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WM-Gastgeber Australien legt Außenseiterrolle ab

Janek Speight aus Sydney
8. August 2023

Die Australierinnen reiten bei der Heim-Weltmeisterschaft auf einer Welle der Euphorie. Die Mannschaft, die immer als Außenseiter gehandelt wurde, entwickelt sich mehr und mehr zum Geheimfavoriten.

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Australiens Sam Kerr gibt Caitlin Foord ein "High Five".
Das Tor gegen Dänemark von Caitlin Foord sorgte in ihrer Heimatstadt Sydney für ohrenbetäubenden JubelBild: CARL RECINE/REUTERS

Die Australier lieben Außenseiter-Geschichten. Wie die von Steven Bradbury aus Sydney: Er gewann 2002 bei den Olympischen Winterspielen völlig überraschend Gold im Shorttrack über 1.000 Meter, weil seine Konkurrenten allesamt im Finale stürzten und er als Einziger unversehrt ins Ziel kam. Oder die Geschichte des America-Cups 1983: Damals konnte die Yacht "Australia II" des Royal Perth Yacht Club - ebenfalls völlig unverhofft - als erstes nicht-amerikanisches Team die älteste noch ausgetragene Segelregatta der Welt gewinnen. Oder den Coup der "Socceroos" im Jahr 2005, als das Männer-Nationalteam in einem dramatischen Elfmeterschießen gegen Uruguay das Ticket für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 löste und sich damit zum ersten Mal seit 32 Jahren wieder für eine WM qualifizierte.

Im Fußball stand das Land noch nie an der Spitze. Doch nach dem 4:0-Sieg gegen Kanada in der Vorrunde der WM im eigenen Land und dem 2:0-Sieg im Achtelfinale gegen Dänemark schicken sich die Fußballerinnen Australiens an, ihre Außenseiter-Rolle im Weltfußball abzulegen. 

Für die "Matildas" war der Erfolg gegen die Däninnen erst der zweite Sieg in der K.o.-Runde einer Weltmeisterschaft überhaupt, sodass die Bezeichnung "Außenseiterinnen" bisher durchaus gerechtfertigt war. Mittlerweile haben sie aber bewiesen, dass sie mindestens zu Herausforderinnen geworden sind, wenn nicht sogar zu Favoritinnen - auch wenn sie selbst es lieber anders hätten.

"Ich bezeichne uns gerne als Underdogs, niemand erwartet wirklich viel von uns Aussies, und so sind wir besser", sagte Defensivspielerin Ellie Carpenter der DW. "Wir wollen uns also nicht zu viel zumuten. Wir wissen, was auf dem Spiel steht. Wir wollen nur, dass das Publikum im Stadion und die Massen draußen uns weiterhin unterstützen."

"Heim-WM wird den Fußball in Australien verändern"

Stürmerin Caitlin Foord hatte bereits vor dem Achtelfinale versprochen, dass die Weltmeisterschaft 2023 den Fußball in Australien für immer verändern werde. Sie untermauerte ihre Ankündigung mit einer überragenden Leistung. Mit ihren rasanten Läufen über den linken Flügel beschäftigte sie die dänische Abwehr permanent, doch sie half auch hinten aus, wenn es brenzlig wurde. Nach 29 Minuten erzielte Foord das 1:0 und sorgte unter den mehrheitlich australischen Fans unter den über 75.000 Zuschauern in Sydney erstmals für Euphorie. 

Australische Fans jubeln beim Public Viewing in Melbourne
In Australien wurden rekordverdächtige Besucherzahlen in Stadien und bei Public Viewings verzeichnetBild: HANNAH MCKAY/REUTERS

"Es ist schön zu sehen, wohin sich das Spiel hier entwickelt, wie viele Mädchen und Jungen Fußball spielen wollen", sagte Foord nach dem Abpfiff. "Das Spiel bewegt sich in die richtige Richtung."

"Ich glaube, es hat sich bereits geändert", sagte Mittelfeldspielerin Emily van Egmond der DW. "Man hat gesehen, wie viele Zuschauer von den Spiele angezogen werden. Und ich glaube, das ist erst der Anfang für den Frauenfußball in Australien. Hoffentlich können wir die nächste Generation inspirieren."

Der lauteste Jubel des Abends

Wenn eine der besten Spielerinnen der Welt im Kader steht, ist es auch nicht ganz einfach, den Außenseiterstatus aufrechtzuerhalten. Die Wadenverletzung der australischen Rekordtorschützin Sam Kerr, der Drittplatzierten bei der Wahl zur FIFA-Weltfußballerin des Jahres 2022, war das meist diskutierte Thema in Australien.

Auch das ist ein Zeichen dafür, wie sehr diese Weltmeisterschaft bereits das Geschehen verändert hat. Auf der verzweifelten Suche nach Neuigkeiten über den Zustand Kerrs mietete ein großer Nachrichtensender sogar einen Hubschrauber, um das Training der Matildas vor dem Achtelfinale aus der Luft zu filmen. 

Als die TV-Kameras Kerr während der Partie gegen Dänemark beim Aufwärmen zeigten, hätte man meinen können, Australien hätte ein weiteres Tor geschossen, so laut jubelten die Fans im Stadion. "Es war ziemlich aufregend zu hören, wie laut die Leute wurden", sagte Offensivspielerin Mary Fowler der DW. "Man musste einfach lächeln, sogar während des Spiels. Sie [Sam Kerr - Anm. d. Red.] bedeutet uns so viel, und sie bedeutet diesem Land so viel. Und sie verdient es, all diese Liebe zu bekommen."

Als Kerr, die beim englischen Klub FC Chelsea unter Vertrag steht, in der 79. Minute tatsächlich das Spielfeld betrat, gab es wohl keinen einzigen grün-golden gekleideten Fan, der nicht aufsprang und sich die Lunge aus dem Leib schrie. Es war der lauteste Jubel des Abends.

"Es war unglaublich", sagte Kerr über den euphorischen Empfang. "[Die Aufmerksamkeit der Medien] war der schwierigste Teil. Der Fokus lag nicht auf dem Team, sondern auf meiner Wade. Jetzt können wir aufhören, darüber zu reden. Wir können anfangen, über diese Mädchen zu reden, denn sie haben in den letzten Wochen alles gegeben."

Mit Kerr auf dem Spielfeld können die Leistungen und Ergebnisse sicherlich noch besser werden. "Sammy hat den X-Faktor und kann das Spiel komplett verändern", sagte Emily van Egmond der DW. "Alles, was sie braucht, ist ein Moment. Wenn wir das in den Kader einbauen, den wir bereits haben, sieht es ziemlich gut aus, oder?"

Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.