Zeitungsbeitrag von Musk zu AfD schlägt hohe Wellen
29. Dezember 2024Nach der Veröffentlichung eines Gastbeitrags von US-Milliardär Elon Musk mit einem Wahlaufruf für die rechtspopulistische, in Teilen auch rechtsextreme Partei AfD in der Zeitung "Welt am Sonntag" (WamS) haben Deutschlands Sozialdemokraten den Springer-Verlag scharf kritisiert. "Dass der Springer-Verlag Elon Musk überhaupt eine offizielle Plattform bietet, um Wahlwerbung für die AfD zu machen, ist beschämend und gefährlich", sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch dem "Handelsblatt". Der Vorgang zeige, "wie weit rechte Netzwerke inzwischen vorgedrungen sind".
SPD-Generalsekretär: "Brauchen keine Einmischung von außen"
Auch den US-Tech-Unternehmer und künftigen Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump ging Miersch mit scharfen Worten direkt an. Es sei "inakzeptabel, dass ausländische Milliardäre versuchen, unsere politische Landschaft zu beeinflussen und dabei Parteien unterstützen, die unsere demokratischen Werte untergraben", erklärte er in Richtung Musk. "Deutschland braucht keine Einmischung von außen und schon gar keine Unterstützung für rechtsextreme Positionen."
Zugleich lobte Miersch das Verhalten von "Welt"-Redakteurinnen und -Redakteuren, die gegen die Veröffentlichung des Artikels protestiert hatten. "Die Reaktionen innerhalb der Redaktion der 'Welt am Sonntag' geben Hoffnung - sie zeigen, dass es auch in schwierigen Zeiten Journalistinnen und Journalisten gibt, die Verantwortung übernehmen und klar Haltung zeigen."
Merz: Musks Wahlaufruf "übergriffig und anmaßend"
Auch der Kanzlerkandidat von CDU und CSU, Friedrich Merz, kritisierte Musks Wahlaufruf für die AfD scharf. "Ich kann mich nicht erinnern, dass es in der Geschichte der westlichen Demokratien einen vergleichbaren Fall der Einmischung in den Wahlkampf eines befreundeten Landes gegeben hat", sagte der CDU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Aufruf sei "übergriffig und anmaßend".
Musk müsse bei der Abfassung seines Namensbeitrags auch einige Dinge übersehen haben, betonte Merz. So hätte es mit der AfD den Bau seines Tesla-Werkes in Brandenburg nie gegeben, "denn es war die AfD, aus der der heftigste Widerstand gegen dieses Werk kam". Zudem befürworte die Partei den Austritt aus der EU, was der deutschen Wirtschaft massiv schaden würde. "Diese Zusammenhänge könnte man auch relativ leicht erkennen, vorausgesetzt, man informiert sich nicht allein über die eigenen Social Media Kanäle", sagte der Christdemokrat.
Kündigung bei der "Welt", Kritik vom Journalisten-Verband
Bereits Anfang der Woche hatte ein Beitrag von Musk auf dessen eigenem Onlinedienst X für Schlagzeilen gesorgt, in dem er schrieb, nur die AfD könne "Deutschland retten." In seinem Gastbeitrag für die "WamS" führte der Milliardär daraufhin aus, angesichts eines angeblich bevorstehenden "wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruchs" Deutschlands sei die AfD "der letzte Funke Hoffnung für dieses Land". Nur diese Partei könne die deutsche Wirtschaft wiederbeleben oder durch eine "kontrollierte Einwanderungspolitik" einen Identitätsverlust verhindern, so Musk.
Obwohl Musks Beitrag eine Gegenrede des designierten "Welt"-Chefredakteurs Jan Philipp Burgard gegenüber gestellt war, löste die Veröffentlichung scharfe Kritik aus. Die Meinungschefin der "Welt" reichte am Samstag wegen des Abdrucks des Musk-Artikels ihre Kündigung ein.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) protestierte "gegen den Freifahrtschein für Musk durch die Redaktionsverantwortlichen der 'Welt'", per Gastbeitrag Wahlwerbung für die AfD machen zu dürfen. Der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster rief "alle Redaktionen auf, sich im Bundestagswahlkampf nicht instrumentalisieren zu lassen" und sorgfältig mit Gastbeiträgen umzugehen. "Deutsche Medien dürfen sich nicht als Sprachrohr von Autokraten und deren Freunden missbrauchen lassen", warnte Beuster.
Die Zeitung "Welt" rechtfertigte hingegen die Veröffentlichung. "Demokratie und Journalismus leben von Meinungsfreiheit. Dazu gehört es, sich auch mit polarisierenden Positionen auseinanderzusetzen und diese journalistisch einzuordnen", erklärten Burgard und der zukünftige "Welt"-Herausgeber Ulf Poschardt auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters. Das werde auch künftig den Kompass der "Welt" bestimmen. Man wolle sich noch entschiedener als "Forum für solche Debatten" entwickeln.
Vor der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025 liegt die AfD in Umfragen mit etwa 19 bis 20 Prozent auf Platz zwei, hinter den Unionsparteien mit mehr als 30 Prozent. Alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien schließen eine Zusammenarbeit mit der Rechtsaußenpartei aus.
sti/AR (afp, dpa, rtr)