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Erster türkischer Soldat in Syrien getötet

27. August 2016

Ohne Rücksicht auf Verluste greift der NATO-Partner Türkei in den syrischen Bürgerkrieg ein. Was das für das Bündnis bedeutet, ist noch völlig offen. Jetzt droht eine Eskalation an der Südostflanke der NATO.

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Türkischer Panzer in Karkamis nahe der syrischen Grenze (Foto: Reuters)
Vorstoß nach Süden: Türkischer Panzer in Karkamis nahe der syrischen GrenzeBild: Reuters/U. Bektas

Der Konflikt zwischen der türkischen Armee und den Kurden im Norden Syriens spitzt sich weiter zu. Bei einem Raketenangriff auf mehrere Panzer nahe der Grenzstadt Dscharablus wurden ein türkischer Soldat getötet und drei weitere verletzt. Das meldet die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Zuvor hatten von der Türkei unterstützte Rebellen nach eigenen Angaben Kämpfer des kurdisch geführten Militärbündnisses Demokratische Kräfte Syriens (SDF) attackiert. Auch türkische Panzer waren an den Gefechten mit Unterstützung aus der Luft beteiligt. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien handelt es sich um die ersten direkten Zusammenstöße türkischer Soldaten mit Kämpfern des Kurdenbündnisses.

Massiver Vorstoß an der NATO-Außengrenze

Ein Kurdensprecher bestätigte heftige Gefechte in der Nähe des Ortes Tel al-Amarna rund acht Kilometer südlich von Dscharablus. Die türkische Zeitung "Hurriyet" schreibt, Ankara sei mittlerweile mit 60 Panzern und 380 Soldaten in Syrien präsent - das wäre ein massiver militärischer Vorstoß an der NATO-Außengrenze.

Das Kurdenbündnis SDF wird von den syrisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) angeführt, die ihrerseits als militärischer Arm der Kurdenpartei PYD gelten. Während die USA die YPG als wichtigsten Partner im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien unterstützen, betrachtet die Türkei auch die Kurdenkämpfer als "Terroristen".

Gezerre zwischen NATO-Partnern

Ankara stemmt sich mit aller Kraft gegen die Entstehung eines zusammenhängenden Kurdengebietes an der türkisch-syrischen Grenze und einen möglichen Kurdenstaat. Dafür nimmt Präsident Recep Tayyip Erdogan in Kauf, die Verbündeten seines wichtigsten Partners, der USA, zu attackieren. Somit verfolgen zwei NATO-Mitglieder auf syrischem Boden unterschiedliche Interessen. Zuletzt hatten die Vereinigten Staaten jedoch die türkische Forderung unterstützt, wonach sich die kurdischen Kräfte auf das Gebiet östlich des Euphrat zurückziehen müssten.

Die syrische Regierung unter Machthaber Baschar al-Assad verbucht unterdessen weitere Erfolge. Die Armee übernahm nach eigenen Angaben die vollständige Kontrolle über die einstige Rebellenhochburg Daraja, eine Vorstadt im Südwesten von Damaskus, die lange als Symbol des Widerstands galt. Nach jahrelanger Belagerung und immer neuen Bombardements hatten die Aufständischen einer Evakuierung der Stadt zugestimmt.

Trümmer in Bab al-Nairab bei Aleppo (Foto: Reuters)
Nach dem Bombardement: Trümmer in Bab al-Nairab bei AleppoBild: Reuters/A. Ismail

Bomben auf Zivilisten in Aleppo

Wie die Syrische Beobachtungsstelle meldet, erhöht die Regierung zugleich massiv den Druck auf die Rebellen in der Metropole Aleppo - offenbar, ohne Zivilisten zu schonen. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtet, zunächst sei eine Bombe im Bezirk Maadi im Osten der Stadt niedergegangen. Als die Menschen zusammenliefen, um sich um die Opfer zu kümmern, sei eine weitere Bombe eingeschlagen. Mindestens 15 Tote wurden demnach gezählt.

Im schweizerischen Genf hatten sich die Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, am Freitag grundsätzlich auf Schritte hin zu einer Waffenruhe in Syrien verständigt. Vor allem der Zugang für Helfer zu tausenden notleidenden Menschen in Aleppo wird immer wieder verlangt, doch bislang gibt es dort keine ausreichend langen Feuerpausen. In den kommenden Tagen sollen Experten der USA und des Assad-Verbündeten Russland die offenen Fragen angehen. Doch ob es tatsächlich zu einer Einigung kommt, ist fraglich. Denn beide Mächte verfolgen im geostrategisch bedeutsamen Syrien völlig gegenläufige Ziele.

jj/SC (dpa, afp)