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VfL Wolfsburg holt erneut DFB-Pokal der Frauen

Mathias Brück
9. Mai 2024

Im DFB-Pokalfinale schlägt der VfL Wolfsburg den FC Bayern München und holt zum zehnten Mal in Folge die Trophäe. Eine unfassbare Serie, die jedoch Bedenken über die Wettbewerbsgleichheit im Frauenfußball aufwirft.

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VfL Wolfsburg - Bayern München
Bild: Fabian Strauch/dpa/picture alliance

Während ihre Teamkolleginnen schreiend und jubelnd auf das Spielfeld stürmten, sackte Wolfsburgs Kapitänin Alexandra Popp von Emotionen übermannt nach dem Schlusspfiff auf dem Rasen zusammen. Soeben hatte sie zum 13. Mal den DFB-Pokal gewonnen, ein Rekord im Fußball der Frauen. Das 2:0 gegen den FC Bayern durch Tore von Jule Brand (14.) und Dominique Janssen (40.) war zugleich der zehnte DFB-Pokalsieg des VfL Wolfsburg in Folge, während den Münchenerinnen das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokalsieg verwehrt blieb. Es wird wohl nicht das letzte Mal sein, dass sich diese beiden Mannschaften im Pokalfinale gegenüberstehen. Seit Jahren machen Wolfsburg und Bayern die Meisterschaft bereits unter sich aus, und vieles deutet darauf hin, dass im Pokal eine ähnliche Entwicklung folgen wird. 

Fehlende Spannung in der Frauen-Bundesliga?

Noch tut der ständige Zweikampf der Popularität des Frauenfußballs jedoch keinen Abbruch. Das Pokalfinale war mit 54.400 Zuschauern im Kölner Rhein-Energie-Stadion erneut ausverkauft, in der Frauen-Bundesliga kommen derzeit im Schnitt 3200 Zuschauer pro Spiel zu den Partien, vor vier Jahren waren es noch etwa 650. Auch das Interesse der Medien hat sich in den letzten Jahren deutlich gesteigert. Die Frauen-Bundesliga ist mittlerweile auf sechs verschiedenen Sendern zu sehen, und alle Vereine und Spiele können mit entsprechendem Abo live verfolgt werden. Mit der Vergabe der Medienrechte für die Spielzeiten 2023/24 bis 2026/27 ist die Liga auch wirtschaftlich in neue Dimensionen vorgestoßen. Im Vergleich zum vorherigen Vertrag haben sich die Lizenzeinnahmen um das 16-fache auf jährlich 5,17 Millionen Euro erhöht.

Jule Brand (li.) und Klara Bühl im Zweikampf
Seit Jahren ist die deutsche Meisterschaft ein Zweikampf zwischen Wolfsburg und BayernBild: FloriannWiegan/IMAGO

Doch bei allen positiven Nachrichten: Trotz der Zuschauerrekorde und bei aller Professionalisierung könnte die Frauen-Bundesliga langfristig ein großes Problem bekommen: Die seit Jahren zementierte Tabelle mit den immer selben Top zwei und und dementsprechend auch den selben Pokalsiegern. Seit 2013 mit einer Ausnahme - 2014 der Pokalsieg des 1. FFC Frankfurt - teilen sich der FC Bayern und der VfL Wolfsburg alle nationalen Titel untereinander auf.

Abhängigkeit vom Stammverein

Doch wie entsteht diese überwältigende Dominanz, wenn doch das Fernsehgeld gleichmäßig unter allen Vereinen aufgeteilt wird? Die Fußball-Bundesliga der Frauen ist aktuell noch immer ein Zuschussgeschäft. Die finanziellen Möglichkeiten der Klubs hängen somit stark davon ab, wie viel Geld der jeweilige Stammverein bereitstellen kann oder möchte. Elf der zwölf Vereine der Frauen-Bundesliga werden von ihren Männerfußball-Abteilungen finanziell unterstützt. Die Höhe der jeweiligen Zuschüsse ist jedoch von Verein zu Verein sehr unterschiedlich. Der FC Bayern und der VfL Wolfsburg stecken deutlich mehr Geld in ihre Frauen-Abteilungen als andere Vereine und haben damit im Kampf um die Topspielerinnen sowie beim Thema Infrastruktur einen klaren Vorteil.

Diese Diskrepanz spiegelt sich auch deutlich in den Kaderwerten der verschiedenen Vereine wieder. Laut soccerdonna.de haben der FC Bayern und der VfL Wolfsburg Kaderwerte von etwa 3,3 Millionen Euro und 3 Millionen Euro. Auf dem dritten Platz rangiert Eintracht Frankfurt schon weit abgeschlagen mit knapp 1,6 Millionen Euro, während der MSV Duisburg als Schlusslicht nur einen Kaderwert von knapp 435.000 Euro hat.

FC Bayern Spielerinnen feiern die Meisterschaft 2024
Auch 2024 entschied sich die Meisterschaft zwischen Bayern und Wolfsburg, diesmal zugunsten der MünchnerinnenBild: Max Ellerbrake/firo/picture alliance

"Kein gerechter Wettbewerb möglich"

Eine Entwicklung, die mitunter auch von Spielerinnen der profitierenden Vereine kritisch gesehen wird. "Wenn man auf alles schaut, dann ist einfach kein gerechter Wettbewerb möglich", sagte Bayern Münchens Torfrau Mala Grohs im ZDF. "Man denkt immer, das sind nur Kleinigkeiten. Aber das summiert sich halt, wenn nicht mal jedes Team in der Bundesliga seine eigene Kabine am Trainingsgelände hat."

Auch Frankfurts Klubchef Axel Hellmann stört sich an der seit über einem Jahrzehnt anhaltenden Dauerdominanz von Bayern und Wolfsburg. "So verliert eine Zwölfer-Liga, die netto nur fünf Monate im Jahr spielt, ihren Reiz", sagte Hellmann der "Frankfurter Rundschau": "Und wenn ich mir dann noch anschaue, wie stark bezuschusst die Frauen sind, ist das kein System, auf dem wir dauerhaft eine stabile Berufsgrundlage für Fußballerinnen gründen können." Dass der DFB vor einer großen Herausforderung steht, ist auch der Vizepräsidentin für Frauen-und Mädchenfußball, Sabine Mammitzsch, bewusst. "Wie schaffen wir das, dass wir die Liga auf ein gleiches Niveau heben? Darum geht es im Moment," sagte Mammitzsch im Deutschlandfunk.

Ausgliederung als Lösung?

Bei der Frage, wie genau das funktionieren soll, gehen die Meinungen allerdings auseinander. Ein möglicher Lösungsansatz ist eine Ausgliederung, also eine Frauen-Bundesliga, die unabhängig vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) existiert. Externe Investoren hätten somit die Möglichkeit, Anteile an der Kapitalgesellschaft eines Vereins zu erwerben und in den jeweiligen Klub zu investieren. "Wir brauchen ein unabhängiges Management", sagte der langjährige Vorstandschef des FC Bayern, Karl-Heinz Rummenigge bereits 2022 gegenüber der "Funke Mediengruppe": "Der DFB braucht zu lange für Entscheidungen. Die Frauen-Bundesliga muss sich für die Vermarktung ausgliedern." Ähnliches ist zuletzt in England passiert, wo der neue Verband NewCo ab der nächsten Saison die ersten beiden Ligen organisiert, um den Umsatz zu steigern.

Porträtphoto von Sabine Mammitzsch
Sabine Mammitzsch, Vizepräsidentin für Frauen-und Mädchenfußball, weiß um die Gefahr der Langeweile in der Frauen-BundesligaBild: Sebastian Christoph Gollnow/dpa/picture alliance

Auch eine Aufstockung der Frauen-Bundesliga um zwei oder vier weitere Klubs wird diskutiert sowie die Einführung eines Mindestgehalts oder auch einer Gehaltsobergrenze. "Vielleicht brechen wir so das System mal auf, dass mehr Spannung entsteht, damit wir eine größere Öffentlichkeit erreichen", sagte Hellmann. "Weil damit auch der SC Freiburg, Werder Bremen oder Eintracht Frankfurt die Chance hätten, Meister zu werden."

In einem Punkt sind sich Spielerinnen und Funktionäre jedenfalls einig: Die Frauen dürfen keinesfalls bloß ein Anhängsel der Männervereine sein. Denn ansonsten, da ist sich Hellmann sicher, "werden wir in zehn Jahren bei Männern und Frauen exakt dasselbe Tabellenbild haben, weil die Leistungsfähigkeit im Frauenfußball dann komplett vom Männerfußball abhängt." Man hätte dann eine Riesenchance vertan. 

An all diese Dinge verschwendet Alexandra Popp unmittelbar nach dem Pokalfinale allerdings keine Gedanken. "Es ist der VfL Wolfsburg, es ist der DFB-Pokal und es ist unser Titel", sagte Popp. "Jetzt wird erstmal gefeiert."