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"Wir werden Euch nicht erlauben, in Tadschikistan einen neuen Saddam Hussein zu etablieren"

7. April 2003

– Opposition ruft zum Boykott des Verfassungsreferendums auf

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Moskau, 7.4.2003, WREMJA.RU, russ., Dododschon Atowullojew, Chefredakteur der Zeitung "Tscharogi rus"

Der Präsident Tadschikistans Emomali Rachmonow hat die Erwartungen seiner Landsleute nicht enttäuscht. In seiner Jahresbotschaft an das Parlament äußerte er sich zur wichtigsten Frage, die die Einwohner des Landes bewegt – der Verfassungsreform. Am 22. Juni findet im Land ein Referendum statt, bei dem 55 Änderungen am Grundgesetz gebilligt werden sollen. Tatsächlich bewegt die Tadschiken und das Staatsoberhaupt persönlich lediglich eines - die Änderung am Artikel 65, die es dem Präsidenten ermöglicht, zweimal für eine Amtszeit von 7 Jahren zu kandidieren.

Als Rachmonow das Thema Referendum erreichte, legte er den fertigen Text zur Seite und wurde äußerst emotional: "In welchem zivilisierten Staat habt Ihr gesehen, dass in der Verfassung steht, dass der Präsident nur einmal gewählt werden darf? Ich erkläre offen, dass ich Gegner der Machtkonzentration bin und bleiben werde. Die Verfassung ist nicht für Rachmonow gedacht. Überlegt doch mal: Wollen wir oder nicht, dass jemand in zwei, drei, vier oder fünf Jahren diesen Verfassungsartikel ändert? Ich wiederhole: das wird nicht für Rachmonow getan. Wäre es für Rachmonow, würde er wie bereits andere Präsidenten seine Amtszeit durch ein Referendum verlängern. Tadschikistan ist das einzige Land in der GUS, wo die Amtszeit des Präsidenten kein einziges Mal bei einem Referendum verlängert wurden." Der tadschikische Präsident war so aufgeregt, dass er die GUS mit deren zentralasiatischem Teil verwechselte, sind doch eben dort die Referenden der Präsident sehr populär.

Unterdessen nimmt in Tadschikistan der Widerstand gegen das Referendum zu. Dieser Tage verurteilte die Islamische Partei der Wiedergeburt Tadschikistans in einer offiziellen Erklärung diese Initiative. Sie bezeichnete sie als "nicht rechtzeitig und nicht erwünscht". Die Islamische Partei der Wiedergeburt Tadschikistans ist darüber besorgt, dass das Referendum durchgeführt wird ohne dass die Änderungen vom ganzen Volk erörtert werden, ohne die Berücksichtigung der Meinungen der politischen Parteien und gesellschaftlichen Organisationen. Das Komitee des Ortsverbandes Duschanbe der Demokratischen Partei Tadschikistans hat sogar dem Referendum den Boykott erklärt.

Dieser Tage tauchte in Duschanbe ein Flugblatt mit einem Appell der ehemaligen Kommandeure der "Volksfront" und der Vereinten tadschikischen Opposition an die Parlamentsabgeordneten auf. Diese Kommandeure genießen hohes Ansehen im Land, die meisten von ihnen stehen immer noch an der Spitze von bewaffneten Gruppen, deshalb muss deren Meinung ernst genommen werden.

Im Appell der Kommandeure heißt es: "Wir haben für die Gerechtigkeit, für das Gedeihen unserer Heimat gekämpft. Tausende unserer Genossen sind ums Leben gekommen. Deren Kinder sind zu Waisen geworden. Ihr, die Parlamentsmitglieder, habt uns auf die Barrikaden gerufen, habt uns gegeneinander aufgehetzt. Zehn Jahre sind vergangen, im Land ändert sich jedoch nichts. Jetzt wollt Ihr Euch der Verfassung bedienen und dem Volk erneut den jetzigen Präsidenten aufdrängen. Wir werden Euch nicht erlauben, in Tadschikistan einen neuen Saddam Hussein zu etablieren. Wir rufen Euch auf: haltet an! Wir wissen, sollte es Euch auch diesmal gelingen, Rachmonow zum Präsidenten zu ernennen, so erwartet unsere Kinder und unsere Enkel ein hoffnungsloses Leben und Sklaverei. Wir wollen keine Sklaven sein. Die Angst ist die erste Stufe der Sklaverei. Wir haben keine Angst mehr. Solltet Ihr nicht anhalten, so verfügen wir über alle Eure Adressen... Es wird Euch nicht mehr gelingen, uns in Kuljaber (Einwohner der Stadt Kuljab - MD), Garmer (Einwohner der Stadt Garm – MD), Leninabader (Einwohner der Stadt Leninabad – MD), Gisarer (Einwohner der Stadt Gisar – MD) aufzuteilen..."

Zum ersten Mal in fast zehn Jahren hat Rachmonow in seiner Botschaft Russland nicht als strategischen Partner Tadschikistans bezeichnet. Statt dessen sagte er: "Der jetzige Zustand der russisch-tadschikischen Beziehungen passt uns nicht, wir müssen sie auf eine neue Ebene erheben." Seine Außenpolitik bezeichnete Rachmonow als "Politik der offenen Türen" und bekundete die Bereitschaft, "die Beziehungen zu den entwickelten Staaten der Welt, solchen wie die USA, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Italien, Kanada, Japan und andere zu festigen". (...)

In der Botschaft von Rachmonow heißt es, "In Tadschikistan ist es zur Stabilisierung gekommen, es hat sich die Wirtschaftslage verbessert, einige Tadschikistan nicht freundlich gesinnten Personen stellen Tadschikistan jedoch bei verschiedenen internationalen Konferenzen und Symposien im negativen Licht dar und schaden dem Ansehen unseres Landes". (lr)