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Was steht bei der Bundestagswahl 2025 auf dem Spiel?

22. Februar 2025

Am 23. Februar findet in Deutschland die vorgezogene Bundestagswahl statt. Migration und Wirtschaft waren im Wahlkampf die beherrschenden Themen. CDU/CSU führen in Umfragen und versprechen einen Politikwechsel.

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Anhänger der CDU warten Mitte Februar auf die Gäste des "Quadrell", der TV Runde im Bundestagswahlkampf. Die halten Schilder hoch, auf denen "All we need is Politikwechsel" steht und die Buchstaben MERZ
Die Jugendorganisation der CDU, die Junge Union, macht im Wahlkampf Stimmung für Friedrich MerzBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Es war ein kurzer, aber hart geführter Wahlkampf, in dem ein Wort sehr oft vorkam: Richtungswechsel. "Sie haben drei Jahre lang versucht, in Deutschland linke Politik zu machen. Das können Sie nicht mehr fortsetzen", sagte zwei Wochen vor der Wahl Friedrich Merz, der für die konservativen Schwesterparteien CDU/CSU als Kanzlerkandidat antritt.

Im Bundestag sprach er damit SPD und Grüne an, die zusammen mit der FDP seit 2021 regiert haben. Im November 2024 zerbrach das Bündnis aus zwei linken und einer wirtschaftsliberalen Partei nach monatelangem Streit am fehlenden Geld im Haushalt. Am 23. Februar finden daher vorgezogene Neuwahlen statt.

Deutschland, Berlin | Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner sitzen nebeneinander auf der Regierungsbank im Bundestag und machen ernste Gesichter.
Hatten zuletzt immer weniger gemeinsam: FDP-Chef Christian Lindner, der grüne Vizekanzler Robert Habeck und SPD-Kanzler Olaf Scholz (v.li.)Bild: Markus Schreiber/AP/picture alliance

Der SPD droht der Absturz

Während die Grünen in den aktuellen Umfragen ungefähr die Zustimmung haben, die sie auch 2021 hatten, sind SPD und FDP massiv abgestürzt. Die FDP könnte an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, der SPD droht eine bittere Niederlage. Alles unter 20 Prozent wäre das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl in der Nachkriegsgeschichte - und von diesem Wert ist die SPD in den Umfragen weit entfernt.

Bundeskanzler Olaf Scholz wäre der Regierungschef mit der kürzesten Amtszeit in den letzten 50 Jahren und der einzige SPD-Bundeskanzler, der nicht wiedergewählt wurde.

Union vorne, AfD auf Platz zwei

Die besten Chancen auf das Kanzleramt hat den Umfragen zufolge Friedrich Merz. Der CDU-Vorsitzende führt die Union aus CDU und CSU, die nach 16 Jahren an der Regierung 2021 stärkste Oppositionskraft im Bundestag wurde und nun zurück an die Macht will. Auf Platz zwei folgt in den Umfragen die in Teilen rechtsextreme AfD mit gut 20 Prozent der Stimmen. Das ist doppelt so viel wie 2021.

Der dramatische Absturz der SPD und der Aufstieg der AfD, wie konnte das passieren? Unions-Kanzlerkandidat Merz verweist auf den Absturz der Wirtschaft. "Die Volkswirtschaft unseres Landes, der Bundesrepublik Deutschland, ist mittlerweile Schlusslicht in der Europäischen Union." 50.000 Unternehmen seien in die Insolvenz gegangen, rund 100 Milliarden Euro Unternehmenskapital fließe pro Jahr ins Ausland. "Unsere Wirtschaft schrumpft, im dritten Jahr in Folge haben wir eine Rezession. Das hat es bis jetzt in der Nachkriegsgeschichte in Deutschland nicht ein einziges Mal gegeben."

Scholz und sein Wirtschaftsminister Robert Habeck, der für die Grünen als Kanzlerkandidat antritt, würden "die Wirklichkeit überhaupt nicht mehr wahrnehmen", so Merz. "Wissen Sie, wie Sie mir vorkommen? Wie zwei angestellte Geschäftsführer, die das Unternehmen vor die Wand gefahren haben, anschließend zu den Eigentümern gehen und sagen: Wir würden das jetzt gerne noch mal vier Jahre so weitermachen."

Deutschland Berlin 2025 | Friedrich Merz bei der ARD-Wahlarena. Er blickt lächelnd nach rechts.
Zunehmend siegesgewiss: CDU-Chef Friedrich Merz will Bundeskanzler werdenBild: Uwe Koch/HMB Media/picture alliance

Krieg, Energiekrise, Inflation

Während Merz als Herausforderer im Wahlkampf immer härter angriff, geriet Kanzler Scholz immer stärker in die Defensive. Nach außen hin trat er zwar viel beherzter, selbstbewusster und kämpferischer auf als in den letzten Jahren, doch inhaltlich geriet er häufiger in die Position, seine Politik verteidigen und rechtfertigen zu müssen.

Nicht seine Regierung, sondern der Angriff Russlands auf die Ukraine hätten zu einer Energiekrise und zu Inflation geführt. "Bis heute kämpft die Wirtschaft mit den Folgen", so Scholz. Auch in den kommenden Jahren werde die Lage mit Blick auf die USA und die "irritierenden" Forderungen von US-Präsident Donald Trump nicht einfacher. "Der Wind weht von vorn. Und die Wahrheit ist: Das wird sich in den kommenden Jahren nicht grundlegend ändern."

Top-Thema Migration

Die schwache Wirtschaft war im Wahlkampf ein viel diskutiertes Thema. Nach dem tödlichen Messerattentat eines abgelehnten afghanischen Asylbewerbers in Aschaffenburg dominierte jedoch das Thema Migration. Zumal Friedrich Merz unmittelbar nach der Tat ankündigte, noch vor der Wahl im Bundestag eine Verschärfung der Asylpolitik erreichen zu wollen. Wenn nötig, auch mit den Stimmen der AfD.

Merz statt Merkel: Migration bekämpfen um jeden Preis?

Deren Abgeordnete triumphierten, als ein erster von der Union gestellter Antrag Ende Januar tatsächlich mit Hilfe der AfD eine Mehrheit bekam. "Jetzt und hier beginnt eine neue Epoche", jubelte Bernd Baumann, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD. "Jetzt beginnt was Neues, und das führen wir an, die Kräfte von der AfD." Seine Partei stehe für eine Koalition mit der Union bereit.

Keine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten

Hunderttausende Bürger demonstrierten nach der Bundestagsabstimmung bundesweit gegen einen Rechtsruck in Deutschland und Bundeskanzler Scholz zürnte: "Es ist nicht gleichgültig, ob man mit den extremen Rechten zusammenarbeitet. Nicht in Deutschland!" Die Bürger könnten nicht darauf vertrauen, dass die Union nach der Bundestagswahl nicht mit der AfD koalieren werde.

Der so Gescholtene ließ in den Tagen und Wochen danach keine Gelegenheit aus, um jede Zusammenarbeit mit der AfD auszuschließen. Das Ziel der Rechtsextremen sei, CDU und CSU zu zerstören. Mit der AfD werde die Union auf keinen Fall koalieren.

Demonstration gegen Rechts | München ist Bunt. Zu sehen sind Demonstranten, die Plakate und Fahnen hochhalten. Auf einem Plakat ist eine Karrikatur von Friedrich Merz zu sehen. Darüber steht: Union mit Nazis.
Demonstration in München im Februar gegen eine Zusammenarbeit von CDU und AfDBild: Sachelle Babbar/ZUMA Press Wire

Wer könnte mit wem eine Koalition bilden?

Doch allein wird die Union nicht regieren können, sie braucht nach der Bundestagswahl mindestens einen Koalitionspartner. Je mehr Parteien in den Bundestag einziehen, umso schwieriger werden die Mehrheitsverhältnisse und damit eine Regierungsbildung. Die Linkspartei wird den Einzug den Umfragen zufolge wohl schaffen, das BSW und die FDP müssen zittern.

Schafft es die FDP in den Bundestag, wären möglicherweise drei Parteien für eine Koalition nötig. Da die FDP per Parteitagsbeschluss ein erneutes Bündnis mit den Grünen ausgeschlossen hat, bliebe nur eine Koalition von Union, SPD und FDP übrig. Bei weniger Parteien im Bundestag könnten es eventuell Union und SPD oder Union und die Grünen sein.

Die AfD ist isoliert

AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel wettert, dass mit einem solchen Bündnis nur die Fortsetzung der bisherigen Politik möglich sei. Die AfD werde das aber nicht aufhalten. Die Politik-"Wende" werde kommen und nur "unnötig verzögert".

Letzte Plenarsitzung -Heftiger Schlagabtausch im Bundestag. Alice Weidel steht am Rednerpult und zeigt mit dem Finger ins Plenum
AfD-Chefin Alice Weidel würde gerne mit CDU/CSU koalieren Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Nach dem Eklat um die Abstimmung mit der AfD ist das Verhältnis von SPD und Grünen gegenüber der Union nicht das Beste. Am Ende wird eine Koalition sicherlich davon abhängen, wie viele ihrer politischen Vorstellungen die jeweiligen Parteien durchsetzen können.

Klimapolitik kaum ein Thema im Wahlkampf

Die SPD wird die Sozialpolitik nach vorne stellen, die Grünen den Klimaschutz. "Wenn Deutschland am 23. Februar eine Regierung wählt, die ankündigt, die Klimaschutzziele nicht einhalten zu wollen, dann wird Europa seine Klimaschutzziele nicht einhalten wollen", warnt der grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck. "Dann ist es vorbei mit dem globalen Klimaschutz. Kein Bundeskanzler, kein Klimaschutzminister, kein Kommissar kann dann mehr nach Indien, Indonesien oder China fahren und sagen: Leute, verbrennt mal weniger Kohle, macht mal mehr erneuerbare Energien!"

Letzte Plenarsitzung - Heftiger Schlagabtausch im Bundestag. Robert Habeck steht am Rednerpult und hat beide Arme gestikulierend vor sich ausgestreckt.
Klimaschutz spielte im Wahlkampf zum Leidwesen des grünen Kanzlerkandidaten Robert Habeck kaum eine RolleBild: Ebrahim Noroozi/AP/picture alliance

Friedrich Merz weiß, dass die Verhandlungen nicht einfach werden könnten. Nach der Bundestagswahl gebe es allerdings die "politische Verantwortung", die Probleme Deutschlands zu lösen. Das sei "eine der letzten Chancen", um der AfD den Nährboden zu entziehen. "Wenn das nicht gelingt, dann werden wir es nicht mehr nur mit 20 Prozent Rechtspopulismus zu tun haben", orakelt Merz.

"Dann werden eines Tages die Rechtspopulisten nicht nur eine Sperrminorität hier im Bundestag haben, die keine Verfassungsänderungen mehr ermöglicht; dann werden sie möglicherweise in die Nähe der Mehrheit kommen." Der möglicherweise nächste Bundeskanzler sieht SPD, Grüne und FDP in der Pflicht: "Das ist eine Verantwortung, der Sie sich nicht entziehen können und der wir uns auch nicht entziehen werden."