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Zweitgrößter Nebenfluss des Amazonas droht auszutrocknen

5. Oktober 2024

Viele Menschen an den Ufern des Amazonas in Brasilien bewegen sich mit Booten fort. Ein wichtiger Nebenfluss hat nun den niedrigsten Stand seit über 120 Jahren erreicht. Die Folgen für die Bewohner sind gravierend.

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Gestrandete Schiffe am Rio Negro in Brasilien
Diese Schiffe liegen wegen des Wassermangels im Rio Negro auf dem TrockenenBild: Bruno Kelly/REUTERS

Der zweitgrößte Nebenfluss des Amazonas in Brasilien ist aufgrund der extremen Trockenheit in dem Gebiet auf den niedrigsten Pegelstand seit Beginn der offiziellen Messungen vor 122 Jahren geschrumpft. Der Fluss Rio Negro ist in der Provinzhauptstadt Manaus im Bundesstaat Amazonas bei einem Tiefststand von 12,66 Metern angekommen, wie der Geologische Dienst Brasiliens (SGB) mitteilte. Dies ist der niedrigste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1902. Teile des Flusses liegen am Hafen der größten Stadt im Amazonas-Regenwald aufgrund der schweren Dürre trocken, wie auf Bildern zu sehen ist.

Den Prognosen des SGB zufolge könnte der Pegel in den kommenden Tagen noch weiter sinken. Vor allem die Bevölkerung an den Flussufern leidet. Viele von ihnen können sich normalerweise nur per Boot auf den Flüssen fortbewegen. Wegen des niedrigen Pegelstandes sind Boote auf Grund gelaufen, die Versorgung der Gemeinden mit Wasser, Lebensmitteln oder Medikamenten wird dadurch erschwert.

"Wenn mein Boot hier an Land liegt, verdiene ich kein Geld", erzählt Bootsführer Raimundo Filho dem Nachrichtenportal G1. Auf dem Madeira-Fluss, einem anderen Nebenfluss des Amazonas, wurden die Getreidetransporte wegen des niedrigen Wasserstandes gestoppt, wie ein Hafenverband im September mitteilte.

Zwei Hausboote am Rio Negro liegen auf dem Trockenen
Auch diese Hausboote sind am Rio Negro gestrandetBild: Bruno Kelly/REUTERS

Die Behörden sind bereits in Alarmbereitschaft. Im schwer getroffenen Bundesstaat Amazonas befinden sich mindestens 62 Gemeinden im Ausnahmezustand, und mehr als eine halbe Million Menschen sind betroffen, so das Zivilschutzkorps des Bundesstaates.

Heftigste Waldbrände seit über einem Jahrzehnt

Unterdurchschnittliche Niederschläge - selbst während der Regenzeit - plagen das Amazonasgebiet und weite Teile Südamerikas seit vergangenem Jahr und haben in Brasilien und Bolivien zu den schlimmsten Waldbränden seit mehr als einem Jahrzehnt geführt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich die Feuchtigkeit in der Amazonasregion bis 2026 nicht vollständig erholen wird.

Waldbrand im National Forest in Brasilien
Riesige Qualmwolken steigen im September über einem Feuer im National Forest in Brasilien aufBild: Eraldo Peres/AP/picture alliance

In Brasilien, wo sich der größte Teil des Amazonasgebiets befindet, sind mehr als ein Drittel des Staatsgebiets von der extremen Trockenheit betroffen, wie das Nationale Zentrum für die Überwachung von Naturkatastrophen (Cemaden) zuletzt berichtete. Dabei handle es sich um die schwerste Dürre seit Beginn der systematischen Messung im Jahr 1950. Sie steht Experten zufolge in Zusammenhang mit dem Wetterphänomen El Niño und dem Klimawandel.

Die Folgen des Klimawandels

Die vergangenen Jahre seien im Amazonasgebiet von extremen Ereignissen geprägt gewesen, die mit dem Klimawandel zusammenhängen, sagt der nationale Koordinator des hydrologischen Warnsystems des SGB, Artur Matos. "Die Jahre 2021 und 2022 waren von großen Überschwemmungen, die Jahre 2023 und 2024 von großen Dürreperioden geprägt. Dies ist ein Hinweis darauf, dass Extreme immer häufiger auftreten."

Die Dürre beeinträchtigt auch den Betrieb der Wasserkraftwerke, die Brasiliens wichtigste Stromquelle darstellen. Die Energiebehörden haben beschlossen, die Sommerzeit wieder einzuführen, um Strom zu sparen. Allerdings bedarf diese Maßnahme noch der Zustimmung des Staatspräsidenten.

Die extremen Wetterbedingungen und die Trockenheit wirken sich auf weite Teile Südamerikas aus. So hat auch der Paraguay-Fluss einen historischen Tiefstand erreicht. Dieser Fluss entspringt in Brasilien und fließt durch Paraguay und Argentinien in den Atlantik.

kle/sti (dpa, rtre)