Wie reagiert die Welt auf Trumps Stahl-Zölle?
11. Februar 2025"Das ist der Anfang, um Amerika wieder reich zu machen." So beschrieb US-Präsident Donald Trump seine Entscheidung, Zölle in Höhe von 25 Prozent auf alle Stahl- und Aluminiumimporte in die Vereinigten Staaten zu erheben. Trump unterzeichnete am Montag (11.02.2025) im Weißen Haus Dekrete, die im März in Kraft treten und für Stahl und Aluminium aus allen Ländern gelten sollen.
Viele Ökonomen bezweifeln allerdings, dass die Zölle den Beginn eines neuen "Goldenen Zeitalters" für die Vereinigten Staaten markieren. Auch Trumps Aussage, ausländische Exporteure - und nicht US-Konsumenten - würden die Hauptlast der Zölle tragen, stimmen sie nicht zu.
"Die Forschung dazu ist mehr als eindeutig", sagt Abigail Hall-Blanco, Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Tampa in Florida, zur DW. "Zölle bedeuten große Verluste für alle beteiligten Parteien."
Trump will mit den Zöllen einheimische Stahl- und Aluminiumhersteller schützen. Experten weisen aber darauf hin, dass das für US-Industrien, die stark auf Metalle angewiesen sind, etwa die Automobil- und Bauindustrie, höhere Produktionskosten bedeutet. Diese Kosten werden mit ziemlicher Sicherheit auf die US-Verbraucher abgewälzt und die Inflation zu einem Zeitpunkt anheizen, da Trump sie unbedingt senken will.
US-Amerikaner mit geringem Einkommen - die bei der Wahl oft für Trump gestimmt haben - werden "durch all diese Zölle den größten Schaden erleiden", sagt Meredith Crowley, Wirtschaftsprofessorin an der Universität Cambridge in Großbritannien. "Wenn der Preis für ein Auto um 1000 Dollar steigt, können sich manche Familien kein Auto mehr leisten", so Crowley zur DW.
Importe oft billiger als einheimische Anbieter
Der US-amerikanische Stahl- und Aluminiumsektor hat strukturelle Probleme, die ihn gegenüber der ausländischen Konkurrenz benachteiligen. Dazu gehören hohe Produktionskosten, eine veraltete Infrastruktur und begrenzte Kapazitäten.
Auch hat die Dominanz Chinas zu Überkapazitäten bei Stahl und Aluminium geführt. Asiens größte Volkswirtschaft produziert mehr als 50 Prozent des weltweiten Stahls und 60 Prozent des Aluminiums zu Preisen, die häufig vom chinesischen Staat subventioniert werden.
"Wir [die USA] importieren oft Stahl aus Ländern wie China an die Westküste der Vereinigten Staaten. Und warum? Weil es billiger ist, als Stahl von der Ostküste an die Westküste zu transportieren", so die Ökonomin Hall-Blanco.
Arbeitsplatz-Verluste durch Zölle
Schon in seiner ersten Amtszeit hatte Trump Zölle auf Stahl- und Aluminium verhängt und damit die heimische Produktion dieser Metalle angekurbelt. Doch die Zahl der Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe ging laut einer Studie der US-Notenbank ab 2019 insgesamt zurück - um 2,6 Prozent oder 320.000 Jobs.
Je stärker eine Branche von Zollerhöhungen betroffen war - etwa durch teurere Vorprodukte oder Vergeltungsmaßnahmen - umso größer war der Abbau von Arbeitsplätzen, so die Studie.
Während Trumps erster Amtszeit hat der Handelskrieg die USA rund ein halbes Prozent an Wirtschaftsleistung gekostet, und das Realeinkommen eines durchschnittlichen US-Haushalts sank um 675 Dollar, so Berechnungen der Beratungsfirma Oxford Economics aus dem Jahr 2021.
Die Ökonomin Crowley vergleicht die Situation mit dem Jahr 2001. Damals führten ganz ähnliche US-Zölle auf Stahl zum Verlust von zehntausenden Arbeitsplätzen: "US-Autobauer mussten damals Arbeitsplätze abbauen, weil sie wegen des Mangels an importiertem Stahl nicht genug Wagen produzieren konnten. Der damalige US-Präsident George W. Bush hat daraufhin begonnen, die Stahlzölle wieder abzuschaffen."
Kanada besonders betroffen
Kanadas Premierminister Justin Trudeau bezeichnete die Zölle als "völlig ungerechtfertigt" und sagte, sein Land werde sich "stark und entschieden wehren".
Im vergangenen Jahr war Kanada mit rund 6,6 Millionen Tonnen der größte Stahlexporteur in die USA, gefolgt von Brasilien, Mexiko, Südkorea und Vietnam, so das American Iron and Steel Institute.
Kanada ist auch der größte Exporteur von Aluminium in die USA. Mit 3,2 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr waren die kanadischen Importe doppelt so hoch wie die der neun folgenden Länder zusammen. Weitere wichtige Aluminiumlieferanten der USA sind die Vereinigten Arabischen Emirate, China, Südkorea und Bahrain.
Nach Angaben des Beratungsunternehmens Roland Berger gehen rund 25 Prozent der europäischen Stahlexporte in die USA, darunter aus Deutschland, den Niederlanden, Rumänien, Italien und Spanien. ThyssenKrupp, Deutschlands größter Stahlhersteller, gab sich jedoch gelassen. "Der Hauptmarkt für den Stahl von Thyssenkrupp ist Europa." Der Export an Stahlprodukten in die USA sei vernachlässigbar gering, sagte ein Sprecher.
Die Europäische Union hat angekündigt, ihre wirtschaftlichen Interessen schützen zu wollen. Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission - der Exekutive der EU - warnte, dass "ungerechtfertigte Zölle gegen die EU nicht unbeantwortet bleiben - sie werden entschlossene und verhältnismäßige Gegenmaßnahmen auslösen".
Für Trump könne es dagegen ein "politischer Sieg" sein, wenn er die EU mit seiner Zolldrohung dazu bringen könnte, ihre Zölle auf US-Autos zu senken, glaubt Crowley von der Uni Cambridge. Bisher erhebt die EU höhere Zölle auf importierte Autos als die USA.
"Trump hat branchenbezogenen Deals im Auge - und lässt es dann so aussehen, als hätte er einen Markt für US-Produkte geöffnet", so Crowley.
Hoffen auf Ausnahmen
Neben der Vorbereitung von Vergeltungszöllen haben mehrere Länder - darunter Australien - Washington aufgefordert, Ausnahmen für ihre Metallexporte zuzulassen. Trump sagte am Montag, er werde den Antrag Australiens auf eine Ausnahmeregelung "sehr in Betracht ziehen", weil das Land mit den USA ein Handelsdefizit hat.
Die britische Regierung hofft nach einem Bericht der Zeitung "The Times" ebenfalls, eine Ausnahme von den US-Zöllen aushandeln zu können.
Indiens Premierminister Narendra Modi, der Trump in dieser Woche im Weißen Haus besuchen wird, hat bereits indische Zölle auf Dutzende von Importgütern gesenkt und bereitet Berichten zufolge weitere Senkungen vor, um Washington zu beschwichtigen.
Die Ukraine hofft unterdessen, die Zölle ebenfalls umgehen zu können. Helfen könnten dabei die Vorkommen an Seltenen Erden. Das sind Metalle, die US-Technologieunternehmen u.a. für die Herstellung von Elektrofahrzeugen benötigen. Die ukrainischen Metallerzeugnisse machten im vergangenen Jahr fast 58 Prozent der Ausfuhren in die USA im Wert von 500 Millionen Dollar aus.
"Es wird für einzelne Länder sicherlich Ausnahmen geben", sagt Inga Feschner, Handelsexpertin bei der Bank ING. " Im Jahr 2018, während seiner ersten Amtszeit, habe Trump etwa Abkommen mit Argentinien, Brasilien und Australien geschlossen. "Es gibt also noch Verhandlungsspielraum", so Feschner zur DW.