Betrugsprozess um WM 2006 verläuft im Sande
21. April 2020Nach jahrelang schleppenden Ermittlungen der Schweizer Justiz wird der so genannte "Sommermärchen"-Prozess wohl ohne Urteil zu Ende gehen. Wie das Bundesstrafgericht in Bellinzona mitteilte, wird das Verfahren gegen den früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger, seinen Nachfolger Wolfgang Niersbach, den früheren DFB-Generalsekretär und -Schatzmeister Horst R. Schmidt sowie den Ex-FIFA-Generalsekretär Urs Linsi aus der Schweiz wegen der Corona-Krise weiter ausgesetzt: bis einschließlich 27. April.
An diesem Tag hätte ein Urteil in erster Instanz vorliegen müssen, andernfalls verjähren die Vorwürfe. Mit einer Verlängerung der Frist ist nicht zu rechnen. "Wenn es bei der Verjährung am 27. April bleibt, werde ich bei der bekannten Sachlage um einen Freispruch gebracht", hatte Ex-DFB-Chef Zwanziger unlängst gesagt. Die früheren Funktionäre mussten sich wegen Betrugsvorwürfen im Zusammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland vor Gericht verantworten.
Geld landete auf Konten in Katar
Dabei ging es vor allem um eine dubiose Zahlung von 6,7 Millionen Euro aus dem Jahr 2005. Das Geld war als Beitrag für eine Gala zur WM 2006 deklariert, die nie stattfand, und wurde an den französischen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus überwiesen. 2002 hatte der damalige WM-Organisationschef Franz Beckenbauer ein Darlehen von Louis-Dreyfus in gleicher Höhe erhalten, das letzt endlich auf Konten des damaligen FIFA-Finanzchefs Mohamed bin Hammam in Katar verschwand. Wofür ist immer noch unklar. 2011 hatte die FIFA Hammam wegen Korruption lebenslang gesperrt.
Das Verfahren gegen Franz Beckenbauer war wegen dessen angegriffener Gesundheit im Juli 2019 abgetrennt worden. Alle Angeklagten hatten die Betrugsvorwürfe stets zurückgewiesen. Nach äußerst schleppenden Ermittlungen der Schweizer Bundesanwaltschaft hatte der Prozess in Bellinzona erst am 9. März begonnen - sieben Wochen vor der Verjährung der 15 Jahre zurückliegenden Vorgänge. Wegen der aufziehenden Corona-Krise waren lediglich Niersbach und Linsi vor Gericht erschienen. Am 17. März war der Prozess wegen der Pandemie ausgesetzt worden.
sn (dpa, sid)