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Weltwirtschaftsforum beginnt in China

Manuela Kasper-Claridge zurzeit in Dalian
24. Juni 2024

China war viele Jahre Wachstumstreiber der Weltwirtschaft, hat aber jetzt Probleme. Auch das ist Thema beim Sommer-Davos, dem chinesischen Ableger des Schweizer WEF. Aus Dalian berichtet Manuela Kasper-Claridge.

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China | Stadtansicht von Dalian in der Nähe des Konferenzgebäudes
Gastgeberstadt: Dalian an der Südspitze der chinesischen Provinz LiaoningBild: M. Kasper-Claridge/DW

Eine U-Bahn Station in Dalian wurde für einige Tage umdekoriert - passend zum "Jahrestreffen der neuen Champions". So heißt der chinesische Ableger des WEF offiziell: "Annual Meeting of the New Champions", Hashtag #AMNC24.

Die Straßen und Bürgersteige in der Millionenmetropole sind blitzsauber, Zufahrtswege wurden grroßräumig frei gemacht, bunte Fahnen flattern im Wind. Dalian, die Küstenstadt im Nordosten Chinas, ist vom 25. bis zum 27. Juni stolzer Gastgeber des Sommer-Davos, wie das Treffen hier auch genannt wird.

Vertrauliche Gespräche

Zum 15. Mal findet das Weltwirtschaftsforum in China statt, dieses Jahr wieder im futuristischen Konferenzzentrum von Dalian. Direkt davor ein Ausstellungsraum mit einem neuen BMW-Modell.

In Shenyang, knapp 400 Kilometer von Dalian entfernt, produziert der deutsche Autobauer Limousinen für den chinesischen Markt. Die Autos sind deutlich länger als jene in Europa. Wer sich in China einen BMW leisten kann, hat in der Regel einen Fahrer. Große Monitore mit Internet, Videospielen oder TV sollen die Fahrt für die hinten Sitzenden angenehmer machen. Der Ausstellungswagen ist natürlich ein Elektromodell.

China | Eingang zum WEF-Konferenzzentrum in Dalian
Hier geht's zum WEF: Eingang zum Konferenzzentrum in DalianBild: M. Kasper-Claridge/DW

Das Konferenzzentrum wirkt wie eine riesige Muschel und wurde von Wiener Architekten entworfen. 7000 Besucher kann das Haus fassen, 1500 werden zum Sommer-Davos erwartet. Die Multifunktionalität des Gebäudes erlaubt es, schnell Besprechungsräume abzugrenzen. Vertrauliche Gespräche sind möglich und wohl auch nötig.

Spannungen und Streit

Denn die Ausgangslage ist nicht einfach. Die politischen und ökonomischen Spannungen zwischen den USA und China nehmen zu. Mit der Europäischen Union steht China möglicherweise am Beginn eines Handelskriegs.

"Peking will keinen Handelskrieg", schreibt zwar China Daily, die von Chinas kommunistischer Partei auf Englisch herausgegebene Zeitung. Doch nur wenige Zeilen weiter werden Gegenmaßnahmen angedroht, sollte die EU bestimmte Elektroautos aus China mit Sonderzöllen belegen.

Zurückhaltung und Sorge

Vor diesem Hintergrund ist in Dalian wenig Optimismus zu spüren. Sicher, die Weltwirtschaft wächst, vor allem in Asien. Die Experten des WEF sprechen aber nur von einer vorsichtigen Erholung. Die geopolitischen Risiken seien groß.

China | Im Foyer des WEF-Konferenzzentrums
Das Foyer des Konferenzzentrums bietet Platz für Gespräche am Rande des WEFBild: M. Kasper-Claridge/DW

Andere aber sehen Chancen für Geschäfte mit China. So wie Suhas Gopinath. Er ist CEO von Globals. Das Unternehmen arbeitet mit künstlicher Intelligenz und ist spezialisiert auf Sicherheit im Netz (cybersecurity). Gopinath ist aus dem indischen Bangalore nach Dalian gereist. Sein Terminkalender für die nächsten Tage ist voll.

"China ist jetzt so eine Art Epizentrum für Innovation und ich bin sehr neugierig, wie die Situation nach der Pandemie ist. Das Sommer-Davos hatte zwischendurch eine lange Pause. Ich glaube, dass es für globale Unternehmen wichtig ist, hier dabei zu sein und nicht zu verpassen, was in China passiert."

China entwickelt vieles selbst

Die Stadtverwaltung von Dalian hat Gopinath bereits vor seinem Besuch kontaktiert und Gesprächspartner vorgeschlagen. Eine chinesische Studentin, die gut Englisch spricht, wurde ihm als Dolmetscherin zur Verfügung gestellt.

China | Logo des "World Economic Forum" - dargestellt auf einem großen grünen Globus
Dalian begrüßt die Besucher des World Economic ForumBild: M. Kasper-Claridge/DW

China will sich als weiterhin wichtiger Wirtschaftspartner präsentieren. Grüne Industrien und Technologien, künstliche Intelligenz, die Volksrepublik entwickelt vieles selbst. Trotzdem wird eine gewisse Zusammenarbeit mit ausländischen Firmen gefördert.

"Wir können von ihnen lernen, anstatt sie nur zu kopieren. Und wir können gleichzeitig unseren eigenen Weg finden, um Technologien und andere Dinge in China zu verbessern", sagt der 21-jährige Yu Boyi aus Shenyang. Er ist ein Ausnahmestudent, mit besten Noten, Englischkenntnissen und wahrscheinlich einer der jüngsten Teilnehmer beim Sommer-Davos.

Neue Technologien und Wissenstransfer

So selbstbewusst wie er treten viele Chinesen in Dalian auf. Tenor: Wer mit uns zusammenarbeiten will, ist willkommen, wenn unsere Bedingungen akzeptiert werden. Es geht immer auch um den Transfer von Know-how und Gelegenheiten durch die rasante Entwicklung neuer Technologien. Über Politik wird dagegen nicht so gerne gesprochen.

"Länder sollten sich nicht abschotten. Für den Handel und die Unternehmen ist es wichtig, geopolitische Aspekte beiseite zu lassen und sich stärker auf die Wirtschaft und das Wachstum zu konzentrieren", sagt der indische Unternehmer Gopinath. "Indien kommt ohne China nicht weiter und umgekehrt gilt das genauso."

Dalian, die Küstenstadt, hat sich auf das Sommer-Davos bestens vorbereitet. Wochenlang wurden Freiwillige trainiert, um die Gäste weltoffen zu empfangen. Englisch soll gesprochen werden. Einige haben damit noch Schwierigkeiten. In den Hotels stehen freundlich lächelnde Mitarbeitende und zeigen den Weg. Selbst das Wetter spielt mit: 26 Grad - nicht zu heiß und nicht zu kalt.