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EU will schneller mehr Windkraft

24. Oktober 2023

Die Europäische Union läuft Gefahr, ihre selbst gesteckten Ziele zum Ausbau erneuerbarer Energien zu verfehlen. Nun will sie der Windkraft neuen Schwung verleihen.

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Symbolbild: Windpark
Windturbinen - und eine traditionelle Windmühle - im niederländischen EemshavenBild: Jochen Tack/picture alliance

Um die Windkraft in Europa deutlich auszubauen, sollen nach Willen der EU-Kommission die nationalen Genehmigungsverfahren für Windräder stärker digitalisiert und so beschleunigt werden. Das geht aus Plänen zu einer neuen Initiative hervor, die die Behörde am Dienstag in Brüssel vorgestellt hat.

Von der Beantragung bis zum Bau von Windrädern dauert es derzeit europaweit mehrere Jahre. Um den Prozess zu beschleunigen, soll es auch finanzielle Hilfen für die Schulung von Behörden geben - sowie aktualisierte Empfehlungen und Leitlinien.

Zu wenig Leistung

Bis 2030 sollen erneuerbare Energien 42,5 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in der EU ausmachen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Windkraft in der Staatengemeinschaft deutlich ausgebaut werden. Nach Angaben der Kommission sind dafür mehr als 500 Gigawatt installierte Leistung bis 2030 notwendig. Ende vergangenen Jahres seien 204 Gigawatt installiert gewesen.

Neben langen Genehmigungsverfahren stellten auch die Inflation, wachsender internationaler Wettbewerb und hohe Preise die Industrie vor Herausforderungen. Nach Plänen der Kommission sollen unter anderem auch die Ausschreibungsverfahren und der Zugang zu Finanzmitteln verbessert werden.

Neue Netze für grünen Strom

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nennt die Windindustrie der Staatengemeinschaft "eine europäische Erfolgsgeschichte", die derzeit aber vor "einer einzigartigen Mischung von Herausforderungen" stehe.

Viele Probleme

Tatsächlich hängt die EU beim Ausbau der Windkraft im globalen Vergleich hinterher, wie aus einer im August veröffentlichten Analyse der Denkfabrik Ember hervorgeht: Während weltweit von Januar bis Juni zehn Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erzeugt wurden, lag der Zuwachs in den EU-Ländern nur bei fünf Prozent.

Der Windindustrieverband WindEurope spricht von einer "massiven Krise" im Windenergiebereich. Den Herstellern von Turbinen machen etwa hohe Rohstoffpreise und die Inflation zu schaffen, sagte Sprecher Zipf. Sorge bereite außerdem, dass immer mehr Produzenten aus dem Ausland, vor allem aus China, auf den europäischen Markt drängten.

Auch die oft mehrjährige Genehmigung von Windrädern und Windparks hemme den Ausbau, sagte Linda Kalcher von der Brüsseler Denkfabrik Strategic Perspectives. "Durch lange Genehmigungsprozesse kommt es nachher auch mit den kalkulierten Kosten nicht mehr hin", sagte sie.

Die Pläne der Kommission

Die Brüsseler Behörde will an verschiedenen Punkten ansetzen. Um die Prozesse zu beschleunigen, plant sie etwa ein Online-Tool, das die Mitgliedsstaaten bei Genehmigungsverfahren unterstützt.

Energie auf dem Meer: schwimmende Windräder

Auch die Auktionsverfahren sollen verändert werden. Hier sieht Zipf vom Windindustrieverband den größten Hebel. Bislang darf in der Regel derjenige Projektentwickler einen Windpark bauen, der bei einer Auktion den niedrigsten Preis bietet. Dem Entwurf der Kommission zufolge sollen künftig auch andere Faktoren berücksichtigt werden - etwa Nachhaltigkeit, der Schutz von Umwelt und Meeresboden und Lieferfähigkeit. Andere Kriterien wie beispielsweise Cybersicherheit will die Kommission verpflichtend machen.

Der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss sagte mit Blick auf die Pläne der Kommission, Europa müsse nun den Booster einschalten. "Europa darf nicht länger zurückbleiben, während die USA und China den Windenergie-Sektor dominieren." Es brauche Vorfahrt für die Windkraft - etwa einfachere Genehmigungen, weniger Bürokratie, europäische Produktion und Ausbau der Offshore-Infrastruktur. Allein auf den Markt zu setzen sei naiv angesichts der mächtigen Wettbewerber.

Es hakt bei den EU-Ländern

Das Paket der Kommission ist kein neues Gesetz, daher gibt es auch keine neuen Verpflichtungen für die Länder. Sarah Brown, Energieexpertin vom Thinktank Ember, hält es dennoch für einen richtigen und wichtigen Schritt. Das Problem liege zwar auf Ebene der Mitgliedsstaaten, es sei aber sehr wichtig, dass die Europäische Kommission die Richtung vorgebe und übergreifend einen Plan und ein Ziel habe.

In Deutschland hat der Ausbau Fahrt aufgenommen. In den ersten neun Monaten dieses Jahres ging mehr als 50 Prozent mehr Leistung durch neue Anlagen in Betrieb als im Vorjahreszeitraum. Bereits Ende September wurde der Wert des Jahreszubaus von 2022 übertroffen, wie aus vorläufigen Zahlen der Fachagentur Windenergie an Land hervorging. Deutlich erhöhte sich auch die Zahl der neu genehmigten Windräder.

Das Ziel der Bundesregierung: 80 Prozent des verbrauchten Stroms soll 2030 aus erneuerbaren Quellen kommen, derzeit ist es etwas mehr als die Hälfte.

Die Energiebranche beklagt seit langem ein Nord-Süd-Gefälle beim Ausbau der Windkraft. Während er im Norden deutlich vorankommt, hinken vor allem die großen süddeutschen Flächenländer Bayern und Baden-Württemberg hinterher. Beschleunigt werden soll nach einem jahrelangen Schneckentempo auch der Bau neuer Stromtrassen, um den vor allem im Norden erzeugten Windstrom in den Süden zu transportieren.

bea/hb (dpa)