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Terror im namen Allah

K. Knipp / S. Pöhle / N. Naumann / A. Riekmann24. September 2014

Enthauptungen im Irak, Entführungen in Nigeria, schwere Gefechte in Libyen - radikalislamistische Terrorgruppen wie IS, Boko Haram und Ansar al-Scharia halten Afrika und die arabische Welt in Atem. Ein Überblick.

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Ein ISIS-Kämpfer in Mossul, 23.6. 2014 (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Al-Kaida: Al-Kaida gilt als Mutterorganisation des globalen Dschihad. Ihr Name bedeutet "Basis" oder "Fundament". Sie war der Drahtzieher der Anschläge des 11. September 2001. Ziel ist die Errichtung eines Gottesstaates, der alle islamischen Länder und Gebiete umfasst. Seit dem Tod Osama bin Ladens wird Al-Kaida von dem Ägypter Aiman al-Zawahiri geführt. Heute ist Al-Kaida ein loses Netzwerk weitgehend autonom agierender Zellen in unterschiedlichen Ländern, darunter Al-Kaida im islamischen Maghreb, die vor allem in Algerien, aber auch im Norden Malis operiert, und Al-Kaida im Jemen, einer Hochburg der Dschihadisten.

Im Irak hat sich die Organisation IS (ehemals ISIS) von Al-Kaida abgespalten. Immer wieder berichten arabische Zeitungen, es gebe Kontakte zwischen den Anhängern der infolge der seit 2011 ausgebrochenen Revolutionen gestürzten oder zurückgetretenen Regime in Libyen, Irak und Jemen und den jeweiligen Untergruppen von Al-Kaida. Die ehemaligen Regime-Mitglieder versuchen demnach mithilfe von Al-Kaida, die neuen Regierungen zu stürzen und sich wieder an deren Stelle zu setzen.

Chorasan: Die Chorasan gelten als Teil der Nusra Front, dem syrischen Al-Kaida-Ableger. Im Rahmen des internationalen Kampfes gegen den Islamischen Staat wurde die zuvor weitgehend unbekannte kleine islamistische Gruppierung mit einem Schlag weltbekannt. Denn bei dem US-geführten Kampfjet-Einsatz gegen die IS-Miliz wurden auch Chorasan-Stellungen in Syrien angriffen. Experten zufolge geht von dem kaum tausend Mitglieder zählenden Al-Kaida-Ableger eine der größten Terrorgefahren für die USA und Europa aus. "Chorasan" hieß einst ein muslimisches Reich, das viele Jahrhunderte auf dem Gebiet von Pakistan, Iran und Afghanistan existierte. Die gleichnamige Terrorgruppe soll aus langjährigen Al-Kaida-Mitgliedern bestehen, die angeblich im Bürgerkriegschaos in Syrien versuchen, westliche Dschihadisten für Anschläge in Europa und den USA zu rekrutieren.

Ziel: Gottesstaat im Irak und Syrien

"Islamischer Staat": Die sunnitische Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) hat ihre Machtbasis binnen kürzester Zeit ausgebaut und ein grenzüberschreitendes Gebiet im Norden Syriens und des Iraks unter ihre Kontrolle gebracht. Ihren ideologischen Anspruch hat IS im Namen zementiert: Nannte sich die Gruppe bis vor einiger Zeit noch "Islamischer Staat im Irak und Groß-Syrien" (ISIS), so hat sie diese regionale Einschränkung nun aufgegeben. Ihr Machtanspruch hat keine Grenzen mehr. IS gilt als noch radikaler als Al-Kaida und soll zu großen Teilen durch private Spenden aus den Golfstaaten Katar und Saudi-Arabien finanziert werden. Weitere Geldquellen für IS sind die Erdölfelder im Norden Syriens sowie systematische Erpressungen.

IS-Sympathisanten in Mossul, 16.6. 2014 (Foto: AP)
Begeisterung: IS-Sympathisanten in MossulBild: picture alliance / AP Photo

Experten schätzen, dass die Terrorgruppe etwa 10.000 Kämpfer in ihren Reihen hat. Besonderen Zulauf beschert IS die Benachteiligung der sunnitischen Minderheit im Irak. Hinzu kommt eine Vielzahl internationaler Glaubenskrieger und Konvertiten. Durch Verfolgung und Tötung Andersgläubiger, durch Enthauptungen und Steinigungen sorgt IS für weltweites Entsetzen. Gleichzeitig zieht sie durch im Internet veröffentlichte Videos ihrer Kämpfe weltweit zahlreiche neue Aktivisten an.

Al-Nusra-Front:Die Nusra-Front gilt als offizieller Ableger von Al-Kaida. Ihr Name bedeutet "Unterstützungsfront für das syrische Volk". Gegründet in der zweiten Jahreshälfte 2011, gilt sie als eine der wichtigsten Rebellengruppen in Syrien. Zu ihren erklärten Zielen gehört die Errichtung eines islamistischen Staates in Syrien und letztlich in der gesamten Levante, also in allen Ländern des östlichen Mittelmeerraums. Schätzungen zufolge zählt die Al-Nusra-Front zwischen 5000 und 7000 Mitglieder. Sie ist vor allem im Norden Syriens präsent. Ideologisch unterscheiden sich die Nusra-Front und der "Islamische Staat" nur geringfügig. Der wesentliche Unterschied liegt im Machtanspruch: Während IS ein internationales Gebiet beansprucht, beschränkt sich die Nusra-Front auf Syrien und Teile des Iraks. Im August hatte die Gruppe auf dem syrischen Teil der Golan-Höhen rund 40 UN-Blauhelm-Soldaten in ihre Gewalt gebracht.

Afrikanische Terrorgruppen

Al-Qaida im islamischen Maghreb (AQIM): Die Organisation wurde 1998 unter dem Namen "Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf" gegründet. Diese entstand ihrerseits im Umfeld des algerischen Bürgerkriegs zu Beginn der 1990er Jahre. Im Jahr 2007 nahm sie ihren derzeitigen Namen an - und kennzeichnete sich dadurch als nordafrikanische Untergruppe von Al-Kaida. Sie wurde vor allem durch mehrere Entführungen westlicher Touristen in Algerien bekannt. Zugleich verübte sie eine Reihe von Anschlägen in Algerien und Tunesien. Ein Ableger von AQIM hatte im Januar 2013 das Erdgasfeld in Amenas im Südosten Algeriens gestürmt und dort zahlreiche Geiseln genommen. Bei einem Befreiungsversuch durch das algerische Militär wurden knapp 40 Geiseln getötet. AQIM hat auch enge Beziehungen zu Terrorgruppen in Libyen und auch in Mali.

Ansar-al-Sharia: "Anhänger des Islamischen Rechts" nennen sich Organisationen in Libyen und Tunesien. Kleinere Gruppen der Ansar al-Sharia gibt es auch in einer ganzen Reihe von Staaten im Nahen Osten und in Nordafrika. Ihr Ziel ist die Einführung des islamischen Rechts. Hochburg der libyschen Ansar al-Sharia ist die Hafenstadt Bengasi. Die Organisation wird für den Anschlag auf das Konsulat der USA in Bengasi am 11. September 2012 verantwortlich gemacht. Damals starben vier Menschen, darunter auch der US-Botschafter. Ansar al-Scharia soll Verbindungen zu Al-Kaida haben. Die Organisation bestreitet diese Vorwürfe.

Al-Shabab-Milizen in Mogadischu, 17.2. 2011 (Foto: AP)
Terror am Horn von Afrika: Al-Shabab-MilizenBild: AP

Boko Haram:Der Name der islamistischen Terrororganisation Boko Haram bedeutet so viel wie "westliche Bildung ist Sünde". Sie kämpft im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias und setzt sich für die Einführung der Scharia im ganzen Land ein. Große Aufmerksamkeit erlangt die Terrorgruppe aktuell mit Entführungen. Die große Armut und Arbeitslosigkeit in Nordnigeria macht es den Anführern von Boko Haram einfach, neue Kämpfer zu rekrutieren. Die nigerianischen Sicherheitskräfte sind den hochbewaffneten Terroristen nicht gewachsen. Seit 2003 wurden bei Anschlägen auf Sicherheitskräfte, Behörden, Kirchen und Schulen Tausende Menschen getötet. 2014 hat es allein in den ersten vier Monaten rund 2000 Tote bei Anschlägen von Boko Haram gegeben. Im April 2014 hatte die Gruppe im Norden des Landes gut 300 christliche Schülerinnen entführt. Sie sind bis heute in ihrer Gewalt.

Ansar Dine:"Unterstützer der Religion". Eine malische Terrororganisation mit losen Beziehungen zu Al-Kaida. Die Gruppe entstand im Umfeld eines Tuareg-Aufstands in den 1990er Jahren. Neben der Unabhängigkeit der Tuaregs (von denen sie allerdings nur einen Teil vertreten) kämpft die Gruppe vor allem für die Einführung der Scharia sowie den islamischen Charakter der von ihr eroberten Gebiete. Im Sommer 2012 zerstörte die Gruppe das Mausoleum Sidi Mahmud Ben Amar in Timbuktu, das zum UNESCO-Welterbe gehört. Zu Beginn des Jahres 2012 griffen Kämpfer der Gruppe zusammen mit Angehörigen anderer Terrororganisation Einrichtungen des malischen Staates im Norden an. Ihr Vorstoß konnte erst durch einen massiven Sondereinsatz des französischen Militärs gestoppt werden.

Proteste gegen Boko Haram in Abuja, 26.5. 2014 (Foto: AP)
"Bringt unsere Mädchen zurück": Proteste gegen Boko Haram in AbujaBild: picture-alliance/AP Photo

Al-Shabaab:Die islamistische Al-Shabaab-Miliz gründete sich zwischen 2004 und 2006 in Somalia. Damals steckte das Land bereits rund 15 Jahre im Bürgerkrieg. Ihr Name bedeutet "die Jugend". Die Gruppierung kämpft für einen Gottesstaat am Horn von Afrika. Ihre radikalislamistische Ideologie kennt keine Landesgrenzen. Anschläge verübt sie inzwischen in ganz Ostafrika - so auch in der kenianischen Hauptstadt Nairobi, wo bei einem Anschlag auf ein Einkaufszentrum im September 2013 mehr als 60 Menschen getötet wurden. Al-Schabaab kontrolliert weite Teile Mittel- und Südsomalias. Führende Mitglieder betonen, mit Al-Kaida bei der Ausbildung von Kämpfern zu kooperieren. Die Gruppe hat zudem Verbindungen zu den Islamisten von Boko Haram.

Asien:

Abu Sayyaf: Die Terrorgruppe Abu Sayyaf ist im muslimischen Süden der Philippinen aktiv. Der Name bedeutet "Schwertträger" oder "Vater des Schwertes". Die Gruppe kämpft für eine Abspaltung vom Rest des Inselstaates, in dem die Bevölkerung überwiegend katholisch ist. Ihren Kampf finanziert Abu Sayyaf mit Überfällen und Lösegelderpressungen. Eine ihrer Hochburgen ist die Insel Jolo. Dorthin verschleppten Abu-Sayyaf-Terroristen im Jahr 2000 auch die deutsche Familie Wallert und andere Touristen für drei Monate. Bislang wurde Abu Sayyaf Verbindungen zu Al-Kaida nachgesagt. Jetzt sollen die Extremisten der arabischen Terrormiliz "Islamischer Staat" ihre Gefolgschaft geschworen haben. Abu-Sayyaf-Mitglieder drohen damit, im Namen von IS zwei deutsche Geiseln zu ermorden.