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Wo sich die Reichen Gute Nacht sagen

Christiane Oelrich dpa
27. Juli 2021

In der Schweiz ist die Millionärsdichte so hoch wie nirgends sonst. Und der M-Club der Milliardäre und Millionäre wächst und wächst. Auch deutsche Reiche sind schon da. Und es kommen immer mehr - auch wegen Corona.

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Schweiz Sankt Moritz
Da fühlen sich auch - und vor allem - Reiche wohl: St. Moritz im Schweizer EngadinBild: picture-alliance/ZB/A. Lander

Die Reichen wissen, wo es schön ist: Seit Jahrzehnten schon ziehen Superreiche aus aller Welt in die Schweiz: Banken, Diskretion, Sicherheit und atemberaubende Kulisse sind einige Gründe dafür. Die Corona-Pandemie beflügelt nun den Run: "Die Pandemie löste einen Nachfrageboom nach Luxusimmobilien aus", berichtet die Bank UBS.

Die höchsten Quadratmeterpreise werden in der Gemeinde Cologny bei Genf erzielt. Dort kostet ein einziger Quadratmeter so viel wie in manchen deutschen Gemeinden eine ganze Wohnung: umgerechnet rund 33 000 Euro.

Corona habe die Sehnsucht vieler nach einem sicheren Hafen verstärkt, glauben UBS-Analysten. Doch auch ein klassisches Argument ziehe noch immer: "Das Risiko höherer Steuern für Top-Verdiener ist - anders als mancherorts im Ausland - dank stabiler fiskalischer Position überschaubar." In der Schweiz liegt die Schuldenquote bei 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zum Vergleich: In Deutschland sind es rund 70 Prozent, in anderen Ländern, etwa Frankreich, sind es sogar mehr als 100 Prozent.

Schweiz Paradeplatz Zürich Flaggen
Das Schweizer Bankenviertel rund um den Züricher Paradeplatz: Hier schlafen viele, viele Milliarden aus aller Welt Bild: picture-alliance/Global Travel Images

Wenn das (Steuer)-paradies so nah liegt

Viele Betuchte mit deutschen Wurzeln genießen bereits die Vorzüge der Schweiz: etwa der Unternehmer Klaus-Michael Kühne aus Hamburg vom Logistikkonzern Kühne + Nagel. Die Zeitschrift Bilanz führt unter anderem ihn, aber auch die Erben der mit Kaffeehandel in Deutschland groß gewordenen Jacobs-Familie, die in Zürich eine Beteiligungsgesellschaft führen, mit zweistelligen Milliardenbeträgen auf der Liste der reichsten Deutschen.

Die Familie Liebherr des Baumaschinenherstellers gehört nach dieser Liste ebenso dazu wie die Industriellenfamilie von Finck, der Molkereiunternehmer Theo Müller und die Nachkommen von Franz Ströher, dem Gründer des Haarpflegeunternehmens Wella.

Jeder sechste Einwohner ein Club-Mitglied

Die Bank Credit Suisse schätzt, dass 2020 fast jeder sechste Einwohner (14,9 Prozent) zum Millionärsclub gehörte. Auch wenn das großzügig geschätzt ist: Die Gesamtzahl dürfte an der Millionengrenze liegen. Abgesehen von Kleinststaaten wie Monaco kommt kein anderes Land der Welt auf so eine Millionärsdichte.

Und auch die Milliardäre selbst sind keine ganz kleine Kohorte: 135 haben so viel Geld auf der hohen Kante, wie die Zeitschrift Bilanz schätzt. Gerechnet wird in Dollar - ein Franken entspricht aktuell rund 1,09 Dollar oder 0,92 Euro.

Luxus-Resorts
Wenn erst das Geld ruhig und sicher schläft, kann sich auch der arme Reiche mal entspannt zurücklehnenBild: Fotolia/Kenike Mana'o

Der Club hat keine Nachwuchssorgen

Nun kommen neue Millionäre ins Land. Rechtsanwalt Enzo Caputo, der ausländischen Kunden zum Leben in der Schweiz verhilft, spricht von 25 Prozent Nachfragezuwachs. "Ich habe auch aus Deutschland regen Zuwachs verzeichnet", sagt er. Andere Anwälte sprechen sogar von bis zu 40 Prozent mehr Anfragen. Nachprüfen lässt sich das nicht, Diskretion ist oberstes Gebot.

"Ich mache eine Art Kuhhandel mit dem Kanton, ich handele Verträge aus über eine Pauschalbesteuerung", sagt Caputo der Deutschen Presse-Agentur. Zugezogene müssen ihren Reichtum gar nicht deklarieren. Das Paket von Aufenthaltsbewilligung und Pauschalsteuer war im Kanton Jura nach Angaben des Senders RTS für einen ledigen Nichteuropäer für umgerechnet rund 135 000 Euro im Jahr zu haben.

Auch ohne solche Deals: Die Einkommenssteuer ist je nach Kanton mit rund 22 Prozent teils nur halb so hoch wie in vielen anderen Ländern. Den Umzug bahnten Superreiche langfristig an, sagt Caputo. "Erst wird das Vermögen bei einer Schweizer Bank mit gutem Vermögensverwalter untergebracht. Dann kommt die Familie, dann das Familienoberhaupt."

Wandern im Tessin
Entspannung und wohlverdiente Ruh' nicht nur zur Winterszeit, sondern auch im Sommer - ach, eigentlich immerBild: DW/C. Deicke

Die Heimat des Geldes

Nach Analysen der Boston Consulting Group liegt in keinem Land der Welt so viel Vermögen von Ausländern, die nicht im Land wohnen: 2,4 Billionen Dollar (gut 2 Billionen Euro). Das ist ein Viertel sämtlicher Auslandsvermögen, mehr als in Hongkong und Singapur.

Einen Boom erleben auch Immobilienmakler: "Besonders im Luxusbereich ist die Nachfrage seit Sommer 2020 enorm gestiegen", sagt Franko Giovanoli, der bei der Firma Ginesta für St. Moritz und Umgebung zuständig ist. "Man hat uns die hochpreisigen Wohnungen aus den Händen gerissen." Die Menschen suchten sichere Anlagen für ihr Geld.

Reiche Chinesen, Inder oder Araber spielten keine große Rolle, eher Interessenten aus Deutschland, Italien und Großbritannien. "Hochpreisig" das sind bei Giovanoli Anwesen für zweistellige Millionenbeträge. Deutsche seien eher im "mittleren Segment" unterwegs. Bescheidenere Ferienwohnungen, etwa mit dreieinhalb Zimmern, gebe es auch schon für ein bis zwei Millionen Franken (gut 900.000 bis 1,9 Millionen Euro).

Fazit der UBS-Ökonomin Katharina Hofer: "Wer auf globalen Luxusmärkten nach einem Ort mit stabilen Institutionen und etablierten Luxusstandorten sucht, dürfte die Schweiz vermehrt ins Auge fassen."