte uns die Zitronenfarm, auf der er arbeitete, und erzählte von seiner Vision, nach seiner Rückkehr so eine eigene Farm zu eröffnen", erzählt seine Mutter.

"Wir hörten Schüsse und dachten an ein Feuerwerk"

Die Studierenden sollten in der zweiten Oktoberwoche ihr erstes Gehalt erhalten. "Ein iPhone zu kaufen war schon lange unser Traum. Vor dem Schlafengehen [am 6. Oktober 2023] sprachen Bipin und ich am Telefon darüber, es gemeinsam zu kaufen", erzählt Louish Rijal, ein Kommilitone.

Gegen 7 Uhr morgens am 7. Oktober seien sie durch ein schreckliches Geräusch aufgewacht, das Gebäude bebte und überall war Rauch, so Rijal. Sie hätten das Gebäude verlassen und Schüsse gehört. "Wir dachten erst an Feuerwerkskörper. Ich machte ein Video und stellte es ins Internet. Bipin rief mich an und bat mich, das Video zu entfernen. Zuerst weigerte ich mich. Als er sagte, dass einige unserer Freunde erschossen worden waren, begann ich zu zittern und bereute, das Video gemacht zu haben."

Die nepalesischen Studierenden waren in vier verschiedenen Farmen untergebracht und versuchten, sich gegenseitig zu erreichen. Rijal sagte, dass nur Bipin Joshi auf seine Anrufe reagierte. Um 11:50 Uhr schickte Bipin eine Nachricht an Rijal, in der er um Hilfe bat. "Das war die letzte SMS von ihm", sagte Rijal.

Nepal bittet Katar um Hilfe für die Geisel-Freilassung

Einige Stunden später kam die Nachricht, dass zehn nepalesische Studierende im Kibbuz Alumim bei den Terroranschlägen der Hamas getötet worden waren. Vier wurden verletzt und ins Krankenhaus gebracht, einer wurde von der Terrorgruppe entführt.

Der verschleppte Bipin Joshi und sein Freund Louish Rijal lächeln in die Kamera auf einem Foto von März 2020
Bipin Joshi und sein Freund Louish Rijal im März 2020Bild: Louish Rijal

Die vermisste Person war Bipin Joshi, wie seine Freunde bezeugen konnten. Nach Angaben israelischer Verteidigungskräfte wurde sein Telefon später im Gazastreifen geortet. Abgesehen davon, dass Joshi Wochen nach seiner Entführung auf Videoaufnahmen zu sehen war, ist sein Zustand unbekannt.

Seit den Terroranschlägen vom 7. Oktober 2023 sind nun fast zehn Monate vergangen. Joshis Freilassung war mehrfach Thema im nepalesischen Parlament und auf internationalen Foren. Als der Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, im April Nepal besuchte, stellte die nepalesische Regierung ein offizielles Ersuchen um die Freilassung von Bipin Joshi, da Katar als Vermittler zwischen Israel und der Hamas fungiert.

In Israel leben fast 5000 Nepalesinnen und Nepalesen

"Da wir keinen direkten Kontakt zur Hamas haben, bitten wir um Hilfe von Dritten. Insbesondere von Ländern wie Katar, das gute Beziehungen zu der militanten Gruppe unterhält", erklärt Amrit Bahadur Rai, Sprecher des nepalesischen Außenministeriums, der DW. Die Hamas wird von den Vereinigten Staaten, Deutschland, Israel und mehreren anderen Ländern als Terrororganisation eingestuft.

Rai erwähnt, man habe einige positive Zeichen von internationalen Akteuren erhalten, fügt aber hinzu: "Wir haben noch von keinem Land eine konkrete Antwort erhalten." Nach den Terroranschlägen stoppte die nepalesische Regierung das "Learn and Earn"-Programm.

Laut Angaben der der nepalesischen Botschaft in Tel Aviv leben fast 5000 Nepalesinnen und Nepalesen in Israel, die meisten von ihnen arbeiten als Pflegekräfte. Man spreche regelmäßig mit israelischen Diplomaten über Joshis Wohlergehen und wie die Sicherheit der in Israel lebenden Nepalesen zu gewährleisten sei, so Kumar Bahadur Shrestha, der Vize-Botschafter Nepals in Israel.

Bipin Joshis Familie hofft auf seine Rückkehr

Trotz der Bemühungen der nepalesischen Regierung wartet die Familie von Bipin Joshi noch verzweifelt darauf, dass den "beruhigenden Worten" auch Taten folgen.

Foto von Bipins Vater, Mutter, Schwester und Großmutter mit traurigen Gesichtern
Bipins Familie wartet verzweifelt auf seine Rückkehr aus der Geiselhaft der HamasBild: Kishor Chandra Joshi

Bipins Vater reist immer wieder aus dem Heimatdorf Kanchanpur in die Stadt Bajhang, um Neuigkeiten zum Stand der Freilassungsbemühungen einzuholen. Joshis Mutter prüft jedes neue Gesicht, das in der Nähe des Hauses auftaucht, in der Hoffnung, es könnte ihr Sohn sein. Seine 82-jährige Großmutter hat Angst zu sterben, ohne ihren Enkel wiedergesehen zu haben. Und seine 17-jährige Schwester hofft jeden Tag, dass ihr Bruder ihr bald wieder bei den Hausaufgaben hilft, wie die Familie der DW berichtet.

"Das Einzige, was uns weitermachen lässt, ist die Hoffnung auf die Rückkehr unseres Sohnes", sagt Mahananda Joshi. "Wir müssen stark bleiben und unsere Forderung lauter aussprechen, damit unser Sohn uns aus seinem Winkel der Welt hören kann."

Adaption aus dem Englischen: Jeannette Cwienk