Wechsel im Kanzleramt
Der Alt-Kanzler Gerhard Schröder und die baldige Kanzlerin Angela Merkel. Stationen aus ihrem Leben.
Angeschmierter Schröder
Bekritzelte Schröder-Wahlplakate stehen auf dem Gehweg im Berliner Stadtteil Tiergarten im September 2002. Umfragen sagten einen knappen Ausgang für die Wahl bevor: Schröders Beliebtheit war sichtlich gesunken, doch Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber erschien den meisten Wählern als ungeeignete Alternative. Nach einem Auszählungsmarathon am 22 September 2002 stand am frühen Morgen des 23. September fest, dass die SPD nach wie vor stärkste Partei war und Gerhard Schröder Kanzler bleiben konnte.
Spendenkrise
Frisches Make-up für CDU-Generalsekretärin Merkel vor einem Interview im ZDF am 22. Januar in Berlin: Als die CDU-Spendenaffäre um schwarze Konten ab November 1999 in die Schlagzeilen geriet, setzte sich Merkel von Anfang an für eine lückenlose Aufklärung ein - auch wenn diese ihrem früheren Mentor Helmut Kohl schadete. Sie kritisierte öffentlich die mangelnde Auskunfsbereitschaft über die Spendernamen und war die Erste in der CDU-Führung, die die Partei dazu aufrief, sich von Kohl zu lösen - aus dem einstigen "Mädchen" war eine starke Politikerpersönlichkeit geworden.
Vertrauensfrage, die Erste
Gerhard Schröder während der Debatte des Deutschen Bundestags in Berlin am 16. November 2001: Hier wurde über die militärische Beteiligung an internationalen Einsätzen und über das Vertrauen zum Kanzler zugleich abgestimmt, denn Schröder hatte die Abstimmung über die Beteiligung mit der Vertrauensfrage verknüpft. Er erhielt zwei Stimmen mehr als für die absolute Mehrheit nötig gewesen wäre und wurde drei Tage darauf auch im Parteivorsitz bestätigt.
Schröder wird Kanzler
Echte Freude? Oskar Lafontaine, einst selbst Kanzlerkandidat, gratuliert Gerhard Schröder zur gewonnenen Bundestagswahl am 27. Oktober 1998 im Bonner Bundestag. Hinter ihm steht Rudolf Scharping. Der 54jährige Schröder wurde im ersten Wahlgang zum neuen Kanzler gewählt: 351 von 666 anwesenden Abgeordneten stimmten in geheimer Wahl für ihn, 287 Parlamentarier votierten gegen ihn, 27 enthielten sich. Eine Stimme war ungültig. Damit bekam Gerhard Schröder sechs Stimmen mehr als SPD und Grüne Abgeordnete stellen.
Schröder als Juso
Gerhard Schröder am 12. Februar 1978 auf dem Bundeskongress der Jungsozialisten in Hofheim bei Frankfurt am Main. Schröder wurde 1963 Mitglied der SPD und engagierte sich zunächst bei den "Jusos". Zeitweise gehörte er in Göttingen dem Juso-Vorstand an. 1971 stieg er zum Juso-Chef im SPD-Bezirk Hannover auf; 1978 wurde er Juso-Bundesvorsitzender. In dieser Funktion sorgte er für eine bessere Beziehung der Jungsozialisten zur Mutterpartei. Sein Engagement sollte sich auszahlen: Zwei Jahre später kam er in den Bundestag.
Ministerpräsident hart am Ball
Und - Tor!? Während der Fußballpause im Spiel Hannover 96 gegen den VFL Oldenburg am 14. März 1992 versucht sich Gerhard Schröder als Fußballer. Damals war er bereits Ministerpräsident von Niedersachsen: Bei der Landtagswahl vom 13. Mai 1990 wurde die SPD stärkste Partei und Schröder kam am 21. Juni 1990 als Niedersachsens Ministerpräsident ins Amt. Das machte er gut - bei der folgenden Landtagswahl 1994 erzielte er in seinem Wahlkreis das beste Ergebnis aller SPD-Direktkandidaten und blieb Ministerpräsident.
Schröder in der Krise?
Gerhard Schröder während der Debatte zum Bundeshaushalt 2004 am 10. September 2003: Schröder rief die Länder und die Opposition zu gemeinsamem Handeln auf. Im Februar hatte er nach großen SPD-Verlusten bei den niedersächsischen Landtagswahlen "eine der bittersten Niederlagen seines politischen Lebens" einstecken müssen. Außerdem bereiteten ihm die Parteilinken Probleme, die am Reform- und Sparkurs der Regierung zweifelten.
Merkel im Tief
Angela Merkel lächelt etwas gequält neben Edmund Stoiber auf dem Düsseldorfer Parteitag am 7. Dezember 2004. Hier musste sie ihr schlechtestes Wahlergebnis als CDU-Vorsitzende hinnehmen. Rund 88 Prozent der Delegierten hatten für sie gestimmt - beim letzten Mal waren es noch rund 94 Prozent gewesen. Aufatmen konnte Merkel erst wieder nach dem überraschenden CDU-Sieg bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Der stimmte die Partei mild und ließ Merkels Politik wieder in einem besseren Licht erscheinen.
Der Medienkanzler
Wetten, dass Gerhard Schröder medientauglich ist? Jedenfalls gilt er dank seiner publikumswirksamen Auftritte auch als der "Medienkanzler": So besuchte er zum Beispiel am 20. Februar 1999 als erster Bundeskanzler Thomas Gottschalks Samstagabend-Show "Wetten, daß...?" in Münster. Als Wetteinsatz bot er an, die älteste Zuschauerin im Saal in seinem Dienstwagen nach Hause zu fahren - was er aufgrund seiner verlorenen Wette auch tat.
Dem Juso entwachsen...
Gerhard Schröder im Gespräch mit Willy Brandt am 1. Juni 1980 auf dem Bundeskongress der Jungsozialisten in Hannover. Der damals 35-jährige Rechtsanwalt Schröder gab auf diesem Kongress seinen Juso-Vorsitz ab: Aus Altersgründen konnte er nicht mehr kandidieren; als sein Nachfolger wurde der damals 31-jährige Willi Piecyk aus Schleswig-Holstein zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt. Schröder kam im Oktober in den Bundestag, übernahm drei Jahre später den Vorsitz des SPD-Bezirks Hannover und schließlich den Vorsitz der SPD-Fraktion.
Erst Physik, dann Politik
"Die Berechnung von Geschwindigkeitskonstanten von Elementarreaktionen am Beispiel einfacher Kohlenwasserstoffe" - ob Angela Merkels Dissertation von 1986 in Physik ihr heute bei der Arbeit nützt? Merkel kam erst im Alter von 35 Jahren in die Politik: Sie engagierte sich beim "Demokratischen Aufbruch" (DA), der eine schnelle deutsche Einheit und die Einführung der westlichen Rechtsordnung wollte. 1990 wechselte sie schließlich zur CDU und wurde schon ein Jahr später als Senkrechtstarterin zur damals einzigen Stellvertreterin von CDU-Chef Helmut Kohl gewählt. Im Januar 1991 wird "Kohls Mädchen" zur Bundesministerin für Frauen und Jugend - und agiert zunächst noch eher schüchtern und zurückhaltend.
Schröder gegen Stoiber
Das zweite Fernsehduell zwischen Kanzler und Herausforderer vor den Bundestagswahlen im September 2002: Gerhard Schröder (r) und Edmund Stoiber (l) versuchten im ARD-Fernsehen beim Wahlvolk zu punkten. Der redegewandte Schröder schnitt dabei sehr viel besser ab als sein sich leicht verhaspelnder Konkurrent Stoiber. Die TV-Duelle bei RTL und SAT1 sowie bei ARD und ZDF kamen 2002 als neues Format ins Fernsehen.
Vertrauensfrage, die Zweite
Mit der Stimmkarte in der Hand steht Gerhard Schröder am 1. Juli 2005 im Deutschen Bundestag in Berlin vor der Wahlurne. Zum fünften Mal in der Nachkriegszeit und schon zum zweiten Mal von Gerhard Schröder ist der Bundestag nach seinem Vertrauen zum Kanzler gefragt worden. Die weiße Karte bedeutet eine Enthaltung. Die meisten Wähler schickten eine rote Karte in die Urne: ein "Nein" zu Schröder. So hat der Kanzler wie beabsichtigt die Vertrauensfrage verloren und damit eine wichtige Hürde auf dem Weg zu Neuwahlen genommen.
Die kühle Angie
Ein Gemälde des Aktionskünstlers HA Schult zeigt Angela Merkel kühl lächelnd. Es wurde am 16. September 2004 in Düsseldorf vorgestellt. In der Tat musste Merkel im Verlauf des Jahres 2004 Sympathieverluste hinnehmen: Politische Unstimmigkeiten über Steuerreform und Gesundheitsprämie veranlassen den beliebten CSU-Sozialexperten Horst Seehofer dazu, die Fraktionsspitze aus Protest zu verlassen. Umstrittene RWE-Einkünfte bringen Generalsekretär Laurenz Meyer zu Fall. Merkel wird in Leitartikeln als "Männermörderin" beschrieben und Kritiker werfen ihr vor, sie habe die Experten der Partei verprellt.
Merkel gegen Stoiber
"Schnappt der mir am Ende noch die Kandidatur weg?" CDU-Chefin Angela Merkel wirft einen misstrauischen Seitenblick auf den bayrischen CSU-Chef und Ministerpräsidenten Edmund Stoiber bei einer Pressekonferenz am 10. April 2001 in Berlin. Erst kurz vor der Klausurtagung des CDU-Vorstands im Januar 2002 meldeten beide offiziell ihre Bereitschaft zur Kandidatur an. Merkel hatte sich zu der "K-Frage" lange nicht geäußert - und hatte am Ende auch das Nachsehen: Nach einem Gespräch bei Stoiber zu Hause verzichtete Merkel auf ihre Nominierung als Kandidatin.
Kohls Mädchen zeigt Stärke
Von Spendenaffäre noch keine Spur: Merkel freut sich mit ihrem Mentor Helmut Kohl über dessen Wiederwahl am 16. Oktober 1994. Kohl wurde nur knapp im Amt bestätigt. Merkel hatte zu der Zeit als Frauen- und Jugendministerin schon Machtinstinkt und einen eigenen, nüchtern-beharrlichen Stil gezeigt: Sie wollte sich keinem Parteiflügel zuorden lassen, setzte in der Abtreibungsdiskussion mit ihrem Motto "helfen statt strafen" eigene Akzente und war eine der ersten ranghohen Politikerinnen, die sich mit radikalen linken und rechten Jugendlichen im Gespräch auseinandersetzte.
Merkel, die Kanzlerkandidatin
Mit einem strahlenden Lächeln tritt Angela Merkel am 30. Mai 2005 nach der Präsidiumssitzung der Partei im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin vor die Presse. Die Präsidiumsmitglieder haben sie zur Kanzlerkandidatin für die mögliche vorgezogene Bundestagswahl im Herbst 2005 nominiert. Nach dem Verzicht 2002 zu Gunsten Stoibers ist nun sie an der Reihe. Und die Partei steht wieder hinter ihr: Dass sie vor der Bundestagswahl in Sachen Reformversprechen noch vage bleibt, sehen führende CDU-Politiker nicht als Schwäche, sondern als Zeichen ihres Machtinstinkts.
Vergackeierte Merkel
Angela Merkels Äußeres, insbesondere ihre Frisur, gibt immer wieder Anlass zu Parodien: Das zeigt zum Beispiel diese Werbung des Münchener Autovermieters Sixt. Merkel nahm die Werbung gelassen: "Das ist ein interessanter Vorschlag für Haar-Styling", kommentierte die CDU-Parteichefin die Anzeige am 7. Mai 2001 am Rande eines CDU-Agrarkongresses in Berlin. Interessant oder nicht - diesen Vorschlag für Haarstyling hat Merkel bis jetzt noch nicht realisiert.
Merkel, die Umweltministerin
Bundesumweltministerin Angela Merkel und ihr Brandenburger Amtskollege Matthias Platzeck (l) beim Besuch des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde am 31. August 1995: Merkel übernahm nach Kohls Wiederwahl 1994 das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit von Klaus Töpfer. Dabei hatte sie in Sachen Umweltpolitik kaum Erfahrung - ein gefundenes Fressen für die Opposition, die vernichtende Kritik an dieser Personalentscheidung übte. Als Umweltministerin versuchte Merkel meist konträre Posititonen vermittelnd unter einen Hut zu bringen.
Merkel, die Generalsekretärin
Blumen für die ehemalige Umweltministerin: Der neue CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble gratuliert am 7. November 1998 auf dem CDU-Parteitag in Bonn der soeben zur CDU-Generalsekretärin gewählten Angela Merkel. Damit trat sie die Nachfolge von Peter Hintze an. Schäuble hatte Merkel am 22. Oktober als Nachfolgerin für Hintze vorgeschlagen; rund zwei Wochen später wurde sie mit 874 Ja- und 68 Nein-Stimmen zur neuen Generalsekretärin gewählt. Nach dem Wahlschock sollte sie nun die Partei aus Kohls Schatten holen.