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Ifo-Index: Stabilität auf niedrigem Niveau

25. April 2022

Die Unternehmen geben sich trotz Ukraine-Krieg etwas optimistischer. Wirklich Grund zum Aufatmen gibt es aber noch nicht. Zu groß sind die Unsicherheiten und Risiken.

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Hamburg, Hafen | HHLA Logistics Container Terminal Tollerort am Hamburger Hafen
Bild: H. Blossey/picture-alliance

Krieg in der Ukraine, Lieferengpässe, Inflation, drohende Energieknappheit - trotzdem hat sich die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft überraschend etwas aufgehellt, verharrt aber auf niedrigem Niveau. Das Barometer für das Geschäftsklima stieg im April auf 91,8 Punkte nach 90,8 Zählern im März, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 9000 Managern mitteilte.

Zurückzuführen ist die Entwicklung des Index vor allem auf weniger pessimistische Erwartungen der Unternehmen für die kommenden sechs Monate. Die aktuelle Lage bewerteten sie minimal besser. "Nach dem ersten Schock über den russischen Angriff zeigt die deutsche Wirtschaft sich widerstandsfähig", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Noch kein Zeichen für Trendwende

"Der erste Kriegsschock scheint sich etwas gelegt zu haben, aber angesichts der Vielzahl bestehender Risiken scheint es zu früh, bereits vom Beginn einer Trendwende zu sprechen", sagt Elmar Völker von der LBBW. "Der Verlauf des Ukraine-Kriegs bleibt schwer berechenbar, inklusive eines möglichen Gas-Lieferstopps. Die Hochinflation belastet schon jetzt die Konjunkturaussichten erheblich und die wiederholten Corona-Ausbrüche in China drohen den Handel noch länger zusätzlich zu belasten." Ab wann die deutsche Wirtschaft wieder in stabileres Fahrwasser für eine Wiederaufnahme des Post-Corona-Aufschwungs gelange, ist derzeit noch nicht absehbar."

Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, geht davon aus, dass die Industrieproduktion im zweiten Quartal sinken dürfte und das Bruttoinlandsprodukt trotz der Lockerung der Corona-Beschränkungen im zweiten Quartal wohl nur stagnieren werde. Alexander Krüger, Chefvolkswirt von Hauck Aufhäuser Lampe sagte: " Der Flirt mit einer Rezession wird auch ohne Energiekrise anhalten"

Deutschland | Steamcracker bei BASF in Ludwigshafen
Die Chemie-Branche ist besonders schwer von hohen Energiepreisen getroffen. So haben sich hier laut Ifo-Institut sowohl die Erwartungen als auch die aktuelle Lage verschlechtert.Bild: Ronald Wittek/dpa/picture alliance

Warnung von möglicher Corona-Welle im Herbst

Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW meint, der unvermindert wütende Krieg, neue Störungen in den globalen Lieferketten wegen des strengen Lockdowns in Schanghai und der höchste Erzeugerpreisanstieg seit Gründung der Bundesrepublik seien eine große Belastung für die wirtschaftliche Stimmung. Dennoch hätten die Unternehmen einen Teil des Schockabsturzes aus dem Vormonat im April korrigiert. "Das passt recht gut zu den aktuellen Konjunkturprognosen, die trotz Abwärtsrevisionen auf breiter Front für 2022 im Mittel immer noch ein solides Wachstum von gut zwei Prozent versprechen", so Köhler-Geib.

Aber sie gibt zu bedenken, dass alle Prognosen derzeit höchst unsicher seien. "Wir alle denken stattdessen besser in Szenarien und arbeiten zugleich hart daran, dass ein gutes Szenario Wirklichkeit wird!" mahnt sie. Hierfür müsse die russische Aggression eingedämmt, die Inflations- und Sanktionslasten sozial abgefedert und die Energieversorgung zügig diversifiziert werden. Zudem brauche es eine konsequente Vorbereitung auf eine neue Corona-Welle im Herbst, ein Thema, das angesichts der Schreckensbilder des Krieges leicht vergessen werde.

Energiepreise drücken die Investitionsstimmung

Laut einer weiteren Umfrage des Ifo-Instituts unter 1100 Unternehmen sind von der Kostenexplosion bei Energie 40 Prozent der Firmen schon jetzt voll betroffen. Da sich viele Unternehmen durch langfristige Lieferverträge abgesichert hätten, schlage der Preisanstieg nicht überall sofort durch. Ein Viertel der Unternehmen gab demnach an, die Hauptbelastung durch höhere Energiepreise im zweiten Halbjahr dieses Jahres zu erwarten. Ein weiteres Viertel der befragten Firmen rechne damit 2023.

Knapp 90 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, sie müssten als Gegenmaßnahme wahrscheinlich die Preise erhöhen. Drei Viertel wollen Investitionen in Energieeffizienz ausbauen. Rund 46 Prozent der Unternehmen sagten, dass sie Investitionen verringern wollen.

Nur ein kleiner Teil der Unternehmen wolle Betriebsstätten ins Ausland verlagern. 11 Prozent denken laut Umfrage darüber nach, energieintensive Geschäftsfelder ganz aufzugeben - 14 Prozent erwägen einen Arbeitsplatzabbau in Deutschland.

iw/hb (Ifo-Institut, rtr, dpa)