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DJ Felix Jaehn: "Das Wichtigste ist, sich zu etablieren"

Mikko Stübner-Lankuttis9. Oktober 2015

Durch einen Tweet erfuhr Felix Jaehn, dass er in den USA auf Platz 1 der Charts gelandet ist. Trotz des Erfolgs will der DJ auf dem Boden bleiben. Im DW-Interview erzählt er, wie sich ein kurzer Hype vermeiden lässt.

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DJ Felix Jaehn im DW-Interview
Bild: DW/R. Schild

Deutsche Welle: Felix, bist du in einer musikalischen Familie aufgewachsen?

Felix Jaehn: In meiner Familie wurde nicht viel musiziert. Ich glaube, ich war immer der Einzige. Ich habe neun Jahre lang Geige gespielt, bis ich 14 war. Später bin ich dann zur elektronischen Musik gekommen. Als ich 15 oder 16 Jahre war, wurde diese Musik auf Geburtstagspartys gespielt und in den Clubs aufgelegt.

Wann hast du dich entschieden, deine Musik ins Internet zu stellen?

Ich habe erst aufgelegt, bevor ich eigene Tracks produziert habe. Meine ersten DJ-Mixes habe ich online gestellt, als ich 16 war. Erst später habe ich dann angefangen, professionell zu produzieren, zu remixen und Songs zu schreiben. Ich war 18, als ich komplett eigene Tracks hochgeladen habe. Da lebte ich schon in London und habe studiert.

Wie macht man mit 17 Abitur, und warum geht man dann nach London?

Abitur mit 17 Jahren schafft man, wenn man ein Sommerkind ist und nach 12 Schuljahren Abi macht. Die Idee, nach London zu gehen, hatte ich, weil ich nach der Schule ein "Gap Year" machen wollte, um nicht direkt nach dem Abi mit einer Ausbildung oder mit einem Studium beginnen zu müssen.

Wie hast du das Jahr in London verbracht?

Ich habe in meinem College von allem eine Art Crash-Kurs gemacht. Ich hatte immer Musikbusiness- und Musikproduktionskurse. Ich hatte Kompositionskurse und lernte Sound-Engineering - also auch die technische Seite der Arbeit im Tonstudio. Ein ganz buntes Kursprogramm also.

Wurde dein Sound durch deinen UK-Aufenthalt beeinflusst?

Ja, auf jeden Fall! 2012, als in Deutschland gerade Dubstep und Drum ‘n‘ Bass der große Hype waren, waren sie in UK schon einen Schritt weiter. Da war Deep House gerade am Start. In London zu leben und feiern zu gehen, das alles im College zu erleben und mit anderen jungen Produzenten und Musikern zusammenzuarbeiten - das hat mich natürlich beeinflusst.

Du arbeitest jetzt gerade an deinem neuen Album. Wie wird es denn klingen?

Es wird einen Bezug zu House geben. Die Time Signature - also der Beat - wird wie immer sein. Und es soll auf jeden Fall nicht langweilig werden. Wichtig ist, dass die positiven Vibes rüberkommen. Ich kann mir gut vorstellen, auch mal eine langsamere Nummer zu machen – so um die 100 Beats per Minute. Und vielleicht was Schnelleres, was mehr für die Clubs geeignet ist und die Bass Line mehr in den Fokus stellt als die Vocals. Und ich möchte, dass das Album ein Gesamtwerk ist, das man als Ganzes hören will.

Du hast zuerst als DJ gearbeitet und erst später angefangen zu produzieren. Hast du dir gedacht: "Das kann ich auch"?

Ich hatte immer schon Interesse daran zu erfahren, wie es eigentlich wäre, wenn ich meine eigene Musik mache und nicht nur Musik vom Blatt spiele. Und dann war die nächste Überlegung natürlich: OK, was ist der nächste Schritt für mich als DJ? Mein Traum war immer, ein bekannter DJ zu werden. Und da braucht man seine eigene Tracks, seine eigenen Releases. Und deswegen habe ich angefangen, mich mehr mit dieser Materie auseinanderzusetzen.

DJ Felix Jaehn
Felix Jaehn an den Reglern: "Mein Traum war immer, ein bekannter DJ zu werden"Bild: Imago/ pixelpress

Der große internationale Knaller war dann "Cheerleader". Hast du dir das ausgesucht, oder ist das vom Management beziehungsweise Label an dich herangetragen worden?

Die Remix-Anfrage kam von der Plattenfirma von OMI - das ist Ultra Records. Das war im Januar 2014. Ich hatte zu dem Zeitpunkt nur ein paar Sachen online bei Soundcloud, Facebook und auf meiner Website. Ich hatte damals noch gar kein Team um mich herum. Als dann die Anfrage kam, war ich natürlich erst mal happy. Ist natürlich krass, wenn eine große Plattenfirma sich einfach so bei dir meldet. Und dann fand ich diesen Song, den sie mir geschickt haben, auch ganz gut. Ich dachte, der hat eine Menge Potenzial und das Original, eine Reggae-Pop-Nummer aus 2012, kennen ja viele gar nicht.

Wie lange hast du daran gesessen?

Ich glaube, bis zum Abschicken meines Remixes waren es nur zwei Wochen, was ziemlich gut ist. Ich hatte direkt eine Idee, eine Vision für den Track. Dann war es schnell gemacht. Da lohnt es sich nicht, noch lange herumzubasteln.

Wie war das bei "Ain't Nobody"?

"Ain't Nobody" hat ein bisschen länger gedauert. Und es hat vor allem länger gedauert, bis der Song Aufmerksamkeit bekommen hat. Zumindest für die breite Masse, weil er ja schon ein Jahr bei Soundcloud war und in den Blogcharts bei Hype Machine auf Platz Eins. Erst später kam die Idee, ihn zu veröffentlichen.

Nochmal zurück zum sensationellen Erfolg deines "Cheerleader"- Der Song ist in den USA auf Eins gegangen. Seit Milli Vanilli im Jahr 1989 ist das keinem deutschen Act gelungen. Wie hast du davon erfahren?

Das war ein ganz normaler Tag. Ich hab mit meinem Management auf der Terrasse gehockt, Musik gehört und für das Album Pläne geschmiedet. Dann habe ich mein Handy gecheckt und sah auf Twitter: "Hier ist die neue Nummer Eins." So habe ich es erfahren. Natürlich überschwängliche Freude. Ich bin einfach total happy gewesen. Es ist bis heute unglaublich.

Du produzierst und hast viele Auftritte. Gerade warst du im Nahen Osten, ab Dezember geht's wieder in die USA. Wie kriegst du das alles zusammen? Ich habe das Gefühl, du schläfst kaum.

Ich habe jedes Wochenende Auftritte, manchmal auch mittwochs oder donnerstags. Gerade durch den internationalen Erfolg der Singles geht es hin und her. Aber glücklicherweise kann ich viel Arbeit an meinem Album einfach unterwegs am Laptop machen. Man kann auch mit den Sängerinnen und Sängern und Mixing-Engineers übers Internet arbeiten - per E-Mail hin und her schicken. Und das kriegt man schon alles unter einen Hut.

Felix Jaehn
Erfolgsverwöhnt: Felix Jaehn stürmt weltweit die ChartsBild: J. Nimke

Wie wichtig sind denn soziale Medien für deinen Erfolg? Hätte das ohne Facebook und Co. tatsächlich funktioniert?

Naja, es wäre auf jeden Fall so nicht möglich gewesen, Wenn man das Internet smart nutzt und diese ganzen Plattformen als Tools verwendet, kann man sich aus eigener Kraft etwas aufbauen. Wenn man gute Musik macht, kann man sich eine kleine Community aufbauen, man muss sich viel Mühe geben, viele Emails an Blogger schreiben und viel Zeit in Twitter, Facebook und Snapchat stecken. Das guckt sich dann natürlich auch die Musikindustrie an. Und deswegen sind die sozialen Medien einfach total wichtig.

Ich habe das Gefühl, du bist schon im DJ-Himmel angekommen. Welche Träume hast du denn noch?

Ich glaube, das Wichtigste ist, dass man es schafft, sich zu etablieren und nicht nur einen kurzen Hype zu haben. Es wird jetzt ganz wichtig sein, mit den nächsten Singles wieder Erfolg zu haben. Und dann ist natürlich das große Ziel und Projekt das Album. Mir ist wichtig, dass das Album als Gesamtwerk wahrgenommen wird. Es wäre total schön, wenn ich mit dem Album genauso erfolgreich sein könnte wie mit den Singles.

Was ist das Verrückteste, was du in diesem Jahr erlebt hast?

Ich glaube, das Verrückteste war mein Gig in Brasilien beim Villa Mix-Festival. Es war die größte Bühne der Welt. Ich war einer der wenigen internationalen Acts, die zwischen brasilianischen Popbands vor 60.000 Leuten gespielt haben. Den Sound für Europa und Deutschland zu präsentieren, war natürlich ein total cooles Ding.

Was ist denn besonders deutsch an Felix Jaehn und seiner Musik?

Das ist schwer zu sagen. Ich weiß nicht, ob meine Musik wirklich deutsch ist oder international. Ich habe englische Vocals, und der Sound ist in ganz Europa verbreitet. Der könnte genauso aus Frankreich oder Schweden kommen. Vielleicht müsste ich auf dem Album mal ein deutschsprachiges Lied machen, dann hätte ich darauf eine gute Antwort.

Das Gespräch führte Mikko Stübner-Lankutis