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"Rumba Catalana" wieder in Mode

24. Juni 2009

In Barcelonas Clubs ist die "Rumba Catalana" wieder angesagt, die in den 60er-Jahren ihre größten Erfolge feierte. Der Musikstil geht auf die katalanischen Gitanos, die Zigeuner, zurück und ist viel mehr als nur Musik.

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Drei Musiker der katalanischen Band Papawa musizieren gemeinsam, zwei mit Gitarre, einer mit Trommeln
Band "Papawa": Peret Reyes (Mitte) ist einer der Väter des "Rumba Catalana"Bild: Papawa

Wenn Peret Reyes - meist nach Mitternacht - in Barcelonas angesagten Szeneclubs auftritt, bringt der agile Mittfünfziger das junge Publikum zuverlässig in Stimmung und Bewegung: Die "Rumba Catalana" ist vor allem tanzbarer Rhythmus, eine Mischung aus Flamenco und afro-karibischen Rhythmen und Peret Reyes einer ihrer legendären Erfinder.

"Die Rumba ist die Musik der katalanischen Gitanos - und mehr als das: sie ist ein Lebensgefühl", beschreibt er. "Unsere Kinder tanzen Rumba, bevor sie laufen lernen und singen Rumba, bevor sie sprechen. Wir schlafen, lachen, weinen, wir leben im Rhythmus der Rumba!" Jüngere Musiker sprechen ihn respektvoll mit "Maestro" an. Einmal mit ihm und seiner Gruppe "Papawa" aufzutreten, gilt unter Barcelonas Rumberos als Privileg.

Kein Relikt aus alten Zeiten

Pressefoto der Band Papawa
Peret Reyes (rechts) freut sich über den Rumbero-NachwuchsBild: Papawa

"Wir spielen die 'Rumba Catalana' als einzige Gruppe noch wie früher", erklärt Reyes. "Mit zwei Gitarren, Bongos und dem traditionellen Holztisch, auf dem ich den Rhythmus klopfe und an dem ich sitze während ich singe." Der Holztisch gehörte einst dazu, wenn Barcelonas Gitanos in ihren Kneipen tranken und Musik machten.

Jetzt steht er auf der Bühne des rappelvollen In-Clubs "Apolo", zwischen Lautsprechertürmen und Verstärkern, vor dem Hintergrund poppiger Poster im angesagten Retro-Stil. Auch Peret Reyes wirkt mit seinem Outfit nicht gerade wie ein Relikt aus alten Zeiten: modische Jeans, kurzärmeliges T-Shirt, die schwarzen, leicht schütteren, kurz geschnitten Haare sorgfältig nach hinten gekämmt. Höchstens die penibel polierten Schuhe, mehrere Fingerringe und die obligatorische Zigarette in der Hand erinnern an das traditionelle Erscheinungsbild der Gitanos.

Ein Leben für die Rumba

Schon als Elfjähriger stand der charismatische Musiker im Plattenstudio - in den goldenen 60er-Jahren, als die katalanische Rumba ihre großen Erfolge feierte. Die "Rumba Catalana" riss das Publikum schon damals mit, nicht nur in Spanien.

Mit dem Sommerhit "Borriquito" schaffte Rumbastar Peret - ein Namensvetter von Peret Reyes - 1971 sogar den Sprung an die Spitze der internationalen Charts. Daran können sich die Mitglieder der Gruppe Papawa nicht erinnern, wenn sie den Ohrwurm mit Peret Reyes im Apolo-Club spielen: Sie waren damals noch gar nicht geboren.

Ausflüge in die Moderne

Blick auf Barcelona mit der Sagrada Familia
Barcelona ist das Mekka der "Rumba Catalana"-LiebhaberBild: AP

Der "Maestro" umgibt sich gern mit jungen Gitanomusiker, die die Rumba vor ein paar Jahren wiederentdeckten: auf der Suche nach einer eigenen Identität als Gitanos und Katalanen zugleich. Ihre Familien leben seit Generationen in Barcelona, ihre Muttersprache ist Katalanisch. Diese Generation ist kulturellen Grenzgängern geworden - auch musikalisch.

"Die Rumba lässt sich sehr leicht mit anderen Musikstilen verschmelzen, mit Salsa, Jazz, Bossa Nova, Flamenco", sagt Sam. Er ist Ende zwanzig und Gitarrist bei Papawa. "Die Rumba ist wie ein Schlüssel, der dir die verschiedensten Türen öffnet." Sam hat seine schwarzen Haare mit Gel gebändigt, trägt einen feinen Schnurr- und Kinnbart, Ohrring, Jeans, T-Shirt und Turnschuhe. Er ist stolz darauf, mit Peret Reyes zu spielen - tritt aber auch gern mal mit "moderneren" Formationen auf.

Je mehr, umso lauter

Der "Maestro" sieht die musikalischen Experimente der Jungen mit Wohlwollen - solange keiner den aktuellen Mix als authentische Rumba verkauft. Sonst fürchtet er um die Musik der katalanischen Gitanos. Jüngere Musiker wie Sam sehen das gelassener. "Die Rumba geht nicht verloren, die haben wir im Blut, wir kommen ja als Rumbero zur Welt", sagt er. "Im Gegenteil, man lernt dazu, kann Elemente des Hip Hop oder der Cumbia herausgreifen und sie in die eigene Musik, die 'Rumba Catalana', einbringen."

Die "Rumba Catalana" ist Kult in Barcelona, nicht nur unter Gitanos. In den neuen Bands spielen immer mehr Payos, Nicht-Zigeuner, mit. Solange sie die Gitanos als "Erfinder" der Rumba respektieren, gehe das in Ordnung, so Peret Reyes: "Seit vier oder fünf Jahren erleben wir die Wiedergeburt der Rumba Catalana in großem Stil. Dazu haben die Payos beigetragen. Das ist gut für die 'Rumba Catalana' und gut für die katalanischen Gitanos. Je mehr wir sind, desto lauter machen wir uns bemerkbar - und desto mehr hört man uns zu."

Autorin: Dorothea Massmann
Redaktion: Andreas Ziemons