Emissionen: Größte Verschmutzer machen weiter
26. November 2019Eigentlich hatten sich 197 Staaten im Parisabkommen 2015 darauf geeinigt, die globale Erwärmung auf möglichst 1,5 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zu begrenzen. Unter 2 Grad Erwärmung wollte man aber mindestens bleiben. Dieses Ziel liegt laut dem heute erscheinenden "Global Emissions Gap Report 2019” des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in weiter Ferne.
Statt die Emissionen der weltweiten Treibhausgase zu senken, war der Ausstoß im vergangenen Jahr so hoch wie nie zuvor (55,3 Gigatonnen CO2), stellt der Bericht fest. In 2017 waren es noch 53,5 Gigatonnen.
Beim derzeitigen Stand müsse man davon ausgehen, dass bis zum Ende des Jahrhunderts die Temperaturen um 3,2°C steigen werden, mit allen weitreichenden und zerstörerischen Auswirkungen des Klimawandels.
Kaum Veränderung bei größten Verschmutzern
"Gegen den Klimawandel vorzugehen, bedeutet, dass wir jetzt tiefe Einschnitte bei den Emissionen vornehmen müssen - über 7 Prozent pro Jahr, wenn wir sie für das nächste Jahrzehnt gleichmäßig aufteilen", sagte Inger Andersen, Exekutivdirektorin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) zur Veröffentlichung des Berichts.
Anders gesagt, ab 2030 müssten pro Jahr weltweit 15 Gigatonnen CO2 eingespart werden. Das entspricht in etwa den jährlichen Emissionen aller 28 EU-Staaten, Indien, Russland und Japan zusammen.
Die bisherigen Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes müssten sich deshalb mehr als verfünffachen, heißt es im Bericht. Bereits der "Emissions Gap Report 2018" hatte darauf hingewiesen.
"Der Unterschied zum letzten Bericht ist allerdings, dass uns langsam die Zeit davon rennt”, sagt Anne Ohlhoff eine der Autoren des Berichts gegenüber der DW.
Verantwortlich für die weiterhin steigenden Emissionen ist vor allem die Gruppe der G20, der zwanzig wichtigsten Industriestaaten und Schwellenländer. Sie allein sind verantwortlich für Emissionen äquivalent zu 43 Gigatonnen CO2 (CO2e). Das entspricht 78 Prozent des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen.
"Auch stark wachsende Entwicklungsländer tragen zu höheren Emissionen bei, aber man kann nicht erwarten, dass sie als erste mit den Emissionen runter gehen. Da müssen die Industrieländer schon vorangehen”, sagt John Christensen Direktor des Partnerschaftsprogramms der Technischen Universität Kopenhagen mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UDP).
"Wir sehen bisher wenig Ergebnisse, dennoch hat sich politisch in den vergangenen Jahren Einiges bewegt. Wir wissen, was wir tun müssen", ergänzt Anne Ohlhoff.
Das müsste getan werden
Der Bericht nennt fünf Kernbereiche, die für die in Zukunft entscheidend sein werden:
- Massive Investitionen in Erneuerbare Energien und effizientere Energienutzung (mindestens 1.45 Billionen Euro pro Jahr)
- Kohleausstieg
- Ersatzbrennstoffe und alternative Antriebe im Transportwesen
- Entkarbonisierung der Industrie durch Kreislaufwirtschaft und Effizienzsteigerung
- Nachhaltige Elektrifizierung von 3,5 Milliarden Menschen ohne Zugang zu Strom
Die Zahl der Länder, Region und Großstädte weltweit, die sich langfristig das Ziel setzen keine Emissionen mehr zu verursachen, ist seit September letzten Jahres von einigen wenigen auf immerhin 65 gestiegen. Zuvor hatte sich beispielsweise bereits die Europäische Union, die im Rahmen des Pariser Klimaabkommens als eine eigenständige Partei auftritt, das Ziel gesetzt, bis 2050 Klimaneutral zu sein. Von den G20-Staaten haben sich außerdem Frankreich, das Vereinigte Königreich und Deutschland selbst ein "Null-Emissionsziel" gesetzt.
Wie genau und mit welchem Zeitplan man dies erreichen möchte, darauf hat sich bisher nur ein Bruchteil der 65 festgelegt, heißt es im Bericht. Keines davon gehöre zur Gruppe der G20.
Förderung fossiler Energien steigt weltweit
Wie wollen Länder bis 2050 klimaneutral werden, wenn sie nicht aus fossilen Energieträgern aussteigen?
Bisher hat sich auch noch keines der Länder dies zum Ziel gesetzt.
Stattdessen nimmt die Förderung von Kohle, Gas und Erdöl derzeit sogar zu und hat 2018 mit rund 37 Gigatonnen weltweit seinen bisherigen Höchststand erreicht.
Wenn der CO2-Ausstoß einen Preis hätte, könnte das Energieproduzenten und Unternehmen Anreize verschaffen, nachhaltiger zu produzieren. Die "umfassende Einführung eines CO2-Preises" sucht man aber bisher vergeblich in der Staatengemeinschaft.
Der Globus müsste laut dem Bericht allerdings bis 2050 mit 85 Prozent erneuerbarer Energien ausgestattet sein.
Großer Umschwung noch möglich
"Es geht zum einen darum, größere Ambitionen zu haben und zum anderen diese jetzt schneller umzusetzen", so Christensen gegenüber der DW. "Vor allem der Bereich Energie und Transport wird dabei entscheidend sein."
Zusätzlich stellt der Bericht fest, haben sich "Technologien für eine schnelle und kostengünstige Emissionsreduzierung deutlich verbessert". Etwa der Preis für Solarenergie. Er ist heutzutage so günstig wie nie zuvor und kann mit den Kosten für Energie aus Kohle durchaus konkurrieren.
"Wir können diesen Wandel schaffen, auch ohne auf den Wohlstand zu verzichten", so Christensen weiter.
Den Klimawandel zu bremsen und sich ihm gleichzeitig anzupassen bedeutet "grundlegende Veränderungen von Werten, Normen, Konsumkultur und Weltanschauungen sind unausweichliche Teile der großen Nachhaltigkeitstransformation", fasst der Bericht zusammen.