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Kooperation angekündigt

3. März 2008

Die EU und die USA bekunden den Willen zur Zusammenarbeit mit dem neuen russischen Präsidenten. Von seinem Willen, in der Energiepolitik Kontinuität zu bewahren, hat Medwedew bereits eine erste Kostprobe gegeben.

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Mann sitz hinter brauenem Tisch vor weiß-blau-rot gestreiftem Hintergrund (Quelle: AP)
Medwedew bei einer Pressekonferenz nach den WahlenBild: AP

Trotz verbreiteter Zweifel an der Fairness der Wahlen in Russland haben Politiker aus Europa und den USA dem neuen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew am Montag (3.3.2008) zu seinem Wahlsieg gratuliert und den Willen zur Zusammenarbeit ausgedrückt. Medwedew erhielt offiziellen russischen Angaben zufolge 70,16 Prozent der abgegebenen Stimmen, die mittlerweile fast komplett gezählt worden sind.

Uniformierte Polizisten tragen Demonstranten (Quelle: AP)
Protest der Opposition in MoskauBild: AP

Die Opposition rief zu Protesten in Moskau und St. Petersburg auf. Vor der US-Botschaft demonstrierten mehrere hundert Mitglieder der Kreml-treuen Jugendorganisation Naschi. Zugleich waren in Moskau Bereitschaftspolizisten im Einsatz, offenbar um Kundgebungen der außerparlamentarischen Opposition zu unterbinden. Zehn Menschen wurden zeitweise festgenommen.

Merkel plant Blitzbesuch

Bundeskanzlerin Angela Merkel will den neu gewählten Präsidenten Medwedew rasch treffen. Das sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Montag in Berlin. Steg verwies darauf, dass die demokratischen Grundsätze bei den Wahlen in Russland "nicht durchgehend eingehalten" worden seien. Dies ändere aber nichts an der Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Nach Informationen aus Moskau wird Merkel am kommenden Samstag (8. März) zu einem Kurzbesuch in Russland erwartet, wo sie Putin und Medwedew treffen soll.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy gratulierte und lud seinen zukünftigen russischen Amtskollegen nach Frankreich ein. Wie ein Sprecher in Paris mitteilte, bekräftigte Sarkozy in einem Telefongespräch mit Medwedew zugleich seinen Willen, Beziehungen aufbauen zu wollen, die auf Vertrauen und Offenheit beruhen.

USA und Großbritannien setzen auf Kooperation

Mann und Frau stehen nebeneinander (Quelle: AP)
Der designierte Präsident Medwedew mit seiner Frau SwetlanaBild: AP

Auf ein besseres Verhältnis zu Russland als zuletzt hofft die britische Regierung. "Wir haben immer gesagt, dass wir nach Gelegenheiten suchen werden, die Beziehungen zu Russland zu verbessern, und hoffentlich arbeitet Russland in einigen Punkten mit uns zusammen", sagte der Sprecher von Premierminister Gordon Brown. Das Verhältnis beider Länder ist angespannt, seitdem der Ex-Agent Alexander Litwinenko Ende 2006 in London vergiftet wurde. Russland verweigert die Auslieferung des Hauptverdächtigen Andrej Lugowoi.

EU-Kommissionspräsident Barroso setzt auf einen Ausbau der Beziehungen. Das Verhältnis zu Russland sollte dabei nicht nur auf gemeinsamen Interessen, sondern auch auf gemeinsamen Werten basieren, erklärte Barroso in Brüssel.

Die USA kündigten eine enge Zusammenarbeit mit Medwedew auf Gebieten wie dem Kampf gegen die Verbreitung von Atomwaffen und gegen Extremisten. "Die Vereinigten Staaten freuen sich auf die Zusammenarbeit mit ihm", sagte Präsidialamtssprecher Gordon Johndroe in Washington.

Wahlbeobachter: Wahl gibt Wille des Volkes wieder

In Moskau bemängelte der Leiter der Beobachterdelegation des Europarates, Andreas Gross, das demokratische Potenzial der russischen Wähler sei nicht ausgeschöpft worden. "Die Wahlen wirkten eher wie ein Referendum über die vergangenen acht Jahre in diesem Land", sagte der Schweizer Politiker. Dennoch gebe die Abstimmung den Willen des russischen Volkes wieder.

Mann stützt Kopf auf rechten Arm (Quelle: AP)
Kein Grund zur Trauer: Putin kann voraussichtlich als Regierungschef unter Präsident Medwedew weitermachenBild: AP

Im Gegensatz zu früheren Präsidentenwahlen überprüften in diesem Jahr nur einige Dutzend westliche Beobachter die Abstimmung. Die sonst für die Bewertung von Wahlen maßgebliche Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte ihre Beobachtermission aus Protest gegen die Wahlumstände abgesagt.

Der scheidende Präsident Wladimir Putin durfte nach zwei Amtszeiten in Folge nicht wieder kandidieren. Er hat angekündigt, unter Medwedew als Regierungschef weiterzumachen. Die Amtseinführung Medwedews ist für den 7. Mai vorgesehen, teilte Wahlleiter Wladimir Tschurow nach Angaben der Agentur Interfax mit.

Moskau bleibt in Energiefragen hart

Mann dreht an einem Ventil einer mannshohen orangen Pipeline (Quelle: AP)
Drehen an der Energieschraube: Die Ukraine erhält weniger Gas von RusslandBild: AP

Einen Tag nach der Wahl gab es bereits erste Signale, dass Russland in Energiefragen seine eigenen Interessen weiterhin mit harter Hand umzusetzen bereit ist: Der Energiekonzern Gazprom, dessen Aufsichtsrat Medwedew vorsitzt, kürzte der Ukraine die Gaslieferung. Weil das Nachbarland seine Zahlungsrückstände nicht beglichen habe, wurden die Lieferungen nach Angaben des ukrainischen Gasversorgers Naftogas um 35 Prozent gekürzt. Das seien insgesamt 46 Millionen Kubikmeter Gas weniger am Tag. Die Lieferungen nach Westeuropa sind nach Angaben Gazproms davon nicht betroffen.

Gazprom-Sprecher Sergej Kuprjanow betonte, es handele sich um eine rein wirtschaftliche Entscheidung. "Gazprom ist ein zuverlässiger Energielieferant, wir können und wollen aber nicht ohne Bezahlung liefern", sagte er. Gazprom verlangt von der Ukraine rund 400 Millionen Euro ausstehender Zahlungen. In Moskau wurde der Schritt auch als Signal gesehen, dass der neugewählte Präsident Dmitri Medwedew den harten Kurs seines am 7. Mai scheidenden Vorgängers Wladimir Putins nach innen wie außen fortsetzen wird. (rri)