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Äthiopien versucht es mit Demokratie

Aryam Abraha 15. Mai 2005

Erst zum dritten Mal in seiner Geschichte wählt Äthiopien ein Parlament. Die mehr als 25 Millionen registrierten Wähler zogen in Scharen zu den Wahllokalen. Überraschungen wird es aber nicht geben.

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Anhänger der Regierungspartei demonstrierenBild: AP

35 Parteien bewerben sich für die 547 Sitze der nationalen Abgeordnetenkammer in Addis Abeba. Gewählt werden außerdem die Vertreter von acht regionalen Parlamenten und die Stadtverwaltung für die Hauptstadt.

Alltag in Äthiopien
Alltag in Äthiopien mit Jesus und SexBild: AP

Bauern ans Netz!

Mit 71 Millionen Einwohnern ist Äthiopien der zweitgrößte Staat Afrikas. Äthiopien ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt. Etwa ein Fünftel des Staatshaushalts wird von Geberländern finanziert. Das Land am Horn von Afrika ist der größte Kaffeeproduzent Afrikas und - als Nachbar Somalias - ein wichtiger Verbündeter der USA im Kampf gegen den internationalen Terrorismus.

Entsprechend selbstbewusst präsentiert sich das Land heute als wichtige Regionalmacht des afrikanischen Kontinents. Dass die Afrikanische Union (AU) ihren Sitz in der äthiopischen Hauptstadt bezogen hat, zeugt von der wachsenden Bedeutung des Landes.

Bauer bei der Arbeit in Äthiopien
Bauer bei der ArbeitBild: AP

Selbstbewusst hat die Regierung auch zahlreiche Modernisierungsprogramme auf den Weg gebracht: So sollen in den nächsten drei Jahren alle äthiopischen Bauern Zugang zum Internet erhalten. Noch ist die wirtschaftliche Lage allerdings ernüchternd: Äthiopien zählt zu den ärmsten Ländern der Welt - mehr als fünf Millionen Menschen sind auf regelmäßige Lebensmittelhilfe angewiesen.

Reformen und Repressionen

Meles Zenawi, Premierminister von Äthiopien
Meles Zenawi, Premierminister von ÄthiopienBild: dpa

Ministerpräsident Meles Zenawi regiert seit 1991. Mit einer Gruppe von Rebellen stürzte Meles damals die Militärjunta unter General Mengistu Haile Mariam, die 1977 die Monarchie von Kaiser Haile Selassie abgelöst hatte. Zenawi hat immerhin das Wahlsystem reformiert. Unter anderem wurde den Oppositionskandidaten endlich der Zugriff auf staatliche Medien gewährt. Außerdem wurden die Registrierungsbedingungen für die Kandidaten vereinfacht, sodass im Gegensatz zu 1995 und 2000 diesmal elementare Grundsätze für eine demokratische Wahl erfüllt sind.

Doch auch wenn die Wähler nun die Wahl zwischen mehreren Parteien und Kandidaten haben, ganz frei ist die Abstimmung in Äthiopien nicht: Gerade in ländlichen Gebieten, so klagen Oppositionsvertreter, gebe es Einschüchterungsversuche von staatlicher Seite. Eine Einschätzung, die jüngst auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in einem Bericht über den Verlauf des Wahlkampfes bestätigt hat.

Obdachlose in Äthiopien
Obdachlose in Addis Abeba, der Hauptstadt ÄthiopiensBild: AP

Als Fortschritt bezeichnete jedoch Human Rights Watch, dass Äthiopien zum ersten Mal überhaupt ausländische Wahlbeobachter akzeptiert hat - darunter als prominentester Vertreter der frühere US-Präsident Jimmy Carter. Zwar mussten verschiedene US-Organisationen das Land verlassen, dafür wurden aber andere Gruppen, etwa ein Beobachterteam der Europäischen Union, ausdrücklich eingeladen. Für die EU ist die Wahl in Äthiopien mit rund 170 Beobachtern die drittgrößte Beobachtermission ihrer Geschichte.

Der Wahlsieger steht schon fest

Kirche in Äthiopien
Die Mehrheit sind Christen, die Muslime die zweitstärkste ReligionsgemeinschaftBild: AP

Experten gehen davon aus, dass die Regierungspartei (EPRDF - Ethiopian People's Revolutionary Democratic Front) die Wahlen schon aufgrund ihrer starken Kontrolle über die ländlichen Gebiete gewinnen dürfte. Die Partei des einstigen Guerillaführers Meles Zenawi und ihre Satellitenparteien halten zurzeit 519 der insgesamt 547 Sitze im Parlament. Für die Opposition wäre es ein Erfolg, wenn sie eine größere Anzahl der Sitze im neuen Parlament erringen könnte.

Alltag in Äthiopien, Kaffeetradition
Kaffeehaus in Addis AbebaBild: AP

Unter den zahlreichen Oppositionsparteien stechen vor allem die Koalition für Einheit und Demokratie (CUD - Coalition for Unity and Democracy) und die Vereinten Äthiopischen Demokratischen Kräfte (UEDF - United Ethiopian Democratic Forces) hervor. Die UDEF wurde vor einem Jahr als Zusammenschluss von fünfzehn politischen Parteien geschaffen und ist der größte Herausforderer der Regierungspartei.

Von einem Erfolg der Opposition hängt es wohl auch ab, ob die starken Spannungen zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen vermindert werden können. Insbesondere die Rechte der Oromo, die fast die Hälfte der äthiopischen Bevölkerung stellen, würden so stärker in den Vordergrund rücken.