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Deutsch lernen

Wiesn-Sprache zum Oktober

Michael Utz; Beatrice Warken5. Oktober 2011

Der Monat Oktober hat Einiges zu bieten: farbige Blätter, den Altweibersommer und viele Feste wie Erntedank, Weinlese oder das Oktoberfest. Besucht jemand das Oktoberfest sollte er sich sprachlich etwas vorbereiten.

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Der Sommer ist vorbei. Die langen Abende werden immer kürzer. Die Luft ist nicht mehr so warm. Jedes Jahr gibt es die Hoffnung auf einen schönen Altweibersommer. Den Namen hat diese Wetterperiode, die meist im September beginnt, von den Fäden der Baldachinspinnen, die an das graue Haar alter Frauen, früher Weiber genannt, erinnern. Der Altweibersommer leitet so langsam den Herbst ein. Landauf und landab macht sich Melancholie breit und deshalb wird noch einmal ordentlich gefeiert. In diese Zeit fallen auch Weinfeste - und das größte Volksfest der Welt, das Oktoberfest.

Der Name

Oktober. Woher hat der Monat seinen Namen? Octo, das lateinische Zahlwort, bedeutet acht und octavus heißt der achte. Also müsste Oktober eigentlich der achte Monat im Kalenderjahr sein. Ist er auch. Aber nur im altrömischen und das begann immer am 1. März. Folgerichtig war demnach der Oktober der achte Monat des Jahres.

Im Gregorianischen Kalender, der weltweit gültig ist und den wir der Kalenderreform von Papst Gregor XIII. verdanken, ist der Oktober der zehnte Monat. Seit dem Jahr 1582 gilt diese Zeitrechnung.

Weinlese

Im Kalender Karls des Großen hat der Oktober einen richtigen Namen: Windume-manoth heißt er dort. Der erste Wortteil windume stammt aus vindemia - einer Zusammensetzung vom lateinischen vinum für Wein und demere, wegnehmen. Mit ein bisschen Phantasie kommt man von diesem Wort schnell zu Weinlese, also der Traubenernte. Die Winzer nennen den Oktober gerne den Goldenen Oktober, der normalerweise reichlich Sonne spendet und den Trauben ihre schwere Süße gibt.

Der Oktober ist in Deutschland ein ganz besonderer Monat. Zumindest seit dem 12. Oktober 1810. An diesem Tag wurde in München eine Hochzeit gefeiert. Nicht irgendeine, sondern die Vermählung von Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen mit Kronprinz Ludwig von Bayern, dem späteren König.

Oktoberfestsprache

Anlässlich der Feier wurde zum Abschluss am 17. Oktober ein Roßrennerts veranstaltet, ein Pferderennen. Es war übrigens, wie Chronisten berichten, einer der schönsten Herbsttage des Jahres 1810. Was damals noch niemand ahnen konnte: das Pferderennen war der Beginn der Geschichte des weltberühmten Oktoberfestes.

Das Fest zieht jedes Jahr Millionen Gäste an, die Millionen Maß Bier trinken, Unmengen der typisch bayerischen Brathendl und Schweinswürstl verspeisen. Übrigens: Außerhalb Bayerns heißen die Hendl "Hähnchen" und die Würstl "Würstchen". Damit sind wir bei der besonderen Sprache auf dem Oktoberfest angelangt. Will sich jemand, der nicht aus Bayern kommt, dort sprachlich zurechtfinden, braucht er ein bisschen Nachhilfe.

Maß und Brezn

Da haben wir das Fest selbst. Es wird als Wiesn bezeichnet, also nicht Wiese oder Wiesen. Auch ein Apostroph zwischen dem "s" und dem "n" bei Wiesn hat nichts zu suchen. Denn das Wort ist der bairische Singular für Wiese. Die Wiesn ist nämlich eine ganz besondere Wiese. Benannt wurde sie nach der Prinzessin Therese, die - wir erinnern uns - anno 1810 den Kronprinzen Ludwig geheiratet hat. Deshalb findet man den Platz im Stadtplan auch unter dem Namen Theresienwiese.

Dann gibt es das Wort Maß, der Ein-Liter-Krug Bier. Es heißt aber die Maß, also weiblicher Artikel, und mit einem kurzen "a" wie in "Fass" gesprochen. Zum Bier kann man sich eine Brezn bestellen - ein salziges Laugengebäck. Achtung: Sie kann eine komplette Mahlzeit ersetzen, weil eine echte, a echte Wiesnbrezn nicht gerade klein ist!

Trinklied und -spruch

Im Bierzelt hört der unkundige Oktoberfest-Besucher zunächst das Trinklied "Ein Prosit der Gemütlichkeit" und anschließend den bekannten Trinkspruch: "Oans, zwoa, gsuffa!" - auf Hochdeutsch: "Eins, zwei, getrunken!"

Das Trinklied wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Bernhard Dittrich aus Chemnitz verfasst. Es kommt ursprünglich also nicht aus München! Anders als der Trinkspruch. Er findet sich in einem ziemlich alten, bayerischen Lied wieder: "In München steht ein Hofbräuhaus / Oans, zwoa, gsuffa / Da ging so manches Fasserl aus / Oans, zwo gsuffa…"

Münchner Kindl

Mit dem Oktoberfest verbunden ist auch das Münchner Kindl. Es führt den Umzug von Trachten- und Schützenvereinen an, der vor dem Anstich des ersten Bierfasses durch den Münchner Oberbürgermeister stattfindet. Ursprünglich hat es sich nicht um ein Kind, ein Kindl, gehandelt, sondern um einen Mönch, der auf dem Stadtwappen abgebildet ist.

Künstler veränderten über die Jahrhunderte hinweg dessen Aussehen. Aus dem Mönch wurde ein Junge und dann in den 1920er Jahren ein Mädchen. In der heutigen Zeit ist das Kindl eine junge Frau zwischen 20 und 29, die jedes Jahr neu berufen wird und beim Anstich des ersten Bierfasses immer neben dem Oberbürgermeister steht.

A Fetzngaudi!

Wollen Sie sich sprachlich weiter auf das Oktoberfest vorbereiten, sollten Sie im eigens von Oktoberfest.de verfassten "Wiesn-Lexikon" stöbern. Dann wissen Sie zum Beispiel, wenn jemand plötzlich Batzi ruft, dass ein Gauner gemeint ist, der jemandem gerade die Tasche gestohlen hat, und dass Sie sich dem Maßkruagstemma nur stellen sollten, wenn Sie kräftige Armmuskeln haben. Den Leitspruch für einen Festbesuch kennen aber wahrscheinlich alle: A Fetzngaudi hom! Einen Riesenspaß haben Sie hoffentlich auch bei einem Besuch des Oktoberfestes!


Fragen zum Text

Der Monat Oktober verdankt seinen Namen …

1. dem römischen Kaiser Octavian.

2. der lateinischen Zählweise.

3. Papst Gregor XIII..

Ein umgangssprachliches Wort für trinken ist …

1. verköstigen.

2. nippen.

3. saufen.

Offiziell beginnt das Oktoberfest mit …

1. einem Pferderennen.

2. einem Umzug von Trachten- und Schützenvereinen.

3. dem Anstich des ersten Bierfasses.


Arbeitsauftrag

Erstellen Sie eine Liste von bairischen Wörtern und Begriffen. Nutzen Sie dafür das "Wiesn-Lexikon" oder andere Quellen. Formulieren Sie anschließend mehrere Sätze, in die die richtigen Wörter und Begriffe eingesetzt werden müssen. Tauschen Sie die Aufgaben untereinander aus. Ein Beispiel für einen Aufgabensatz: Das Wort Batzerl soll eingesetzt werden. Der Satz kann lauten: Ich habe ein Stück Fleischkäse bestellt. Auf dem Teller befindet sich aber lediglich ein ____________, von dem ich bestimmt nicht satt werde.

Autor/in: Michael Utz; Beatrice Warken

Redaktion: Eva-Maria Höttecke