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Zehntausende gegen TTIP

10. Oktober 2015

In Berlin wird die bislang größte Demonstration gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA erwartet. Die Gegner der Abkommen befürchten eine Absenkung ökologischer und sozialer Standards.

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Verschiedene Aktionsbündnisse stehen am 07.10.2015 mit Fahnen und Transparenten vor dem Brandenburger Tor in Berlin, um für eine geplante Großdemonstration am 10.10.2015 gegen die Handelsabkommen TTIP und CETA zu werben (Foto: dpa)
Verschiedene Aktionsbündnisse stehen am 07.10.2015 mit Fahnen und Transparenten vor dem Brandenburger Tor in Berlin, um für eine geplante Großdemonstration am 10.10.2015 gegen die Handelsabkommen TTIP und CETA zu werben (Foto: dpa)Bild: picture-alliance/dpa

Mehrere zehntausend Menschen werden an diesem Samstag zu einer Demonstration gegen das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP in Berlin erwartet. Die Veranstalter rechnen mit mehr als 50.000 Teilnehmern bei dem Protestmarsch unter dem Motto "TTIP und CETA stoppen!". Hinter dem Aufruf steht ein Bündnis aus Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherschützern sowie Globalisierungskritikern. Auch Grüne und Linke unterstützen den Protest gegen das TTIP-Abkommen zwischen EU und USA sowie den CETA-Vertrag zwischen der EU und Kanada. Die Kritiker befürchten eine Aushöhlung europäischer Regeln und ein Sinken ökologischer und sozialer Standards. Sie fordern, die TTIP-Verhandlungen mit den USA zu stoppen und das mit Kanada verhandelte CETA-Abkommen nicht zu ratifizieren.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer warnte vor einem Scheitern des Freihandelsabkommens mit den USA. Vor allem die Gewerkschaften forderte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) auf, "zu Sachlichkeit, Differenziertheit und Weitblick zurückzufinden". Der geforderte Verhandlungsstopp sei "mit Sicherheit der falsche Weg", sagte Kramer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Ein Scheitern von TTIP wäre nicht nur an unsere amerikanischen Partner, sondern an alle unsere Partner in der Weltwirtschaft ein fatales Signal."

Die EU und die USA verhandeln seit Juli 2013 über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TIPP), die durch den Wegfall von Zöllen und sogenannten nichttarifären Handelshemmnissen - etwa technischen Standards und Zulassungsvorschriften - mehr Wachstum und neue Jobs schaffen soll.

Die Gegner gehen davon aus, dass es zu einer Angleichung auf geringerem Niveau kommen wird. Sie kritisieren zudem, dass die Verhandlungen zwischen Brüssel und Washington weitgehend im Geheimen stattfinden. Umstritten sind auch Sonderrechte von Konzernen und die Rolle von Schiedsgerichten.

Dazu sagte der Arbeitgeberpräsident: "Mir ist unerklärlich, warum hierzulande in letzter Zeit eine neue Mentalität der Abschottung um sich greift." Für ihn steht fest: "Soziale und ökologische Standards werden nicht abgesenkt, das Recht der Parlamente wird nicht durch Investitionsschutz ausgehebelt."

Europa dürfe nicht abseits stehen, meinte auch EU-Digitalkommissar Günther Oettinger. "Ich stimme mit der europäischen Industrie überein, dass TTIP für Europa und die USA sehr gewinnbringend wäre", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Er plädierte dafür, die Verhandlungen noch in der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama abzuschließen. Dessen Amtszeit endet im Januar 2017.

"Solche Abkommen braucht die Welt nicht", sagte dagegen der Leiter der Wirtschaftsabteilung bei Brot für die Welt, Heinz Fuchs, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Lange habe man sich zurückgehalten und versucht, positiv auf die Verhandlungen einzuwirken. Aber mittlerweile sei klar: Eine verantwortungsvolle Wirtschaftspolitik werde mit TTIP nicht gemacht. "Weder im Kulturbereich noch im Gesundheitsbereich oder bei der Entwicklungszusammenarbeit werden positive Auswirkungen des Abkommens erwartet."

Ängste im Kultursektor

Der Kultursektor fürchtet drastische Auswirkungen wegen der Freihandelsabkommen. Die Unesco-Konvention werde etwa im TTIP-Abkommen erwähnt, sei aber bedeutungslos, da die USA diese Konvention nie ratifiziert hätten, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann. Zwar sei es erfreulich, dass die Buchpreisbindung wohl als Verhandlungsthema vom Tisch sei, dieser Schutz müsse aber auf den gesamten Kultur- und Medienbereich ausgeweitet werden. Die öffentliche Förderung für Kultureinrichtungen und der öffentlich-rechtliche Rundfunk seien durch TTIP bislang weiter gefährdet.

Auch die deutschen katholischen Bischöfe setzen sich kritisch mit dem Freihandelsabkommen auseinander und wollen sich aktiver in die Debatte einbringen. Kardinal Reinhard Marx kündigte nach der Herbstvollversammlung Ende September in Fulda ein Expertenpapier an, das zentrale Kritikpunkte zur Sprache bringen werde. Ungeachtet einer grundsätzlichen Zustimmung zu dem Freihandelsabkommen und seinen Chancen wollten die Bischöfe in dem Papier auch die Risiken darlegen. Dazu zählt laut Marx die "Sorge um den Erhalt des Schutzniveaus von Umwelt- und Sozialstandards".

stu/jj (afp, dpa, kna)